17 Mai 2024

Johannes Wütschke: Wörlitzer Park - Luisium bei Dessau - Oranienbaum

Einführung
Wörlitz, das Gartenkleinod in der mitteldeutschen Niederungslandschaft der Elbe, wurde zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als fürstlicher Sommersitz unweit von Dessau angelegt.
Heute ist es eine oft und gern aufgesuchte Erholungs- und Bildungsstätte unserer Werktätigen, die nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch von weit her in diesen Park kommen, in dem sich Natur und Kunst in einzigartiger Weise zu einer künstlerischen Einheit verbinden.
Der Name Wörlitz hat in der deutschen Kunst-, aber auch in der Geistesgeschichte einen weithin vernehmbaren Klang. Die Anlage wurde vor fast zweihundert Jahren geschaffen, als noch der Feudalismus in unserem Vaterland herrschte, zugleich aber auch die Aufklärung von Frankreich – wo sie die bürgerliche Revolution von 1789 vorbereiten half – und von England her eindrang, sich rasch ausbreitete und auf alle Lebensbezirke, auch auf die Kunst, in bedeutendem Maße einwirkte. Als „Aufklärung“ bezeichnet man den großen – in sich uneinheitlichen – Komplex der Ideologie des aufstrebenden Bürgertums, das gegen die noch bis tief in das 18. Jahrhundert hinein herrschenden mittelalterlichen Vorstellungen aufklärend wirken wollte im Sinne eines besseren und tieferen Verständnisses der Welt, der Gesellschaft, des menschlichen Individuums. Der alte, schon im Zeitalter der Renaissance erschütterte Glaubensgrundsatz „Credo, quia absurdum est“ („Ich glaube, wenngleich es vernunftwidrig ist“) wurde von dem unaufhaltsam sich bahnbrechenden Erkenntnisstreben verdrängt. Die Vernunft (lat.: ratio) wurde von einer Anzahl von Aufklärern zur Herrscherin ausgerufen: Der sogenannte Rationalismus war ein wesentlicher Bestandteil der Aufklärung. Wie man einerseits die Gesetzmäßigkeit der Natur mit Hilfe der Vernunft zu erfassen sich bemühte, so stellte man andererseits auch vernunftsgemäße Gesetzmäßigkeiten für die Kunst auf: Klarheit der Gliederung und rational beweisbare Schönheit galten als höchste Eigenschaften eines Kunstwerkes. Das war eine der Grundvoraussetzungen für das Vorherrschen des klassizistischen Stils.
Die bürgerliche Aufklärung hatte aber noch andere Bestandteile. Als Protest gegen die überfeinerte höfische Luxuskultur, gegen die amoralische Lebensführung des Feudaladels wurde der Satz „Zurück zur Natur“ zum Schlagwort der Zeit. Man wollte naturgemäß, naturverbunden leben. Diese von dem französischen Aufklärungsphilosophen Jean-Jacques Rousseau ausgesprochene Forderung floß zusammen mit der Strömung der bürgerlichen Empfindsamkeit. Wollten die Rationalisten mit Hilfe der Vernunft in die Natur eindringen, so strebten die Vertreter der Empfindsamkeit danach, mit den Kräften des Gemüts sich der Natur einzufügen, wodurch sie eine dauerhafte Neubelebung der verfallenden Sitten erhofften.
Wiewohl die Aufklärung im Bürgertum ihren Ursprung hatte, blieb sie nicht auf diese Kreise beschränkt. Kennzeichnend für die Verfallszeit des Feudalabsolutismus ist der Typ der „aufgeklärten“ Fürsten, die gewisse Reformen einleiteten, im beschränkten Rahmen mit staatlichen Mitteln Manufakturen und Industriebetriebe einrichteten und Maßnahmen zur Intensivierung des Handels durchführen ließen. Sie waren also durchaus bemüht, manche Forderungen des Bürgertums zu verwirklichen, handelten dabei aber selbstverständlich nicht im bürgerlichen, sondern im eigenen Interesse, indem sie ihrem Staatsapparat durch neue Methoden notwendige Finanzmittel zuzuführen hofften, die von der überlebten Feudalwirtschaft seit langem schon nicht mehr aufgebracht werden konnten. In die Höfe der „aufgeklärten“ Fürsten fand also die bürgerliche Aufklärung freilich in besonders gewandelter Form in vollem Umfange Einlaß, und Klassizismus und Empfindsamkeit haben dadurch in vielen Schloß- und Parkanlagen dieser Zeit ihren künstlerischen Ausdruck gefunden.
Auch Wörlitz ist ein Zeugnis künstlerischer Gestaltung der neuen Geisteshaltung jener zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in der Namen wie Rousseau, Forster (Vater und Sohn) und Lavater, Winckelmann und Erdmannsdorff, Goethe und Matthisson glänzen und aufs engste mit Wörlitz verbunden sind.
Mögen die Tausende werktätiger Menschen, die alljährlich hierher pilgern, um die Eigenart des Gartens und seiner Kunstschätze auf sich wirken zu lassen, nicht nur genießen und Freude empfinden, sondern auch noch heute etwas von dem Geist spüren, aus dem heraus damals das Werk geschaffen worden ist. Sie werden das um so eher können, je klarer sie erkennen, daß auch wir wiederum Kinder einer großen Zeitwende sind, in der manches Alte und Überlieferte versinkt, ohne daß wir doch das wertvolle Kulturerbe der Vergangenheit mißachten oder gar vergessen dürfen. Wir sind im Gegenteil berufen, neue Werte aus jenem Kulturwerk zu schöpfen, es uns zu eigen zu machen und in die Zukunft weiterzutragen. Wir sind um so mehr dazu verpflichtet, als seit 1945 Garten und Schloß als Staatliches Museum in die Hand des Volkes übergegangen sind.

