Man könnte sagen: Da erzählt ein einsamer alter Mann, dem kein sinnvolles Leben mehr gelang, nachdem er überlebte. Zwei lange Jahre war der Ich-Erzähler dieses Romans vergeblich im eigenen Interesse bemüht, Aron Blank zum Reden zu bringen, im Gespräch seine einem Außenstehenden kaum verständliche Lebensgeschichte aufzuschließen: von der Befreiung aus dem KZ bis zu dem vermutlichen Tod seines vermutlichen Sohnes Mark in Israel. Gewiß, der Alte ist ein schwieriges Objekt für ein derartiges Unterfangen, er besteht störrisch darauf, seine Geschichte zu erzählen, die nicht die Nachkriegsgeschichte sei, da dürfe es doch wohl Unterschiede geben; immer wieder entzieht er sich nicht ohne List unbequemen Fragen, die auf Gründe zielen, Motivationen suchen – es bleiben Vermutungen, Widersprüche, weiße Flecken in seiner Biographie. Doch für Aron in seiner auch selbstverschuldeten Einsamkeit ist der beharrliche Interviewer am Ende ein unentbehrlicher Partner geworden, eine Brücke zur Umwelt. Schon immer hat er sich die Leute daraufhin angesehen, ob man mit ihnen reden konnte: die schöne junge Paula, die er nicht zu halten vermochte, Ostwald, der sein Freund hätte werden können, wenn er nicht vorschnell seinem Leben ein Ende gesetzt hätte, Abraham Kenik, der nach Palästina geht, als der schwarze Markt ihn nicht mehr braucht, und die geduldige, aber problemlose Irma, die zur legitimen Ehefrau avancieren möchte.
Dieser Roman Jurek Beckers ist ein zutiefst menschliches Plädoyer für einen Außenseiter, hinter dessen verfehltem Leben nicht Resignation steht, sondern die große Müdigkeit des Opfers.
VEB Hinstorff Verlag Rostock, 4. Auflage 1981
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