08 Juli 2025

Ernst Wiechert: Der Totenwald - Ein Bericht

Einbandtext:
Ernst Wiechert (1887-1950), als Sohn eines Försters in Ostpreußen geboren, studierte zwischen 1905 und 1911 an der Universität in Königsberg. Bis 1933 war er als Pädagoge tätig, verfaßte in jenen Jahren jedoch auch eine Vielzahl von Romanen u. a. „Der Knecht Gottes Andreas Nyland“ (1926), „Die kleine Passion“ (1929), „Die Magd des Jürgen Doskocil“ (1932) – und Erzählungen, mit denen er seinen Ruhm als Schriftsteller begründete. Wiederholt artikulierte der Autor in den dreißiger Jahren seine in einem konservativen Humanitätsideal wurzelnde Ablehnung des Faschismus. Die Rede vor Studenten der Münchner Universität „Der Dichter und seine Zeit“ (1935) und die spätere Solidarisierung mit dem ins KZ Sachsenhausen eingewiesenen Pfarrer Martin Niemöller zogen Wiecherts Verhaftung und die Überführung in den „Totenwald“ – das KZ Buchenwald - nach sich. Ein Jahr nach seiner Entlassung zeichnete der Autor, inzwischen mit Schreibverbot belegt, die Erlebnisse und Eindrücke der Haftzeit auf: „Im zweiten Kriegsmonat schreibe ich den Bericht über den Totenwald nieder, wir vergraben ihn nachts im Garten zwischen Johannisbeerbüschen, die ihre Ernte schon getragen haben. Er liegt sechs Jahre in der Erde ...“

Buchanfang:
VORWORT
Dieser Bericht will nichts sein als die Einleitung zu der großen Symphonie des Todes, die einmal von berufeneren Händen geschrieben werden wird. Ich habe nur am Tor gestanden und auf die dunkle Bühne geblickt, und ich habe aufgeschrieben, nicht so sehr, was meine Augen gesehen haben, sondern was die Seele gesehen hat. Der Vorhang hatte sich erst zum Teil gehoben, die Lampen brannten noch matt, die großen Schauspieler standen noch im Dunklen. Aber die Speichen des schrecklichen Rades begannen sich schon zu drehen, und Blut und Grauen tropften schon aus ihrem düster blitzenden Kreis.
Meine Stimme wurde aufgerufen, und sie erzählt. Andere werden aufgerufen werden und erzählen, und hinter ihnen wird die große, jenseitige Stimme sich erheben und sprechen: „Es werde Nacht!“

Inhalt:
Der Totenwald .. .. .. 7
Anhang
Tagebuchnotizen und Briefe .. .. .. 108
Anmerkungen .. .. .. 155
Nachbemerkung .. .. .. 156

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig
Lizenzausg. f. Gross-Berlin u.d. sowjetische Besatzungszone. Copyright: Kurt Desch Verlag, München 1946
Reihe:
Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 1289 - Belletristik
1. Auflage 1989 

weitere Ausgaben

Einbandtext:

Es wäre zuviel gesagt, wenn ich behaupten wollte, daß ich es überwunden hätte. Ich habe es aufgenommen und verwandelt, aber ich habe es niemals so überwunden, daß es ausgelöscht wäre. Ich habe alles vergeben, aber ich habe nichts vergessen. Es gibt keine Stunde vor dem Einschlafen, in der es nicht wieder da wäre, nicht mein eigenes Leiden, sondern das der anderen. Es ist so eingebrannt, Gesichter und Gebärden, daß es nicht aus der Haut der Seele zu tilgen ist. Und es ist nicht nur die Haut. Ich sehe es ohne Bitterkeit, aber ich sehe es mit Gram, und ich kann dessen nicht gewiß sein, daß ich es niemals wieder auf dieser Erde sehen werde. Ja, ich bin dessen gewiß, daß es inzwischen wieder geschehen ist. Es ist das schwere Wissen, daß die Menschheit und die Menschlichkeit geschändet werden können und daß das Geschehen oder Nichtgeschehen dieser Schändung nur von der Gewalt abhängt, von der Gewalt der Guten zwar, aber doch von der Gewalt. mit der es verhindert werden kann. Nicht von der Menschheit und Menschlichkeit an und für sich.