Inhalt:
Einführung ...... 5
Geschichte und geistesgeschichtliche Grundlage der Zeit ...... 8
Wanderung durch den Park ...... 12
Das Schloß und seine Umgebung ...... 28
Kurzer Rundgang durch den Park für eilige Besucher ...... 31
Gondelfahrten ...... 31
Park und Schloß Luisium ...... 33
Oranienbaum ...... 36

Die Titelvignette zeichnete Adelhelm Dietzel, Dresden,
die Federzeichnungen Herbert Clausnitzer, Halle,
die Kartenskizzen Arthur Hieronymus, Leipzig.


VEB Bibliographisches Institut Leipzig
Reihe:
Unser kleines Wanderheft 56
1. Auflage 1956
2. neubearb. u. erw. Auflage 1957
3. Auflage 1958
4. Auflage 1959
5. verb. Auflage 1960
6. verb. Auflage 1962
7. Auflage 1963 | VEB Brockhaus
8. Auflage 1965 | VEB Brockhaus

 

13 Mai 2024

Walter Ruben: Die Mühlsteinbrüche bei Jonsdorf

Einbandtext:
Die Mühlsteinbrüche: Sehenswürdigkeiten im Zittauer Gebirge – vielbesuchtes Naturschutzgebiet, landschaftlich sehr reizvoll – bedeutende historische Zeugen – interessante geologische Entstehung – geologischer Aufbau – Besiedlung des Zittauer Gebirges – Geschichte des Mühlsteinbruchbetriebes vom Beginn bis zur Stilllegung – Beziehungen zu Jonsdorf – Arbeitsorganisation und Technik der Mühlsteingewinnung (Abräumen, Sprengen, Abbänken, Kitten usw.) – soziale Verhältnisse – das Leben der einstigen Steinbrucharbeiter – das Beispiel Familie Schmidt – Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung – Bühnenstücke über das Leben der Steinbrecher –Geschichte der Erforschung der Mühlsteinbrüche – die Entwicklung des Kurortes Jonsdorf seit 1945 – Lehrpfad durch das Steinbruchgebiet.

