30 Juli 2021

Georg Lukacs: Deutsche Literatur während des Imperialismus


 Erste Sätze

Es ist allgemein anerkannt, daß die deutsche Literatur um 1890 in eine neue Periode eintrat. Der Gegensatz zu dem tiefen Niedergang seit der Reichsgründung ist viel zu stark, als daß diese Tatsache sich verdecken ließe. Er war sogar für die unmittelbaren Zeitgenossen fühlbar, und seitdem behandelt fast jede Literaturgeschichte diesen Abschnitt als eine eigene Periode….

Aufbau-Verlag Berlin

Ohne Autor: Die Freundschaftsringe – Geschichten über Lenin


 Die Jungen wollen Wolodja nachts nicht mit auf die Pferdeweide nehmen. Denken sie etwa, er fürchtet sich vor Waldteufeln? Allein macht er sich auf den Weg. Zugegeben, recht geheuer ist es nicht in der unheimlichen Schlucht. Wie staunen dann aber die Spielgefährten: „Bist du etwa ganz allein durch den Wald gegangen?“

Sechs Geschichten aus der Kindheit und dem späteren Leben Lenins werden von fünf sowjetischen Schriftstellern in dem Band erzählt.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1972
Die kleinen Trompeterbücher
Illustrationen: Maren Palloks Nr. 65

Margarete Neumann: Der Weg über den Acker


 Eines Morgens findet man Stubbe, den Nachtwächter, in der Scheune am Boden liegen, Würgemale am Hals. In der verkrampften Faust hält der Tote einen Schlüsselbund. Nicht weit davon stößt man auf Remsius, den ehemaligen Gutsinspektor: er hat sich erhängt. Welches Drama hat sich hier abgespielt? Ist der Nachtwächter dem Geheimnis der Pferde- und Korndiebstähle in Bornsdorf auf die Spur gekommen? Werden die Bauern aufatmen und sich wieder unbelastet ihrer Arbeit zuwenden können? Schwer sind die Jahre des Anfangs, besonders für die, die allein mit den Widerständen fertig werden wollen, wie Karsten, der frühere Ochsenknecht. Er verweigert den Weg über seinen Acker, den die anderen brauchen, aber das Neue im Dorf kann er damit nicht aufhalten. Zuletzt fahren die Maschinen der Traktorenstation auch über seine Felder.

Aufbau-Verlag Berlin 1959
Deutsche Volksbibliothek

29 Juli 2021

Alfred Andersch, Konstantin Simonow: Ein Briefwechsel


 Alfred Andersch:

Ich war das Schulbeispiel eines „Westlers“

Ignoranz gegenüber der Kultur eines Weltreichs

Die Sowjetunion vergilt nicht Gleiches mit Gleichem

Doch weshalb Ablehnung von Pasternaks „Doktor Schiwago“?


Konstantin Simonow:

Offenheit gegen Offenheit

Der Weg der russischen Intelligenz

Pasternak und Bulgakow

Das Problem des gegenseitigen Verstehens


Verlag Volk und Welt Berlin 1978
Die Übersetzung des Briefes von Konstantin Simonow besorgte Friedrich Hitzer

Gert Prokop: Einer muss die Leiche sein


 Sommer, Sonne, Glück – Urlaub am Schwarzen Meer. Einige Touristen entfliehen der Gluthitze des Strandes mit einem kleinen Motorboot zur Pirateninsel. Dort wird in romantischer Umgebung ein aufregendes Mörderspiel arrangiert als amüsanter Zeitvertreib. Doch das heiter-gruselige Spiel schlägt plötzlich um in bitteren Ernst: Eine junge Frau aus ihrem Kreis wird tot aufgefunden. Und vierzehn Menschen werden in dem fremden Land vor eine schreckliche Frage gestellt. War es ein Unfall? Selbstmord? Oder gar Mord?

Verlag Das Neue Berlin 1982
DIE – Delikte Ermittlungen Indizien

Benno Voelkner: Die Leute von Karvenbruch


 An die Tür einer der geduckten Gutsarbeiterkaten von Karvenbruch klopft eines Tages ein scheuer, verwilderter und fast verhungerter neunjähriger Junge. Heimatlos, ohne Mutter, ist Jan von einem Gemeindeamt zum anderen abgeschoben worden. Hier aber, bei den Ärmsten der Armen, den Landarbeitern von Karvenbruch, findet er ein neues Zuhause. Hans, der Schäfer des Gutes, nimmt sich seiner an. Von ihm erfährt er so manches über die Pflanzen und Tiere, über das Leben der Menschen hier auf dem Gutshof und draußen in der Welt, über Armut und Reichtum, Recht und Unrecht, Güte und Bosheit. Als der alte Schäfer stirbt, fällt das Leben wieder hart und unbarmherzig über den Knaben her. Er wird bestohlen, betrogen, gedemütigt, zum Krüppel geschlagen. Kaum erwachsen, lernt Jan die ganze Not und Qual des Landarbeiterdaseins auf einem ostelbischen Gutshof kennen. Nur langsam und nach vielen bitteren Erfahrungen kommen die in Unwissenheit und Demut gehaltenen Leute von Karvenbruch zu der Erkenntnis, daß es einen Weg zur Befreiung gibt.


