Otto Ludwig hat sich sein Leben lang verzweifelt um das Drama bemüht – und doch ist er als Dramatiker gescheitert. Zwar erlangten „Der Erbförster“ und „Die Makkabäer“ – zwei der wenigen Stücke, die der Dichter vollendet hat – seinerzeit keinen geringen Publikumserfolg, aber auch sie sind heute mit Recht vergessen. Lebendig geblieben hingegen sind des Dichters Prosawerke, die tiefer in der gesellschaftlichen Wirklichkeit verwurzelt sind; vor allem die thüringische Erzählung „Die Heiteretei“ und der Dachdeckerroman „Zwischen Himmel und Erde“.
Heiteretei – das ist der liebenswürdige Spitzname der Luckenbacher Kleinstädter für die lustige, selbstbewußte junge Tagelöhnerin Annedorle. Sie hat für jedermann, der es verdient, ein freundliches Wort oder einen Scherz übrig – nur nicht für einen Draufgänger und Tunichtgut wie den Holders-Fritz. Aber wäre nicht gerade so eine wie die Heiteretei die richtige Frau für ihn? Freilich, im Sinne der Honoratiorinnen der Stadt ist es nicht, daß ein armes Mädchen den Böttchermeister heiratet. Und so fliehen sich die beiden stolzen jungen Leute, um ihre Liebe nicht einzugestehen. Von Fritz im Übermut eines Tages herausgefordert, erteilt Annedorle ihm die gehörige Antwort. Nach dieser Auseinandersetzung nimmt das ganze Städtchen, voran die reiche Wirtin vom Gringel, großen Anteil an der Geschichte der beiden. Viel Gerede und Kränkungen muß die Heiteretei hinnehmen, bis es ihr endlich gelingt, ungeachtet der öffentlichen Meinung zu sich und zu Fritz zu finden.
Humorvoll und kritisch hat Otto Ludwig die Probleme mit den Augen der Luckenbacher vorigen Jahrhunderts gesehen. Sein tiefes Einfühlungsvermögen in die Leiden und Freuden der einfachen Menschen und besonders die treffliche Charakterisierung der Titelheldin machten ihn zu einem poesievollen Schilderer des kleinstädtischen Milieus seiner Zeit.
Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1978
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