Buchanfang:
ZUR GESCHICHTE DER MÜHLSTEINBRÜCHE
Geologisches
Will man die Geschichte des Mühlsteinbruches beim Kurort Jonsdorf im Zittauer Gebirge verstehen, so muß man auf sehr frühe Zeiten zurückgehen, sehr lange bevor die ersten Menschen gelebt haben. Damals, mehrere Millionen Jahre vor unserer Zeit, gab es in diesem Gebiet noch keine Berge, sondern hier war ein Meer. Das bezeugen unter anderem versteinerte Muscheln, wie sie im Sandstein der Berge hier und da gefunden werden. Diese Versteinerungen sind gekennzeichnet durch eine exzentrisch verlaufende Faltung der Schale. Vor mehr als sechzig Millionen Jahren, als das Kreidemeer große Teile Mitteleuropas bedeckte und im Gebiet von Rügen, in der Champagne und in England die Kreide entstand, wurden hier zahlreiche fein- und grobkörnige Sandschichten übereinander abgelagert. Der damals abgesetzte Sand dieses Kreidemeeres wurde, zusammen mit Ton, Kalk und anderen Bindemitteln, zu dem Sandstein zusammengepreßt, aus dem das heutige Zittauer Gebirge besteht, das erst durch den Einbruch des Zittauer Beckens zum Gebirge wurde. Diese mächtige Sandsteinschicht wurde dann im Laufe langer Zeiten durch Sonne und Frost, durch Regen und Wind zersetzt und abgetragen, so daß die vielen Täler entstanden. Andererseits erlebte dieses Sandsteingebirge mehrfach vulkanische Durchbrüche, die im Zusammenhang mit großen Verwerfungen, besonders der Lausitzer Hauptverwerfung, stehen. Dabei wurde glutflüssiger Gesteinsbrei (Magma) aus tiefen Schichten in Rissen und Spalten durch den Sandstein hindurchgepreßt, so daß Kuppen wie die Lausche, der Hochwald, der Jonsberg und der Buchberg entstanden. Diese bestehen aus Phonolith (d. h. wörtlich Klingstein) und Basalt, also vulkanischen Gesteinen. Man erkennt dies heute auch am Pflanzenwuchs; denn auf solchen vulkanischen Böden wachsen gern Buchen, auf verwittertem Sandstein aber Nadelhölzer, besonders Fichten.
Bei diesen vulkanischen Durchbrüchen drangen Gase, Dämpfe und kieselsäurehaltige heiße Wässer durch die Sandsteinschichten rings um die mehr oder weniger dicken Adern der flüssigen Gesteine und wirkten auf sie chemisch ein. Dabei wurden die Oberflächen der einzelnen Sandkörner des Sandsteines angegriffen, der Stein wurde besonders hart und glasig, und die so wertvolle Luftdurchlässigkeit entstand. Der Sandstein, der, wie der Geologe sagt, gefrittet ist, liefert wegen seiner besonderen Härte ein hervorragendes Material für Mühlsteine. Diesem merkwürdigen Kapitel der Erdgeschichte dieser Gegend südlich von Zittau verdanken die Jonsdorfer Mühlsteinbrüche ihr Dasein (vgl. Lehrpfad S. 44).
In einem der Jonsdorfer Mühlsteinbrüche, im Schwarzen Loch (vgl. Lehrpfad S. 46), erkennt man deutlich, kaum, daß man den Bruch betreten hat, rechts und links eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende mehrere Meter breite Schicht, die tonig-gräulich aussieht und aus verwittertem Phonolith besteht, daneben eine braune aus Basalt. Unmittelbar anschließend an sie sieht man dann, wie hier der Sandstein – durch die Einwirkung, gewaltigen Druckes, großer Hitze, heißer Gase und durch schnelle Abkühlung – die Form fünfeckiger, kurzer Säulen angenommen hat, die quer zur Richtung der Phonolithschicht liegen, horizontal übereinander. Die alten Steinbrecher gaben ihnen die Namen „Scheitelsteine“, weil sie wie geschichtete Holzscheite daliegen, so wie die Scheite, die die Jonsdorfer für den Winter unter den Bogen ihrer Umgebindehäuser aufschichten. Umgebindehäuser sind typisch für viele Siedlungen in der Lausitz und im Norden der ČSSR. Bei ihnen wird der Zusammenhang zwischen Block- und Fachbau durch das sogenannte „Umgebinde“ hergestellt, eine Traganordnung für Dach oder Obergeschoßwand.
Dicht neben den Scheitelsteinen ist ein mehrere Meter dicker, runder Durchbruch glühender Gesteine erfolgt und hat mächtige Schichten des umliegenden Sandsteins gefrittet (zusammengeschmolzen). Dazwischen sind dann freilich wieder Stellen, die von den Gasen nicht berührt oder nur wenig gehärtet wurden, Stellen, die die alten Steinbrecher „faule Wände“ nannten, weil sie zu nichts nütze waren.
Die in der Ausdehnung einiger hundert Meter (etwa 500 mal 300 Meter) stellenweise gefritteten Sandsteinschichten aber wurden so zu dem kostbaren Mühlsteinmaterial geformt, das auf deutschem Gebiet nicht noch einmal gefunden worden und auch in anderen Ländern in so brauchbarer Form äußerst selten festzustellen ist. Nur wenige Kilometer liegt jenseits der Staatsgrenze in der ČSSR ein ähnliches, aber kleineres Gebiet, das sich aber nicht so großartig auswerten ließ wie das Jonsdorfer.
Zur Zeit dieser vulkanischen Veränderungen der Erdoberfläche gab es zwar schon Tiere, aber noch keine Menschen, und wir können heute noch nicht sagen, wann die ersten Menschen in diese Gebirgsgegend gekommen sind. Schweifende Jäger mögen schon verhältnismäßig früh in den Wäldern gejagt haben, aber sie brauchten keine Mühlsteine, sondern für ihre Steinwerkzeuge Feuersteine. Als die Menschen in den Zeiten des Zerfalls der Urgemeinschaft – etwa tausend Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung – Metall, und zwar zunächst Kupfer, dann Bronze schmelzen lernten, mögen auch in unserem Tal schon Menschen gehaust haben; denn an der Ostseite des Buchberges hat man gelegentlich ein Bronzebeil und eine Gußform gefunden. Damals zerrieben die Frauen schon Körner von Hirse, Roggen, Gerste und Weizen auf steinernen Reibplatten. Sie hatten aber noch keine Eisengeräte, um den gefritteten Sandstein zu Mahlsteinen zu verarbeiten.