Aufbau-Verlag Berlin 1960
Deutsche Volksbibliothek


An einem lauen Vorfrühlingsabend des Jahres 1920 kommt der junge Landarbeiter Ulrich Hölding aus der Gefangenschaft in Rußland auf den heimatlichen Gutshof von Karvenbruch zurück. Blaue Dämmerung hat sich über das Land gebreitet. Vor ihm liegt der See – hier saß er einst mit seinem Mädchen, Else Schmedler, die in all den aufwühlenden, bitteren Jahren des Krieges und der Gefangenschaft seine einzige Hoffnung war. Zu ihr führt sein erster Weg. Doch Else steht bleich und zitternd in der Tür. Am Fußboden spielt ein kleines Kind, Elses Kind, das Kind eines Fremden.

Voller grausamer Entdeckungen ist diese Heimkehr; voller Enttäuschungen, Lasten und Demütigungen ist das Leben der Leute von Karvenbruch auch nach dem ersten Weltkrieg.

Für die Darstellung des Lebens und der Entwicklung der Landarbeiter eines abgelegenen Gutshofes vom Beginn unseres Jahrhunderts bis 1945 wurde Benno Voelkner im Jahre 1957 mit einem Nationalpreis ausgezeichnet.

Aufbau-Verlag Berlin 1960
Deutsche Volksbibliothek

28 Juli 2021

Alex Wedding: Große Abenteuer des Kaspar Schmeck


 Buchbeginn

Leise pfeifend ging Kaspar Schmeck, der vierzehnjährige Küchenjunge im ,Güldenen Anker‘ zu Cassel, daran, die kalte, verräucherte Gaststube in Ordnung zu bringen. Er goß große Wasserkringel aus der grünen Gießkanne auf den Boden, bedachte mit einem Wasserstrahl auch den scheckigen alten Kater, so daß dieser sich eiligst hinter dem Schankpult verkroch. Dann kehrte er sauber nach…

Verlag Neues Leben Berlin, 1958

Horst Haase: Johannes R. Becher


 „Welcher Dichter kann nicht von sich sagen, auf seine Brandmale deutend: ,Die Asche brennt auf meiner Brust!‘ Aber aus der Asche erstehen Geschlechter, erstehen Zeiten und Welten – und auch aus der Asche der Scheiterhaufen erheben sich Lieder und Flüge, wie die Sage vermeldet und wie die Geschichte lehrt und wie es wahr ist.“

Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1987
Schriftsteller der Gegenwart 1

Christo Smirnenski: Feuriger Weg – Gedichte und kleine Prosa


 Die Lyrik und Prosa Smirnenskis (1898-1923) ist geprägt von einem starken sozialen und humanistischen Gefühl. Wie Majakowski, Attila József oder Erich Weinert sah auch er in der Oktoberrevolution das Signal für die proletarische Erhebung der ganzen Welt. Mit der vorliegenden Auswahl wird der Dichter zum erstenmal in deutscher Sprache vorgestellt.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1976

Kurzbiografie 

27 Juli 2021

Werner Feudel: Adelbert von Chamisso


 Adelbert von Chamisso (1781-1838), als Sproß eines alten Adelsgeschlechts im Frankreich des Ancien regime auf Schloß Boncourt in der Champagne geboren, als Adelsemigrant in Preußen aufgewachsen und erzogen, gestorben als liberaler deutscher Bürger, war Weltreisender und Naturforscher, ein angesehener Wissenschaftler und ein geschätzter Schriftsteller. Mit seinem „Peter Schlemihl“ schuf er eine der großen Erzählungen an der Grenze von romantischem Kunstmärchen und Novelle. In seinen Balladen griff er die Bürgersche Tradition auf, er machte das politische Chanson Bérangers für die deutsche Dichtung fruchtbar und erschloß mit der sozialen Thematik viele seiner Gedichte der deutschen Lyrik neue Bereiche. Leben und Werk dieses interessanten Menschen und Dichters werden hier auf der Grundlage vieler erstmals ausgewerteter, bisher nicht publizierter Zeugnisse aus dem Chamisso-Nachlaß in der Deutschen Staatsbibliothek Berlin dargestellt. Der Dichter an der Grenze von Romantik und bürgerlichem Realismus steht im Mittelpunkt.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1971
Reclams Universal-Bibliothek. 490
Reclam Biografien

Brigitte Birnbaum: Ab morgen werd ich Künstler


 Der Lithograph Heinrich Zille ist entlassen worden – nach 30 Jahren zuverlässiger und mühevoller Arbeit ist er „zu alt für die Firma“! Was soll nun werden? Erschrocken steht Zille auf der Straße. Miete muß bezahlt werden, und Brot gibt kein Bäcker umsonst. Hansens Schulgeld ist fällig, die Winterkohlen sind zu kaufen, und dem Zeitungsjungen Emil wollte er endlich richtige Schuhe schenken. Ratlos geht er durch die Straßen.

