12 Mai 2021

Ehm Welk: Die Heiden von Kummerow

 „In einem norddeutschen Dorfe vor dem ersten Weltkriege. Im Bewusstsein der Kummerower Bauern und Landarbeiter haben sich trotz aller Verdikte aus der Kirche und aus dem Schloss die Überlieferungen der heidnischen Ahnen erhalten, so dass der poltrige Pastor Breithaupt und der liebenswerte Kantor Kannegießer vergeblich Mühe aufwenden, die Dorfkinder zu katechismus- und obrigkeitsfrommen Christenmenschen zu erziehen. Der naiv-kluge Martin Grambauer nimmt entgegen den Erwartungen, welche die Ordnungshüter in ihn setzten, an der verbotenen Heidentaufe teil, bei der sein Freund, der ewig hungrige Nachtwächterenkel Johannes Bärensprung, den Sieg davonträgt. Aber es ist nur ein Scheinsieg, weil kein Mädchen Königin sein will, wenn der Junge aus dem Armenhaus der König ist. Denn auch in dem Kummerower Kinderparadies wirken sich die sozialen Unterschiede aus. Soll indessen einem protzigen Tierquäler das Handwerk gelegt werden, soll Krischan, der alte heimatlose Kuhhirte und phantasievolle Schnurrenerzähler, vor obrigkeitlichen Übergriffen beschützt werden, dann halten die Kinder zusammen, räumen die Grenzen hinweg, die ihre Eltern zwischen Reichen und Armen zu ziehen sich mühen, und geben den Erwachsenen Beispiele für Gerechtigkeitswillen, Herzensgüte und Ehrfurcht vor dem Leben. Nur eine heitere Dorferzählung? Nein, ein Volkslied in Prosa!“



Ehm Welk entstammt einer alten Bauernfamilie. Er wurde am 29. August 1884 in der Uckermark geboren und hat dort und in Vorpommern seine Jugend zugebracht. Obgleich von den Eltern zum Pastor oder Lehrer bestimmt, entschied er sich für den Beruf des Journalisten, überquerte auch mehrmals als Seefahrer den Atlantik. Mit den Menschen und der Landschaft seiner norddeutschen Heimat blieb er verbunden, obwohl ihn ein bewegtes Leben durch viele Länder der Erde führte. 1923 verbrachte er in Nord- und Südamerika. Sein waches Gefühl für die sozialen Ungerechtigkeiten ließ ihn zum Sozialisten werden. Heimgekehrt, lebte er mehrere Jahre als Schriftsteller in Berlin und schrieb revolutionäre Theaterstücke, von denen zwei an berühmten Bühnen mit großem Erfolg gespielt wurden. Als er Anfang 1934 den Faschismus öffentlich kritisierte, wurde er verhaftet und ins Konzentrationslager Oranienburg gebracht. Erst der Protest ausländischer Journalisten führte zu seiner Entlassung, doch erhielt er striktes Schreibverbot. Nun entstanden die Kummerow-Bücher und „Der hohe Befehl“. Sie konnten erscheinen, als man dem Autor schließlich das Schreiben belletristischer Bücher gestattete.

1945 stellte sich Ehm Welk sofort dem antifaschistisch-demokratischen Wiederaufbau zur Verfügung. Von 1950 an lebte er in Bad Doberan, wieder als freier Schriftsteller. In dieser Zeit entstanden Filmdrehbücher, Erzählungen und Romane. Dem Dichter wurden Ehrungen und Auszeichnungen zuteil, und seine Bücher erschienen in fast drei Millionen Exemplaren.

Am 19. Dezember 1966 starb der Journalist, Stückeschreiber und Erzähler Ehm Welk.“

VEB Hinstorff-Verlag, Rostock, 24. Auflage, 1977 (1. Auflage 1948)


Ehm Welk (geb. 1884) beging am 29. August 1964 seinen 80. Geburtstag. Wir ehren in ihm den großen Volksschriftsteller, der sich Zeit seines Lebens in seinem Werk für die Armen und entrechteten einsetzte. Schon während seiner Kindheitsjahre leitete ihn der Vater, dem Welk später in seinem Roman "Die Lebensuhr des Gottlieb Grambauer" (1938-1954) ein Denkmal setzte, zur kritischen Auseinandersetzung mit der Umwelt in seinem Heimatdorfe an. Während seiner journalistischen Tätigkeit gewann sein Einblick in die gesellschaftlichen Ursachen der sozialen Mißstände an Tiefe, sein Wille, mitzuwirken an ihrer Beseitigung, an Festigkeit. Verfolgungen der Nazis zwangen den Schriftsteller zurück aufs Dorf. In der Wiederbegegnung mit dem vertrauten Milieu seiner Jugend entstand ein poetisch-erzählerisches Werk, das zu den wenigen gehört, die während der Zeit des Faschismus auf deutschem Boden geschaffen wurden und unter diesen Bedingungen national-literarisches Gepräge besitzen: der Roman "Die Heiden vom Kummerow" (1937) und seine Fortsetzung "Die Gerechten von Kummerow" (1942).


Reclam Universal-Bibliothek Band 163, 1974
Erzählende Prosa


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.