Inhalt:

Zur Geschichte der Mühlsteinbrüche ....... 4
    Geologisches ....... 4
    Zittau – Leipa – Oybin ....... 6
    Die Gründung von Jonsdorf ....... 8
    Beginn des Mühlsteinbrechens ....... 9
    Wechselvolle Entwicklung der Steinbrüche ....... 11
    Das Ende des Steinbruchbetriebes ....... 15
Die Arbeit in der Jonsdorfer Mühlsteinfabrik ....... 17
    Steinbruch und Kittschuppen ....... 17
    Abräumen und Sprengen ....... 18
    Abbänken ....... 20
    Rutsche ....... 21
    Kitten ....... 22
    Arbeitsorganisation ....... 23
    Das Leben der Steinbrucharbeiter ....... 29
    Die Steinbrecherfamilie Schmidt ....... 33
Geschichte der Erforschung der Jonsdorfer Steinbrüche ....... 37
Jonsdorf nach 1945 ....... 40
Lehrpfad durch die Mühlsteinbrüche 42
 
VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig
Reihe:
Unser kleines Wanderheft 31
1. Auflage 1954
2. verb. Auflage 1961
3. verb. Auflage 1965
4. durchges. U. erg. Auflage 1967
5. durchges. U. erg. Auflage 1973

Cover der Ausgaben von 1954; 1965; 1973

Ergänzende Literatur:

Für Wanderungen und Reisen in der Oberlausitz empfehlen wir folgende Wanderliteratur und Wanderkarten:
VEB F. A. BROCKHAUS VERLAG LEIPZIG
     UNSER KLEINES WANDERHEFT
     • Heft 44 Oybin Lückendorf von Rudolf Paul Roßberg
     • Heft 53 Zittau von Rudolf Paul Roßberg
     • Heft 69 Jonsdorf Waltersdorf von Ernst Gäbler, Dr. Arno Kunze, Dr. Alfred Schubert
     STÄDTE UND LANDSCHAFTEN
     • Heft 24 Lausitzer Bergland von Hans Forster
VEB LANDKARTENVERLAG BERLIN
     WANDERKARTEN
     • Bautzen und Umgebung 1:50 000
     • Östliche Oberlausitz
       mit Löbau, Görlitz, Neugersdorf und Nebenkarte Teichgebiet um Niesky 1:50 000
     • Westliche Oberlausitz
       mit Kamenz, Pulsnitz, Königsbrück und Wittichenau 1:50 000
     • Zittauer Gebirge 1: 30 000

09 Mai 2024

Klytsch Kulijew: Die schwarze Karawane

Klappentext:
Charles, ein junger englischer Colonel, steht im Mittelpunkt dieses Spionageromans. Sein Auftrag vom englischen Generalstab in London führt ihn 1918 nach Afghanistan, Buchara und Chiwa, wo er, in turbulente Abenteuer verstrickt, die politische Lage erkundet und den Kampf gegen die Bolschewiki und die Sowjetmacht organisiert. Korrupte Beis und ohnmächtige Khane sind oft die einzigen, auf die sich der Abgesandte der Kolonialmacht England stützen kann, auf die das Ränkespiel zwischen Teile und Herrsche wirkt.
Erstmalig stellt sich der turkmenische Schriftsteller Klytsch Kulijew in der DDR mit seinem spannungs- und informationsreichen Buch vor, das noch dadurch zusätzlichen Reiz gewinnt, daß es aus der Sicht des englischen Colonels geschrieben ist.


Titel der turkmenischen Originalausgabe: ΓΑΡΑ ΚΕΡВЕН
Aus dem Russischen von Ruprecht Willnow
Leicht gekürzte Fassung
Schutzumschlag und Einband: Stefan Duda

Verlag Volk und Welt, Berlin
1. Auflage 1973
 
Buchclub 65, Berlin
Lizenz des Verlag Volk und Welt, Kultur und Fortschritt, Berlin
1. Auflage 1973

06 Mai 2024

Hans Lorbeer: Die Obrigkeit – Ein Roman um Luther und den Ausgang des Bauernkriegs

Klappentext:
Eine dichte Menschenmenge säumt den Marktplatz. Vor dem Rathaus erhebt sich düster das Blutgerüst. Knurren, Fluchen, Schreien! Verwünschungen auf den Hof und den Rat der Stadt werden laut. Die Kette der Absperrung wird durchbrochen. Studenten Wittenbergs rebellieren gegen die geplante Hinrichtung des Bauern Balzer, der als Opfer der Blutgesetze sterben. soll. Die Stadtsoldaten drängen sie zurück. Balzer wird an den Block geführt. Der Henker hebt sein Schwert, Sekunden später fällt das Haupt. Die Obrigkeit hat ihren Willen durchgesetzt. Hans Bachmann jedoch entkommt den Häschern und wird die Lehre des „freien Christenmenschen“ weiter verkünden.
Hans Lorbeer vertieft in diesem abschließenden Band seiner Trilogie „Die Rebellen von Wittenberg“ den groß angelegten Einblick in die komplizierten Klassenkämpfe aus der Zeit der Bauernerhebungen um 1525. An der weiteren Entwicklung der Gestalten, darunter einer Reihe profilierter Schicksale aus den ersten beiden. Bänden, „Das Fegefeuer“ und „Der Widerruf“, zeigt er das vielschichtige Geschehen in und um Wittenberg , das mit dem Namen Luthers seit jener entscheidenden Phase deutscher Geschichte verbunden ist.