Auch wenn es so aussieht – Heinrich Zille ist noch nicht am Ende. Mit seinen Zeichnungen findet er einen neuen Anfang, und für die Berliner Hinterhauskinder Emil und Paule, Fritz und Otto, für alle, die er malt, wird Zille später „der Pinselheinrich“ sein. Aber bis dahin ist es noch ein weiter und mühevoller Weg.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1983
Mit Reproduktionen nach Zeichnungen von Heinrich Zille

Jutta Hecker: Als ich zu Goethe kam


 Begegnungen mit Goethe konnten schicksalhaft sein. Eckermann pilgerte als junger Mann zu ihm und kam nicht mehr von ihm los. Beglückung, Erfüllung und Qual zugleich war für Eckermann das Leben mit dem Dichter. Jutta Hecker gestaltet auf einfühlsame, dezente, poetische und dennoch wissenschaftlich fundierte Weise in ihrer Eckermann-Erzählung Glück und Tragik dieses Daseins. In den beiden anderen Erzählungen erleben zwei Künstler auf eine sehr unterschiedliche Weise die Begegnung mit Goethe: der junge Bildhauer Weisser – der Nachwelt bekannt als Schöpfer einer gelungenen Lukas-Cranach-Büste und der einzigen Lebendmaske Goethes – und Paganini, der geniale, faszinierende Geiger, der damals auf der Höhe seines Ruhmes stand und das Publikum zu Beifallsstürmen hinriß. Von verschiedenen Seiten her wird damit Goethes Wesen beleuchtet, und auf vielfältige Weise wird die Ausstrahlung dieser gewaltigen Persönlichkeit sichtbar gemacht.

Verlag der Nation Berlin 1978

Okot p’Bitek: Lawinos Lied – Otschols Lied – Ein afrikanischer Streitgesang


 Lawino ist böse auf ihren Mann und hält ihm eine zünftige Gardinenpredigt. Nicht, weil er sich eine zweite Frau genommen hat – das ist nach afrikanischer Tradition durchaus zulässig -, sondern weil er, um sein Image als „moderner“ Afrikaner aufzubauen, sich ein Zierpüppchen ausgesucht hat, das die Manieren der Weißen nachäfft.

Otschol wirft Lawino Rückständigkeit vor und erklärt, daß man die Vergangenheit austilgen müsse, die Frauen emanzipieren, die Grenzzäune niederreißen, sogar Berge sprengen und Flüsse umleiten, um Raum zu schaffen für die neuen Städte, das neue Leben (nach der Art der Weißen).

Wer hat nun recht? Wie in einem Ehestreit selten einer allein recht hat, muß auch in der Ehe von Tradition und Neuerung ein sinnvoller Ausgleich gefunden werden.

Beide Lieder vermitteln Einblicke in afrikanische Dichtung und afrikanische Probleme.

Rütten & Loening Berlin 1977

Hermann Bahr: Leander – Erzählungen

Hermann Bahr, skandalumwitterter Exponent der „Wiener Moderne“ und einer der umstrittensten Literaten der deutschsprachigen Literatur vor 1914, ist heute nur noch wenigen bekannt. Sein einstiger Ruhm, genährt von einer geradezu hektischen Produktivität, vom chamäleonhaften Wechsel von einer literarischen Strömung zur anderen wie von naturalistischen, symbolistischen und expressionistischen Manifesten, ist heute verblaßt. Lediglich an sein erfolgreichstes Lustspiel „Das Konzert“ haben sich Theater- und Filmleute immer wieder erinnert.

Der Autor, der von sich sagen konnte: „Ich habe fast jede geistige Mode mitgemacht, aber vorher, nämlich als sie noch nicht Mode war“, erregte auch 1890 mit seinem Erzählungsband „Fin de siècle“ einen Skandal: Das Buch blieb im kaiserlichen Deutschland bis 1914 verboten. Bahrs Erzählungen, Skizzen und Anekdoten, allesamt in den zwei Jahrzehnten um die Jahrhundertwende entstanden und publiziert, wirken auch heute beachtlich frisch. Mit satirischem Witz und psychologischem Einfühlungsvermögen wird die Wiener bourgeoise Gesellschaft der Jahrhundertwende treffsicher porträtiert. Die mal „frivole“, mal ernste Auseinandersetzung mit dem „Grundwesen des Wieners“, das nach Egon Friedell in der „feudalen Fähigkeit“ besteht, „mit allem zu spielen, alles von der freien, aber auch völlig unverantwortlichen Höhe einer Skepsis zu betrachten, der alles gleich wichtig und gleich unwichtig ist“, führt zu präzisen und gekonnt gearbeiteten Charakterstudien seiner unheldischen Helden, die er in den Geschichten Revue passieren läßt. Den Professor zum Beispiel, der mit „deutscher Gründlichkeit“ einem etwas perversen Keuschheitsbegriff lebt, den Verführer der schönen Dora, der letztlich ein betrogener Betrüger ist, und Leander, der sich angesichts der Prüfungen, denen er ausgesetzt wird, als nur seinen narzißtischen Neigungen folgender Dekadent erweist.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1986
bb 572