Klappentext:
Seit seinem mutigen Auftreten vor den Studenten der Münchener Universität 1933 und 1934 stand Ernst Wiechert unter ständiger Bespitzelung durch die faschistische Gestapo. Als er im März 1938 sich weigerte, in der sogenannten „Volksabstimmung“ der Annexion Österreichs zuzustimmen und schließlich dann im April des gleichen Jahres in einer offiziellen Erklärung es kategorisch ablehnte, für das „Winterhilfswerk“ zu spenden solange Pastor Niemöller widerrechtlich in Haft gehalten wird und seine Frau in Notlage leben muß“, wurde er am 6. Mai 1938 verhaftet und in das Polizeigefängnis München überführt. Doch alle Versuche Wiechert zu einem Widerruf zu bewegen scheiterten. Am 4. Juli 1938 wurde er daraufhin, mit einem zweiten Häftling zuammengekettet, ins Konzentrationslager Buchenwald transportiert, aus dem er Ende August 1938 schwerkrank wieder entlassen wurde.

Inhalt:
Der Totenwald. Ein Bericht - Seite 5
Tagebuchnotizen und Briefe - Seite 135
Reinhold Schneider
Ernst Wiechert in Buchenwald - Seite 189
Nachwort - Seite 192

Mit einem Nachwort von Eike Middell

Union-Verlag, Berlin
Lizenz des Verlag Kurt Desch, München
1. Auflage 1977 
............................................................................................................................................................


Aufbau-Verlag Berlin
Lizenzausgabe für Groß-Berlin und die sowjetische Besatzungszone. Copyright: Kurt Desch Verlag, München 1946
1. Auflage 1947 [1.-20. Tsd]

02 Juli 2025

Albert Gabriel: Der Rathausschlüssel

Ein buntbemalter Schlüssel hängt an der Tür zu einer neuen Wohnung. Fast so groß wie der Schlüssel der eisernen Rathaustür. Viele kleine Fußtapfen auf dem Treppenflur; vierundsechzig, sechsundsechzig ...
Die Spuren führen zum Rathaus, aber nicht nur dorthin. Durch eine Stadt mit einem großen Chemiekombinat.
Folgst du diesen Spuren, begegnen dir geheimnisvolle Dinge. Eine Tangente, ein „Zebra“, eine Wasserrutsche, eine Versorgungseidechse, ein buntbemalter Schlüssel ...

Buchanfang:
Das Rosenbeet
Ingrid und Angelika, Günter, Heinz und Tutemann kamen aus dem Hort. Am Goethepark verweilten sie. Sie wußten nicht gleich, warum er ihnen heute anders als sonst erschien. Die Wege waren geharkt. Bänke standen da. einige Leute ruhten sich aus. Alles war eigentlich wie alle Tage. Wohl fehlte es an Blumen. Der Frühling war noch jung in seinem ersten Grün. Das Rosenbeet! Die Kronen waren noch eingegraben, die Stämme katzbuckelten dicht über dem Erdboden. Nur die Stäbe, die ihnen einmal Halt geben sollten, standen aufrecht und in Reihen ausgerichtet. Rot und gelb waren sie gestrichen. Das war es!
„Hübsch ist das“, sagte Ingrid und zeigte auf die Farbenpracht.
„Findest du? Mir kommt es so vor, als steckten viele Besenstiele in der Erde.“
Heinz war über den Rasen gegangen, wo er dicht an das Beet herankommen konnte. „Besenstiele sind es nicht“, stellte er fest.
„Warum wurden sie aber so bunt gestrichen?“ fragte sich wundernd Günter. „Wenn wenigstens alle gelb wären!“
„Grün wäre besser.“
„Oder Grau.“
Sie rieten eine Weile hin und her.
Endlich sagte Tutemann: „Am liebsten möchte ich sie alle neu anstreichen, grün oder grau, wie ihr wollt.“
„Warum einfarbig?“ wandte Heinz ein. Tutemann wußte es: Die farbenfrohen Rosen kommen dann besser zur Geltung. Günter ging sofort darauf ein. Sein Vater war Maler. Im Schuppen standen viele Farbtöpfe und Pinsel. Wenn sie nun alle vier am Abend wieder herkommen, die Stäbe herausziehen und sie zu ihm, zu Günter, schaffen würden?
Ingrid wollte nicht mittun. „Es gefällt mir so, wie es ist. Außerdem würden meine Eltern nicht erlauben, daß ich am Abend auf die Straße gehe.“
„Dann machen wir es ohne sie!“ entschieden die Jungen.

Inhalt:
Das Rosenbeet .. .. .. 6
Die Stadtverordnete .. .. .. 10
Die Versorgungseidechse .. .. .. 16
Die Tangente .. .. .. 20
Der Stadtrat .. .. .. 24
Die Wasserrutsche .. .. .. 28
Die Schlüsselübergabe .. .. .. 32
Der Malzirkel .. .. .. 36
Das Gasthaus .. .. .. 40
Die Waldhütte .. .. .. 44
Der Zebrastreifen .. .. .. 48
Der Bürgermeister .. .. .. 52

Illustriert von Konrad Golz
Für Leser von 8 Jahren an

Verlag Junge Welt, Berlin
1. Auflage 1971
2. Auflage 1974