Hans Lorbeer wurde 1901 in Kleinwittenberg geboren. Er erlernte den Beruf eines Installateurs, war dann aber als Fabrikarbeiter tätig. 1921 trat er der KPD bei und war 1928. einer der Mitbegründer des „Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller“. Während der Zeit des Faschismus arbeitete er in einer Widerstandsgruppe; er wurde verhaftet und zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. 1945 wurde er Bürgermeister von Piesteritz, wo er seit 1951 als freischaffender Schriftsteller lebte.
Hans Lorbeer erhielt für sein literarisches Schaffen den Nationalpreis für Kunst und Literatur der DDR, den Vaterländischen Verdienstorden in Silber, den Orden „Banner der Arbeit“, den Heinrich-Mann-Preis, den Händelpreis sowie den Lion-Feuchtwanger-Preis. Anläßlich seines 70. Geburtstages wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verliehen. Der Dichter verstarb 1973.

Einband: Hans-Joachim Schauß, Gruppe 4, Berlin

Mitteldeutscher Verlag, Halle-Leipzig
Reihen:
Lorbeer, Hans: Die Rebellen von Wittenberg 
            und Gesammelte Werke in Einzelausgaben

1. Auflage 1963 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
2. Auflage 1964 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
3. Auflage 1964 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
4. Auflage 1967 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
5. Auflage 1968 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
6. Auflage 1971 / Gesammelte Werke in Einzelausgaben / Lorbeer
7. Auflage 1972 / Gesammelte Werke in Einzelausgaben / Lorbeer
8. Auflage 1973 / Gesammelte Werke in Einzelausgaben / Lorbeer
9. Auflage 1975 / Gesammelte Werke in Einzelausgaben / Lorbeer
10. Auflage 1978 / Gesammelte Werke in Einzelausgaben / Lorbeer
11. Auflage 1980 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
12. Auflage 1983 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3
13. Auflage 1989 / Die Rebellen von Wittenberg ; Bd. 3

Kassettenausgabe (in Schuber zus. mit Bd. 1 u. 2) 1964

Buchclub 65
Lizenz d. Mitteldt. Verl., Halle, Saale.
1. Auflage 1975

Coverver schiedener Ausgaben (v.l.n.r.: 1964; 1967; 1989)

 

03 Mai 2024

Leonid Solowjow: Chodscha Nasr ed-din

Vorwort
Chodscha Nasr ed-din ist eine Gestalt, die noch heute in der orientalischen Überlieferung lebt. Sie ist ein Ausdruck der Volksphantasie, der auch bei europäischen Völkern sein Wiederspiel findet, wie etwa im spanischen Gil Sans, oder im niedersächsisch-flämischen Till Eulenspiegel, ja selbst noch im märkischen Hans Klauert.
Bei Verschiedenheit der Erscheinungsform enthüllt sich die wesensmäßige  Verwandtschaft in den hervorstehendsten Charakterzügen: Landstreicher sind sie alle, ihr Beutel ist so leicht wie ihr Herz und kaum schwerer wiegt ihr Respekt vor den großen Herren dieser Erde, vor geistlichen wie weltlichen Würdenträgern. Die schärfste Waffe, die sie zu führen verstehen, ist ihr Witz, ihr kecker, listenreicher, nie um einen Ausweg verlegener Verstand, mit dem sie sich munter durchs Leben schlagen, von einer inneren Unrast getrieben, die sich stärker als jede Bindung erweist. So sind sie, wie der Wind, bald hier, bald da und allenthalben zugleich.
Ein Reiz umwittert diese Gestalten, eine Verlockung, der nicht zuletzt die Dichter erliegen, und so hat fast jeder dieser ewigen Landstreicher im Werk eines Meisters seine besondere Deutung erfahren. .........

Aus dem Russischen von Ena v. Baer.
Die Bearbeitung der vorliegenden Ausgabe erfolgte durch Elisabeth Kessel.
Illustrationen von Eva-Maria Beger

Aufbau-Verlag GmbH, Berlin
1. Auflage 1948
2. Auflage 1948
3. Auflage 1951

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Buchanfang:

Sein fünfunddreißigstes Lebensjahr trat Chodscha Nasr ed-din auf der Wanderschaft an.
Mehr als zehn Jahre hatte er bereits in der Verbannung verbracht und war aus einer Stadt in die andere, aus einem Land in das andere gezogen. Er hatte Meere und Wüsten durchquert, hatte im blassen Schein eines Hirtenfeuers auf nackter Erde geschlafen oder in den engen Höfen der Karawansereien, deren staubige Finsternis bis zum Morgengrauen vom Seufzen der Kamele erfüllt war und vom dumpfen Klang ihrer Glocken. Düstere, verräucherte Kneipen dienten ihm als Herberge. Wasserträger, Bettler, Kameltreiber lagen hier durcheinander und allerlei elendes Volk, dessen grelles Geschrei schon am frühen Morgen auf dem Markt und in den engen Straßen der Stadt erscholl.
Und abermals hallte die steinige Straße unter den Hufen seines Esels wider, und weiße Staubwolken stiegen auf. Die Sonne strahlte in der Himmelsbläue, und Chodscha Nasr ed-din mußte die Augen zusammenkneifen, wenn er zu ihr emporblickte. Taubedeckte Felder, Wüsten, in denen Kamelgerippe im Sand bleichten, grüne Gärten und schäumende Flüsse, düstere Berge und heitere Weiden lauschten Chod- scha Nasr ed-dins Liedern. Immer weiter und weiter führte sein Weg. Er schaute nicht zurück, bedauerte nie Vergangenes und fürchtete die Zukunft nicht. In den Städten, in denen er geweilt hatte, blieb die Erinnerung an ihn lebendig. Die Mullahs und die Fürsten wurden blaß vor Zorn, wenn sie seinen Namen hörten. ........

Übersetzung aus dem Russischen von Ena v. Baer
Illustrationen von Eva-Maria Groh

Der Kinderbuchverlag, Berlin
Mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlages
1. Auflage 1958

02 Mai 2024

Kurt Finker: Geschichte des Roten Frontkämpferbundes

Klappentext:
Die geballte Faust und der Ruf »Rot Front!« gingen von ihm aus: dem Roten Frontkämpferbund. Der RFB entstand im Mai 1924 zur Abwehr des Terrors des Stahlhelms und anderer militaristischer Verbände gegen die Arbeiter und zum Kampf gegen das Wiedererstarken von Imperialismus und Militarismus. Bald verkündeten in den Straßen deutscher Städte Demonstrationen und Massenaufmärsche disziplinierter RFB-Formationen, angeführt von Spielmannszügen und Schalmeienkapellen, und der Gesang solcher Lieder wie »Auf, auf, zum Kampf, zum Kampf!« mit dem Refrain der ersten Strophe »Dem Karl Liebknecht haben wir's geschworen, der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand«, daß trotz der Niederlage im Herbst 1923 die proletarische Revolution nicht tot war, daß ihr Sieg gewiß ist. Der RFB wuchs rasch zu einer proletarischen Massenorganisation mit über 150 000 Mitgliedern, die an der Seite der KPD gegen Kapitalismus, Militarismus und Kriegsvorbereitung sowie für das Bekenntnis zur Sowjetunion im Geiste des proletarischen Internationalismus und für die Schaffung der Aktionseinheit der Arbeiterklasse zur Abwehr der faschistischen Gefahr eintraten. Wie der Erste Bundesführer des RFB, Ernst Thälmann, wurden auch die Mitglieder des RFB vom Faschismus verfolgt und eingekerkert. Sie nahmen am antifaschistischen Kampf in Deutschland, in den Reihen der Internationalen Brigaden in Spanien oder der Partisanen im zweiten Weltkrieg teil und gehörten zu den Aktivisten der ersten Stunde nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Diejenigen, die überlebten, erfüllten beim Aufbau der sozialistischen DDR das Vermächtnis ihrer gefallenen RFB-Kameraden.