 

Maxim Gorki: Klim Samgin – Vierzig Jahre


 Man kann sich schwer eine andere Form außer dieser Form einer Lebensbeschreibung vorstellen, die Sie auswählten, um das alles darzustellen. Nach der Lektüre ist man trübe gestimmt, man sieht viel Grausamkeit und viele abstoßende Menschen, aber diese Trübseligkeit ist nicht betäubend, sondern im Gegenteil – aufrüttelnd und erzürnend; sehr schnell hat man das Gefühl, als ob in der Welt alles heller geworden sei und man selbst gewappneter. Es ist klar, daß man so unmöglich weiterleben konnte, es ist klar, warum gerade zuerst in ,diesem‘ Land die Revolution ausbrach, und man will sie jetzt erfolgreich weiterführen – das ist die wichtigste Schlußfolgerung für Hirn und Herz…

Ihr Werk, Alexej Maximowitsch, ist ,genial‘ im einfachsten und wahrsten Sinne des Wortes. Sie sagten irgendwann einmal, daß wir ein synthetisches Werk über ,unsere‘ Epoche brauchen. Soviel ich mich erinnere, haben Sie gesagt: „Etwas wie Schillers ,Glocke‘ für unsere Epoche.“ Nein, „Die Glocke“ ist Unsinn, Wortgeklimper. Wir brauchen eine Synthese, die eine umfassende realistische Analyse mit der Darstellung der ganzen Vielfältigkeit und Buntheit der Wirklichkeit vereinigt. Für die Epoche, die unsere vorbereitet hat, ist das im „Klim Samgin“ verwirklicht worden…

Alexander Fadejew


"Das Leben des Klim Samgin" ist Gorkis »Abschiedswerk«, ein vierbändiges Romanfragment, erschienen 1927-1937. Es ist, um es vorweg zu nehmen und eine passende Bezeichnung dafür zu finden, vor allem ein großes Buch, ein Werk, das den Leser sofort einbezieht, ja einsaugt, in seine seltsame, düstere, ungastliche Welt. Viele Leser, die in der Sowjetunion aufgewachsen sind, haben ihre erste Begegnung mit diesem Roman als ein überraschendes Erlebnis beschrieben. Und das, obwohl er offiziell als Muster des sozialistischen Realismus gepriesen wurde. Gleichzeitig ist es ein anspruchsvolles Werk, das durch die geistige Freiheit im vorrevolutionären Russland beeindruckt.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1976

26 Juli 2021

René-Victor Pilhes: Panik in der Rue Oberkampf


 Erzählt wird die „Geschichte vom Einsturz und Zusammenbruch der französischen Tochtergesellschaft von Rosserys & Mitchell“. In einer beinahe kriminalistischen Handlung enthüllt der Roman den Mechanismus von Lenkung und Leitung eines vom US-amerikanischen Kapital beherrschten multinationalen Konzerns. Der Autor (Jahrgang 1934) will insbesondere zeigen, wie die Machtgier und die faschistischen Methoden des Managements die Demokratie gefährden. Im Anhang ist ein Gespräch abgedruckt, das Claude Prévost mit dem Autor führte.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1977

Henryk Bereska: Polnische Lyrik aus fünf Jahrzehnten – Anthologie


 Mit mehr als sechzig Autoren repräsentiert diese Anthologie umfassend die polnische Lyrik in dem Zeitraum von 1918 – dem Datum der Wiedergeburt des polnischen Staates – bis zur sozialistischen Gegenwart. Sie konzentriert sich dabei auf die interessantesten Strömungen und Tendenzen in der polnischen Lyrik dieser Zeit. Der Bogen spannt sich von Staff über Tuwim, Broniewski, Przybos, Baczynski zu Rózewicz und schließlich zu Bryll. Dem Band sind 31 Graphiken zeitgenössischer polnischer Künstler beigegeben.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1977

Nadeshda Ludwig: Maxim Gorki


 Leiden, Kampf und Triumph des Sozialismus sind in der Gestalt Maxim Gorkis vereint…

Johannes R. Becher


Die Helden Gorkis trugen in sich die Revolution, und die Bücher Gorkis waren daher Bücher des Aufstiegs und nicht etwa der Verkündung des Jüngsten Gerichts.

Bernard Shaw


Keiner läßt mich so wie Gorki an den Weg glauben, den ich gegangen bin.

Louis Aragon


Er ist zweifellos eine große Erscheinung der Weltliteratur… Von ihm ging eine Erneuerung aus, die lange nachwirken wird.

