Es wird getuschelt über die Frau, die im vornehmsten Hotel des Städtchens abgestiegen ist und die Immobilienmakler mit ihren verrückten Wünschen zur Verzweiflung bringt. Will sie etwa bleiben? Die sie von früher kennen, erinnern sich nicht gern. Die frühreife, herausfordernd schöne Edmée hatte die Leute mit ihren vielen Liebhabern brüskiert, die für sie gleichwohl nur Spiegel waren, in denen sie sich bewundern konnte. Und die unrühmliche Rolle, die sie im Krieg gespielt hat!
Sie hat lange im Ausland gelebt. Nun ist sie zurückgekehrt und hat einen Sohn mitgebracht, Maxime. Noch immer attraktiv, will sie sich einen Anwalt angeln, einen angesehenen Bürger. Das aber weiß man zu verhindern: sie ist eine Frau, die man nicht heiratet. Die Jahre vergehen. Maxime findet den Mut, seine Mutter zu verlassen. Noch spinnt Edmée eine Legende, in der er reich und strahlend wiederkehren wird. Dann bricht die Lüge zusammen. Die fast blinden Spiegel in ihrem Salon reflektieren das Bild einer verblühenden, einsamen Frau, die mit den Schatten ihrer Vergangenheit kämpft.
Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1979
Edition Neue Texte
Aus dem Französischen: Wolfram Schäfer
Nachbemerkung: Irene Selle
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