Schwur der RFB-Mitglieder auf dem Pfingsttreffen in Berlin, 1927
Ich gelobe: niemals zu vergessen, daß der Weltimperialismus den Krieg gegen die Sowjetunion vorbereitet; niemals zu vergessen, daß das Schicksal der Arbeiterklasse der ganzen Welt unlöslich verbunden ist mit der Sowjetunion; niemals zu vergessen die Erfahrungen und Leiden der Arbeiterklasse im imperialistischen Weltkrieg, den 4. August 1914 und den Verrat des Reformismus; stets und immer meine revolutionäre Pflicht gegenüber der Arbeiterklasse und dem Sozialismus zu erfüllen; stets und immer ein Soldat der Revolution zu bleiben; stets und immer in allen Massenorganisationen, in Gewerkschaft und Betrieb ein Pionier des unversöhnlichen Klassenkampfes zu sein; an der Front und in der Armee des Imperialismus für die Revolution zu wirken; den revolutionären Kampf für den Sturz der Klassenherrschaft der deutschen Bourgeoisie zu führen; die russische und chinesische Revolution mit allen Mitteln zu verteidigen; stets und immer für die Sowjetunion und die siegreiche Weltrevolution zu kämpfen.

Inhalt:
Vorbemerkung ...... 5
I. Die Entstehung des Roten Frontkämpferbundes (1924/1925)...... 9
     1. Der Beginn der relativen Stabilisierung des Kapitalismus und die deutsche Arbeiterbewegung ...... 9
     2. Die Gründung des Roten Frontkämpferbundes ...... 16
     3. Ernst Thälmann an der Spitze des Roten Frontkämpferbundes ...... 27
     4. Die 2. Reichskonferenz vom Mai 1925 ...... 40
     5. Anwendung militärischer Organisationsprinzipien und -formen ...... 43
     6. Wehrhafte Ausbildung und Erziehung ...... 52
II. Der Kampf des RFB gegen das weitere Wiedererstarken des deutschen Imperialismus
     und Militarismus (1925-1927)
...... 59
     1. Die Kommunistische Partei Deutschlands und die Rote Frontkämpferbewegung ...... 59
     2. An der Seite der KPD im Kampf gegen Reaktion, Locarnopakt und Fürstenabfindung ...... 64
     3. Die 3. Reichskonferenz vom März 1926 ...... 78
     4. Rote Pfingsten in Berlin. Das II. Reichstreffen vom Mai 1926 ...... 86
     5. Kampf den militaristischen Verbänden! Für den Zusammenschluß aller Arbeiter in der
         roten Klassenfront! ...... 95
     6. Politisch-ideologische Schulung der Funktionäre und Mitglieder ...... 107
     7. Rote Frontkämpfer und revolutionäre Traditionspflege ...... 115
III. Der Kampf des RFB gegen Kriegsgefahr und neue Vorstöße der Reaktion (1927-1929) ...... 119
     1. Die 4. Reichskonferenz vom März 1927 ...... 119
     2. Die Abwehr der Stahlhelmprovokation vom 7. und 8. Mai 1927 in Berlin ...... 126
     3. Der Schwur der Roten Front. Das III. Reichstreffen Juni 1927 in Berlin ...... 134
     4. Gegen Bürgerblock und imperialistische Reaktion ...... 140
     5. Von der 5. Reichskonferenz zum IV. Reichstreffen (März-Mai 1928) ...... 151
     6. Die Einführung des planmäßigen Wehrsports ...... 160
     7. Gegen Koalitionspolitik und Wiederaufrüstung ...... 164
     8. Erweiterung und Vertiefung der militärpolitischen Schulung ...... 176
     9. Verschärfung des Klassenkampfes 1928/1929. Verbot des RFB ...... 190
IV. Der Kampf gegen Militarismus, Faschismus und imperialistischen Krieg
     unter den Bedingungen der Illegalität
...... 203
     1. Auswirkungen des Verbots des Roten Frontkämpferbundes ...... 203
     2. Der Kampf des illegalen RFB gegen die faschistische Gefahr, für die Aktionseinheit
         der Arbeiterklasse ...... 214
     3. Die äußerste Zuspitzung der politischen Krise und das Ringen um die antifaschistische
         Einheitsfront ...... 229
     4. Rote Frontkämpfer im opferreichen Ringen für die Befreiung des Volkes von Faschismus und
         imperialistischem Krieg ...... 239
V. Schlußbemerkung ...... 249
Anhang ...... 253
Anmerkungen ...... 255
Personenverzeichnis ...... 274

Dietz Verlag, Berlin
1. Auflage 1981
2. Auflage 1982