Thomas Mann


Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1971
Schriftsteller der Gegenwart 23

Lilli Bock: Willi Bredel


 Unser Ziel muß eine große, reichhaltige und vielgestaltige Literatur sein, in der jedes Genre zur vollen Geltung kommen kann. Jede Beschränkung wäre vom Übel … Unsere Literatur muß ein wirkliches Bild von den Irrtümern, Schwankungen, Niederlagen wie auch von der Größe, dem Heldenmut und den gewaltigen Leistungen unseres Volkes geben und zugleich die dunklen Kräfte und Mächte der jüngsten Vergangenheit wie auch die vorweggenommene Sicht auf den morgigen hellen und glücklichen Tag zum Inhalt haben. Sie muß in der künstlerischen Form nach Vollendung streben…

Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1980
Schriftsteller der Gegenwart 12

Dmitri Meschtschaninow: Zum dritten Pol


 Seit der 1953 erfolgten Erstbesteigung durch den Neuseeländer Edmund Hillary und den kürzlich verstorbenen Nepalesen Tenzing Norgay haben weit über hundert Menschen auf dem Gipfel des höchsten Berges unseres Planeten gestanden – auf den ersten Blick eine recht stattliche Zahl. Vielleicht ist es also gar nicht mehr so schwer, diesen Bergriesen zu bezwingen? Keinesfalls, der Weg zum Gipfel ist um nichts leichter geworden! Der Mount Everest – der Tschomolungma, die „Göttinmutter der Berge“, wie die Tibeter ihn nennen – ergibt sich auch heute noch nicht ohne harten Kampf, er wehrt sich nach wie vor gegen alle, die ihn angehen wollen, übt grausam Rache für jede Nachlässigkeit. Das bekamen auch, wie aus dem vorliegenden Bericht hervorgeht, die sowjetischen Alpinisten zu spüren, die 1982 zum Sturm auf den „dritten Pol“ unserer Erde antraten und den Aufstieg erstmals auf der schwierigsten Route über den sogenannten Südwestpfeiler erzwangen.

VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig, 1987

Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Raskolnikow


 Band 1

Durch die Straßen Petersburgs irrt ein junger Mann, ein Student, von einem Plan getrieben. Und dieser Plan ist: Mord. Sein Ziel ist eine alte Wucherin, auf deren Geld es der Student Raskolnikow abgesehen hat. Er ist von einer Wahnidee befallen, kraft deren sich der arme Student berechtigt glaubt, der reichen Frau das Geld zu nehmen. Er will es ihr nehmen, weil sie es mit Unrecht und Betrug erworben hat, und er will es haben, weil er anderen damit helfen kann. Aber als er es hat, macht er keinen Gebrauch davon, sondern stellt sich nach unendlichen Gewissensqualen der Polizei.

Dieser berühmteste Roman Dostojewskis zeigt jedoch mehr als nur das Denken und Handeln eines Menschen im Rußland des 19. Jahrhunderts: Er stellt eine Gesellschaftsordnung bloß, die Theorien wie die des Rechtes „Auserwählter“ möglich machte, und zeigt auf diese Weise ihre Ausweglosigkeit. Damit kritisiert der Autor nicht nur Zustände im Rußland seiner Zeit, sondern einer ganzen Epoche. Und deshalb hat dieser Roman, der vor genau 100 Jahren zum erstenmal erschien, auch heute noch nichts von seiner Bedeutung verloren.


Band 2

In den Jahren 1846-49 hatte sich Dostojewski an revolutionären Zusammenkünften beteiligt, die 1849 zu seiner Verhaftung führten. Das Todesurteil war über ihn und seine Gefährten gesprochen, das Hinrichtungskommando aufmarschiert, und die Gewehre waren schon angelegt – da erfolgte die Begnadigung durch den Zaren: vier Jahre Zwangsarbeit in Sibirien. In einem alten, baufälligen Zuchthaus in Omsk, zusammen mit Mördern und Dieben, verbüßte Dostojewski diese „Gnade“. Hier lernte er aber nicht nur die Verbrecher kennen, sondern auch die Ursachen, durch die sie zum Verbrechen gedrängt worden waren. Er spürte sehr bald, daß es die Zustände im zaristischen Rußland waren, die manchen talentierten Menschen auf diesen Weg geführt hatten. Er sah, wieviel Kräfte hier ungenutzt zugrunde gingen, weil die Gesellschaft, die dort herrschte, es so wollte. Nicht zuletzt aus den entsetzlichen Erlebnissen und Begegnungen dieser Jahre schöpfte er die Kraft und die Erfahrung, „Schuld und Sühne“ (wie der übersetzte Originaltitel dieses Romans lautet) zu schreiben, uns die Geschichte von Raskalnikow zu erzählen, den seine Freunde liebten, der keineswegs von vornherein ein Verbrecher war, der aber dennoch zum Doppelmörder wurde, weil ihm das Verbrechen als der einzige Ausweg erschien.

Verlag Neues Leben Berlin, 1966

23 Juli 2021

Honoré de Balzac: Der Landarzt

Balzac hatte eine Statuette Napoleons auf dem Kaminsims seines Arbeitszimmers stehen. Ein kleiner Zettel, an den Degen geklebt, trug die Worte: „Was er mit dem Schwert nicht vollenden konnte, ich werde es mit der Feder vollbringen.“

Napoleons legendärer Aufstieg hatte der Jugend den großen Traum gegeben, aus der Anonymität der Jedermanns sich zu erheben, ebenfalls aufzusteigen in eine Glorie von Macht, Ruhm, Unsterblichkeit. Die „Geschichte des Kaisers, von einem alten Soldaten in einer Scheune erzählt“ – Herzstück des „Landarztes“ -, bezeugt, wie dieser Traum bis in die entlegensten Winkel des Landes gedrungen war. Und so trügerisch er sich erwies gegenüber der restaurativen Wirklichkeit, die Helden Balzacs, Stendhals, sogar Dumas‘ Musketiere sind seine Geschöpfe.

