24 Januar 2022

Heinz Glogau: Rufe aus dem Schützengraben

Wer hätte das vor zwei Monaten gedacht? Als ich an jenem Septembervormittag des Jahres 1943 um die Grabenecke schielte, erblickte ich zwei Gestalten in erdbraunen Uniformen, grünen, kugelartigen Stahlhelmen, die Maschinenpistolen im Anschlag. Ich prallte zurück. So dicht hatte ich noch keinen Gegner gesehen, vor allem nicht in voller Montur. Der Schreck war groß und der Abstand so winzig. Beides lähmte. Plötzlich sah alles um mich her so unwirklich aus: die sandige Erde, das wenige Grün, die Sonnenstrahlen. Ist das das Ende? Siehst du das zum letztenmal? Anstatt an die Flugblätter zu denken, die im August in unseren Graben geflattert waren, faßte ich den Karabiner fester und sprang in den frischen Granattrichter neben mir. Obwohl es in meinen Ohren von den Handgranatenexplosionen und Granatwerfereinschlägen klingelte, hörte ich hinter mir rufen. Ich drehte mich um und hatte die schwarzen Mündungen zweier Maschinenpistolen direkt vor mir. Ich ließ mein Gewehr auf den Trichterrand fallen, warf das Koppel mit den vollen Patronentaschen dazu und stieg in den Graben zurück.

Militärverlag der DDR, Berlin 1987
Tatsachen 306

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.