11 März 2021

Berthold Auerbach: Der Tolpatsch - Schwarzwälder Dorfgeschichten

Berthold Auerbach wurde nach dem Erscheinen seiner ersten "Schwarzwälder Dorfgeschichten" gleichsam über Nacht berühmt. Der gefeierte Autor unternahm Vortragsreisen durch ganz Deutschland und erfuhr die Anerkennung bedeutender Zeitgenossen; seine Erzählungen wurden in fast alle europäischen Sprachen übersetzt; Autoren wie Anzengruber und Rosegger waren ihm verpflichtet.
Auerbach führt seine Leser in das Dorf und die Landschaft seiner Kindheit und erzählt Geschichten von seinen Freunden und Nachbarn, Juden und Christen; die dörfliche Arbeitswelt, kulturelle Bräuche und soziale Konflikte werden anschaulich geschildert. Die Sympathie des Erzählers gehört den kleinen Leuten, die es damals unendlich schwer hatten, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, wie zum Beispiel Florian und Creszenz, ja die zur Auswanderung gezwungen waren, wenn sie ein freies und menschenwürdiges Dasein führen wollten. Das Einfühlungsvermögen für die Probleme junger, noch ungefestigter Menschen, deren nicht immer gerade Wege Auerbach mit Toleranz und Humor nachzeichnet, kommt in den hier ausgewählten Erzählungen besonders deutlich zum Ausdruck. Geschichten wie "Befehlerles", in denen der Widerstand des Bürgers gegen die Willkür des Polizei- und Beamtenstaates im Mittelpunkt steht, waren zweifellos von volkserzieherischer Wirkung und ein Beitrag zur geistigen Vorbereitung der 48er Revolution.
Trotz seines Ruhmes waren die letzten Lebensjahre Auerbachs durch den wachsenden Antisemitismus in Deutschland getrübt. In der Nazizeit wurde sein Werk totgeschwiegen.
Anläßlich seines 100. Todestages legt der Verlag einige seiner schönsten "Schwarzwälder Dorfgeschichten" vor, die durch Auerbachs "reiche und tiefe Herzens- und Menschenkenntnis (Gottfried Keller) ihre Frische und Lebendigkeit bewahrt haben.

Berthold Auerbach (1812-1882), eigtl. Moses Baruch; stammte aus mittelloser Intellektuellenfamilie; wuchs in Nordstetten (Württemberg) auf; nach Besuch der Talmudschule in Hechingen, der Rabbinerschule in Karlsruhe und des Gymnasiums in Stuttgart ab 1832 Jura-, später Philosophiestudium in Tübingen und München; als Burschenschafter verfolgt, 1837 zwei Monate auf dem Hohenasperg inhaftiert; Abschluß des Studiums in Heidelberg; 1838 Mitarbeiter der jungdeutschen Zeitschrift "Europa" in Frankfurt/M., dann freischaffender Schriftsteller; lebte von 1840 an vorübergehend u. a. in Weimar, Leipzig, Dresden und Breslau, ab 1850 vorwiegend in Berlin, seit 1872 bei Freiburg i. Br.; starb in Cannes.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1982
Einbandgestaltung Brigitte Ullmann/Günter Woinke
bb-Reihe Band490
 

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