Der Landarzt Benassis ist ein Napoleon des Friedens. Dieser Mann, wie „alle Gestalten Balzacs mit dem glühenden Leben begabt, das ihn selbst beseelte“ (Baudelaire), hat die Erfahrungen seiner verlorenen Illusionen umgeschmolzen in die Kraft, einem rückständigen, in Armut vegetierenden Alpenkanton „Entwicklungshilfe“ zu leisten. Die wirtschaftspolitischen Ideen des Doktors oder des Autors entsprechen den damaligen Erfordernissen. Solcher Einsatz für das Gemeinwohl indes wird zu jeder Zeit Hochachtung verdienen, und man begreift den Stolz, mit dem Balzac 1833, nach Vollendung des „Landarztes“, an Frau von Hanska schrieb: „Ich habe eine große Sache für mein Land vollbracht. Dieses Buch ist nach meiner Ansicht mehr wert als Gesetze und gewonnene Schlachten.“

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1982
bb 491

 

Matwej Komarow: Die ausführliche und wahrhaftige Geschichte des russischen Gauners Wanka Kain


 Die abenteuerliche Lebensgeschichte des in Moskau und Umgebung weithin bekannten (und historisch belegten) Diebes, Gauneranführers und späteren Polizeispitzels Iwan Ossipow, genannt Wanka Kain, war schon zu Lebzeiten dieses „erschröcklichen Helden“ als autobiographische Lebensbeichte in der rohen Umgangssprache der Diebes- und Gaunerwelt verbreitet. Der Moskauer Schriftsteller Matwej Komarow (1730 bis 1812) schuf, angeregt durch Vorbilder des englischen und französischen Gaunerromans, wie beispielsweise der Geschichte des Parisers Cartouche, mit seinem „Wanka Kain“ eine literarische Gestaltung dieses Stoffes, die zu einem der aufsehenerregendsten Bucherfolge russischer belletristischer Prosa im 18. Jahrhundert wurde. Reiche Detailfülle, das abenteuerliche Geschehen und das nationale Kolorit lassen dieses frühe Zeugnis russischer Romandichtung zu einer lohnenden Lektüre werden.

Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig und Weimar, 1978

Edward Albee: Dramen


 Edward Albee hat sich zum bedeutendsten amerikanischen Dramatiker der Gegenwart entwickelt. Mit modernen, bühnenwirksamen Mitteln legt er den Verfall der Werte in der bürgerlichen Gesellschaft bloß. Unsere Auswahl enthält die Stücke:

Die Zoogeschichte

Der Tod von Bessie Smith

Der amerikanische Traum

Wer hat Angst vor Virginia Woolf?

Empfindliches Gleichgewicht

und die Adaption

Alles im Garten


Aufbau-Verlag Berlin-Weimar 1978

Zitat


Ich weiß nicht, ob ich mehr Angst oder mehr Wut im Leib habe. Das Miststück! Wofür halten sich diese Kerle bloß? Sie widern mich an mit ihren klebrigen Pfoten, ihrer Dummheit, ihrem Haß. Es wurmt sie, wenn man lebt, vor allem, wenn man ohne sie lebt. Ich hasse sie. Alle. Sie sind alle gleich. Sie verdienen nicht mal die Angst, die sie einflößen, wahrhaftig.

Dorothée Letessier: Die Reise nach Paimpol 

Eberhard Hilscher: Arnold Zweig


 Die Kunst der Erzählung, wie die Kunst überhaupt, hat eine Funktion: sie durchleuchtet die Wirklichkeit, sie macht die Welt transparent und geeignet zur Aufnahme und zur Verarbeitung durch das Gefühl und den Verstand der Menschen… Neu sehen und auf neue Weise rhythmisch und gestalthaft in Sätze prägen, was er sah, für die innere und sinnliche Anschauung, die das Lesen zum Glück erhebt, das kennzeichnet den Dichter von einst, von heute und von morgen.

(Arnold Zweig)

Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1978
Schriftsteller der Gegenwart 22

Frank Wagner: Anna Seghers


 Buchbeginn

„Die Erlebnisse und die Anschauungen eines Schriftstellers, glaube ich, werden am allerklarsten aus seinem Werk, auch ohne spezielle Biographie.“ Mit solchen oder ähnlichen Worten hat Anna Seghers nicht nur einmal betont, wofür die Aufmerksamkeit sich lohnt: Für das, was der Schriftsteller schafft, für das Werk also, die Kunst.

