09 Oktober 2020

Serge Debru: Zu Aymará und Machiguenga


 Tahuantinsuyu - Reich der vier Provinzen - nannten die Inka ihren Staat, und "TAHUANTINSUYU" nannte auch der junge französische Journalist, Ethnologe und Fotograf Serge Debru seine mehrjährige Expedition, die ihn in die südamerikanischen Andenländer Bolivien und Peru führte. Sein Auto quälte sich bergan über steiles, wegeloses Gelände, über die öden menschenleeren Hochflächen der Zentralanden; er fuhr in kleinen Booten auf den tropischen Urwaldflüssen, wanderte zu Fuß oder ritt auf einem Maultier in die entlegenen Dörfer der Indios. Er erlebte die überwältigende Schönheit der Andengipfel, ließ sich einhüllen vom Dämmerlicht der immergrünen Regenwälder, trotzte dem eisigen Wind des Altiplano, stieg hinab in die tiefsten Stollen der Bergwerke. Unzählige Strapazen, Hunger, Durst, Hitze, Kälte, peitschenden Regen, Mücken, Fieber, Autopannen - der junge Forscher ertrug alles geduldig, um seinem Ziel: der Erforschung der Lebensprobleme der heutigen Indios, näherzukommen. Wie oft wohnte er in den ärmlichen Hütten der Aymará und Ketschua, der Murato und Machiguenga - auf dem Altiplano, in der Montana und der Selva. Er tanzte und feierte mit den Indios und litt mit ihnen, lernte das Elend und die Unwissenheit, die Gewalttätigkeiten und die Grausamkeit, die Ausbeutung und Unterdrückung kennen, denen der Indio seit der Eroberung seines Landes durch die spanischen Konquistadoren ausgesetzt ist, spürte aber auch ihren ständig wachsenden organisierten Kampf um soziale Befreiung und politische Gleichberechtigung. Serge Debru ist mit wachen Augen und kritischem Verstand gereist. Immer suchte er die Freundschaft zu den Menschen, die ihm begegneten, studierte ihre Eigenarten und Gebräuche, um sie besser verstehen zu lernen, nahm impulsiv Partei für die Sache der Entrechteten.

F. A. Brockhaus Verlag Leipzig, 1. Auflage 1972

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