Man kann sich schwer eine andere Form außer dieser Form einer Lebensbeschreibung vorstellen, die Sie auswählten, um das alles darzustellen. Nach der Lektüre ist man trübe gestimmt, man sieht viel Grausamkeit und viele abstoßende Menschen, aber diese Trübseligkeit ist nicht betäubend, sondern im Gegenteil – aufrüttelnd und erzürnend; sehr schnell hat man das Gefühl, als ob in der Welt alles heller geworden sei und man selbst gewappneter. Es ist klar, daß man so unmöglich weiterleben konnte, es ist klar, warum gerade zuerst in ,diesem‘ Land die Revolution ausbrach, und man will sie jetzt erfolgreich weiterführen – das ist die wichtigste Schlußfolgerung für Hirn und Herz…
Ihr Werk, Alexej Maximowitsch, ist ,genial‘ im einfachsten und wahrsten Sinne des Wortes. Sie sagten irgendwann einmal, daß wir ein synthetisches Werk über ,unsere‘ Epoche brauchen. Soviel ich mich erinnere, haben Sie gesagt: „Etwas wie Schillers ,Glocke‘ für unsere Epoche.“ Nein, „Die Glocke“ ist Unsinn, Wortgeklimper. Wir brauchen eine Synthese, die eine umfassende realistische Analyse mit der Darstellung der ganzen Vielfältigkeit und Buntheit der Wirklichkeit vereinigt. Für die Epoche, die unsere vorbereitet hat, ist das im „Klim Samgin“ verwirklicht worden…
Alexander Fadejew
"Das Leben des Klim Samgin" ist Gorkis »Abschiedswerk«, ein vierbändiges Romanfragment, erschienen 1927-1937. Es ist, um es vorweg zu nehmen und eine passende Bezeichnung dafür zu finden, vor allem ein großes Buch, ein Werk, das den Leser sofort einbezieht, ja einsaugt, in seine seltsame, düstere, ungastliche Welt. Viele Leser, die in der Sowjetunion aufgewachsen sind, haben ihre erste Begegnung mit diesem Roman als ein überraschendes Erlebnis beschrieben. Und das, obwohl er offiziell als Muster des sozialistischen Realismus gepriesen wurde. Gleichzeitig ist es ein anspruchsvolles Werk, das durch die geistige Freiheit im vorrevolutionären Russland beeindruckt.
Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1976