Aber der Leser interessiert sich doch, aus welchem Leben die Leistung kommt, unter welchen Umständen der Künstler gearbeitet hat, was ihn förderte und womit er zu ringen hatte. Solches Wissen ist oft hilfreich für das Verständnis seiner Werke. Von Anna Seghers erfahren wir über sie selbst und über die persönlichen Bezüge ihrer literarischen Arbeiten wenig. So sind wir auf andere Quellen angewiesen, vor allem auf Mitteilungen von Freunden, Bekannten und Zeitgenossen. Nachgehen können wir auch den unzähligen Spuren ihres langen, tätigen Lebens, den Zeichen ihres Wirkens als Kommunistin, als Vorkämpferin der internationalen antifaschistischen Bewegung, als Streiterin für den Weltfrieden…

VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1980
Bildbiographie

Juan Goytisolo: Das Fest der anderen


 „Solange ich lebe, habe ich keiner Fliege etwas zuleide getan. Aber ich war damals wahnsinnig und wußte nicht, was ich tat.“ Gebannt lauscht Pipo dem Mörder Gorilla, seinem einzigen Freund, der ihm das Geheimnis seines Lebens anvertraut und ihm die nächtliche Welt des Abenteuers erschließt. Und gebannt schaut das Mädchen Piluca auf die zehnjährige Pira in Absatzschuhen, die im Elendsviertel der Stadt in bunten Farben das Scheinschloß ihres Vaters in Rom beschreibt. Doch die Trauminsel, auf die sich diese Kinder der Armut flüchten, hat nur kurze Zeit Bestand. Das Zaubergespinst zerreißt, und eine jämmerliche Wirklichkeit öffnet ihnen die Augen. Die lebenshungrige Pira fällt auf der Suche nach ihrem legendären Vater einem Lustmörder zum Opfer, und Pipo, der in aller Unschuld der Polizei in die Falle geht, verrät seinen Freund und liefert ihn ins Zuchthaus. Während das Märchenreich der Kinder zerbricht, und sich der Glaube an eine reine Welt als Illusion erweist, wird in der Welt der Erwachsenen – im Franco-Spanien unserer Tage – der Glaube als Lebenselixier verkauft und mit Prunk und Pomp ein sogenannter Weltkongreß des Glaubens gefeiert: das Fest der anderen.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1964

22 Juli 2021

Walter Scott: Old Mortality

 


Vergebens wirbt Henry Morton von Milnwood um die schöne Edith Bellenden. Die königstreue Familie des Mädchens verweigert ihre Zustimmung zur Vereinigung der Liebenden, weil der junge schottische Edelmann nicht zum Verräter an der Sache seines unterdrückten Vaterlandes werden will. Die Herzen der beiden Menschen werden auf eine harte Probe gestellt, als der Aufstand von 1679 ausbricht und Henry sich an die Spitze seiner um ihre Unabhängigkeit und Glaubensfreiheit kämpfenden Landsleute stellt. Der Meister des historischen Romans, Walter Scott, hat es verstanden, eine der bewegtesten Epochen der schottischen Geschichte vor uns lebendig werden zu lassen und dem Freiheitskampf der Covenanter ein bleibendes Denkmal zu setzen.

Rütten & Loening Berlin, 1977

Ruth und Karl-Heinz Finke: Das goldene Netz - Strom erobert den Haushalt


 Warmwasserspeicher, Heizsonnen. Brotröster, Küchenmaschinen, Ventilatoren, Kühlschränke, Waschmaschinen und viele andere elektrische Geräte erleichtern die oft zeit- und kraftraubende Hausarbeit. Aber die "Heinzelmännchen des modernen Haushalts" haben auch ihre Geheimnisse: sie sind wahre Wunder der Technik. Sie wollen zweckmäßig, rationell und vielseitig eingesetzt und ihrer Bedeutung entsprechend selbstverständlich auch gepflegt werden. Bedarf es dazu nicht besonderer Überlegungen und umfangreicher Kenntnisse? Überall verwenden wir Elektrizität. Doch oft gehen wir mit ihr nicht sparsam oder vorsichtig genug um. Was muß man beim Umgang mit Elektrogeräten beachten? Die Autoren dieses Bändchens geben darauf Antwort. Aus dem Inhalt: Oberhitze genau dosiert - Warmes Wasser jederzeit - Stangeneis nicht mehr gefragt - Roboter der Küche - Bügeleisen mit Gefühl - Bevor der Arzt kommt - Behagliches Heim ...

Urania-Verlag - Verlag für populärwissenschaftliche Literatur Leipzig/Jena/Berlin, 1. Aufl., 1963
Passat-Bücherei Nr. 52
Die Passat-Bücherei wird gemeinsam herausgegeben vom Urania-Verlag, Leipzig/Jena/Berlin, vom Verlag Neues Leben, Berlin, und vom Verlag Volk und Gesundheit, Berlin

Oskar Maria Graf: Geschichten


 Oskar Maria Graf (1894-1967) eroberte sich mit den 1929 erschienenen "Kalendergeschichten" endgültig seinen Platz unter den namhaften Schriftstellern der Weimarer Republik. Lion Feuchtwanger urteilte Jahre später: "Was mir an seinem Werk am meisten bedeutet, das ist der erfreulich dicke Band ,Kalendergeschichten'. Wenn ich vor das Gestell gerate, welches dieses Buch enthält, kann ich selten der Versuchung widerstehen, es herauszunehmen und die eine oder andere dieser Geschichten wieder zu lesen. Und immer freue ich mich, wie sie strotzen von Saft und Leben. Diese ,Kalendergeschichten' sind im besten Sinne volkstümlich, ein Lesebuch für den Professor wie für die Köchin."

