03 Oktober 2020

Dirck van Belden: Strandrecht


 Aus dem Buch:

1265. Königreich Jerusalem. Mameluken stehen vor den Toren von Ar-suf, um die Kreuzfahrer zu vertreiben. Doch der Kaufmannssohn Asis Ibn Omar hat einen jungen Ritter aus Rügen zum Freund und ist stärker an dessen Erzählungen von fernen Ufern interessiert als an den heimischen Kämpfen. Am Ende der Welt liegt die Bernsteinküste. Dort sollen die Städte fast so reich sein wie das im Meer versunkene Vineta. Asis will es finden. Mit einem Zweimaster wagt er die gefährliche Entdeckungsfahrt ins Unbekannte. Kürz vor dem Ziel überfallen Piraten die maurische Sambuke. Der Angriff kann abgeschlagen werden, aber das Schiff ist manövrierunfähig. Die Herren des Strandes, die das Wrack abschleppen, bringen nicht die erhoffte Rettung, sondern beschwören neue Gefahren herauf, deren tödliche Konsequenzen niemand ahnen kann..." vom Buchrücken...." Asis war neugierig auf den Fremden. Der redete, so hatte ihm Omar, sein Vater, gesagt, nicht in der Sprache, deren sich die Kreuzfahrer üblicherweise bedienten, zumindest jetzt nicht, da er im Fieber lag. Offenbar mußte er von sehr weit her gekommen sein. Vielleicht aus einem jener Länder, wo nie die Sonne schien und die Menschen in Häusern aus Schnee wohnten, falls es so etwas wirklich gab. Asis würde es erfahren. So führte ihn sein erster Gang, kaum daß er den Vater begrüßt und ihn vom Wohlergehen des Onkels informiert hatte, in das Zimmer, das den unfreiwilligen Gast beherbergte. Auf den ersten Blick war Asis enttäuscht. Der Kranke sah nicht anders aus als die anderen Kreuzfahrer, ja, abgesehen von der Blässe, ähnelte er gar ihm selber. Er mochte zwei oder drei Jahre älter sein als Asis, gerade zwanzig vielleicht. Und was er da ausstieß, das waren keine Worte, sondern barbarische Laute. Die Augen des Kranken standen weit offen. Gehetzt blickte er sich im Raum um, aber er nahm weder die Einrichtung noch den Eingetretenen wahr. Wie ein Wahnsinniger, dachte Asis. Dabei hat er nur eine Brustverletzung. Eine schwere freilich, die fränkischen Heilkundigen hatten den Mann aufgegeben. Er war in dieses Haus gebracht worden, um in Ruhe sterben zu können. Daß man ihn überhaupt hier einquartiert hatte, war verwunderlich, denn der Kaufmann Omar stand sich gut mit den Machthabern. Jedoch stieg die Zahl der Verwundeten in Arsuf von Tag zu Tag, obwohl die Mameluken des Sultans Baibars noch weit vor der Stadt lagen. Wahrscheinlich hegten nicht alle Einheimischen so freundliche Gefühle für die Kreuzfahrer wie Omar. Dabei ließ sich mit ihnen auskommen, wenn man ihre Geldwünsche respektierte. Mit den Mameluken hingegen sollte nicht zu spaßen sein. Die ebneten die erobenen Städte ein, um die Kreuzfahrer endgültig zu vertreiben. Gut für den Kampf, schlecht für die Kaufleute. Aber als Moslem wünschte Asis trotzdem die Mameluken herbei...."

Verlag Neues Leben Berlin; 1988
Reihe "spannend erzählt" Band 213; 292 Seiten
Illustrationen von Harri Förster

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