Trotz seiner antifaschistischen Haltung wurden die Bücher Grafs 1933 von den Nazis auf die Liste empfohlener Literatur gesetzt. Als der Autor im Exil davon erfuhr, schrieb er in einem offenen Brief: "Die Vertreter dieses barbarischen Nationalsozialismus ... unterstehen sich, mich auf ihre sogenannte weiße Liste zu setzen, die vor dem Weltgewissen nur eine schwarze Liste sein kann. Diese Unehre habe ich nicht verdient."

Reclams Universal-Bibliothek Band 975, 1. Auflage
Belletristik
Mit Illustrationen

Doris Lessing: Afrikanische Tragödie


 Hat ein Schriftsteller als Mensch ein Verantwortungsgefühl für die anderen Menschen, die er beeinflusst, dann muß er meiner Meinung nach ein Humanist sein und sich als Mittel zur Veränderung - zum Guten oder zum Bösen - fühlen. Das Bild vom schönen Sänger im Elfenbeinturm habe ich immer für unaufrichtig gehalten. Er dürfte eigentlich nur seinem Spiegelbild etwas vorsingen.

Die Veröffentlichung einer Geschichte oder eines Romans ist eine Form der Kommunikation, ein Versuch, seine eigene Persönlichkeit und seine Überzeugungen anderen Leuten aufzubürden. Wenn ein Schriftsteller diese Verantwortung übernimmt, muß er sich - im Sinne der sozialistischen Terminologie – als Architekt der Seele sehen ...

Doris Lessing (1957)

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1987
TdW Taschenbibliothek der Weltliteratur
Titel der englischen Originalausgabe: The Grass Is Singing
Mit einer Nachbemerkung con Gottfried Graustein

Meja Nwangi: Wie ein Aas für Hunde


 Meja Mwangi (geb. 1948) zählt zu den populärsten Autoren Kenias. Seine Romane zeigen Techniken in der Tradition der europäischen Realisten auf, aber atmosphärisch sind sie verwurzelt in den Bildern, Geräuschen und Gerüchen seiner Heimat. Hier gestaltet Mwangi im Rahmen einer spannungsgeladenen Konfrontation zwischen einer Gruppe Mau-Mau-Kämpfern auf verlorenem Posten im Urwald und einem britischen Captain mit seinen Leuten ein Stück militärischer und geistiger Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus. Der Roman wurde 1974 mit dem Kenyatta Award ausgezeichnet.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1985
Belletristik

Marcello Argilli: ATOMINO


 Nie darfst du jemand helfen, der jawoll! zu einem General sagt - das hatte ihm Professor Zaccaria eingeprägt, und daran denkt Atomino, als er in die Hände des kriegswütigen General Simeone fällt. Auch an Smeraldina denkt er, sie ist seine beste Freundin, und ihr darf nichts geschehen. Deshalb will Atomino lieber in Simeones Kerker schmachten als ihm auch nur ein Quentchen seiner Energie für die Atombombe geben. Ob Atomino und seine Freunde den General besiegen? Natürlich! Wenn auch Kater Fantasio im allgemeinen gegen Geschichten mit gutem Ausgang ist.

Der Kinderbuchverlag Berlin, 1. Taschenbuchauflage 1979
ATB – AlexTaschenbücher

21 Juli 2021

Fjodor M. Dostojewski: Über Literatur

Fjodor M. Dostojewski (1821-1881): „Es kann natürlich auch einen häßlichen antikisierenden Wurm geben, der tatsächlich jedes Gefühl für die Gegenwart verloren, der sich in der Vergangenheit niedergelassen hat, irgendwo in der antikisierenden Dichtung, ohne die leiseste Ahnung weder von sich selbst noch von den Qualen des Lebens. Aber sind sie etwa besser, diese unübersehbaren Scharen billiger Progressisten mit ihren ausgeborgten Überzeugungen, mit ihrem kläglichen Verstand, der auf dem hohen Roß der Phrase stolz alle Hürden nimmt…“ Das jedenfalls kann der Leser dieser Aufsätze Dostojewski nicht nachsagen, daß er der reinen Kunst (hier verstanden als Flucht in die Antike) oder einer scheinrevolutionären Tendenzliteratur das Wort geredet hätte. Wie widerspruchsvoll und utopisch immer die Gedanken des Autors zur russischen Literatur und zur Weltliteratur, zu historischen, philosophischen und gesellschaftlichen Fragen sind, der Schriftsteller Dostojewski bleibt in der ziemlich chaotischen Zeit jener Übergangsepoche treu seinem Beruf, Anwalt der „Erniedrigten und Beleidigten“ zu sein, als Publizist und Künstler.


Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 2. Auflage 1976
Reclams Universal-Bibliothek Band 44
Kunstwissenschaften

 

Augusto Céspedes: Teufelsmetall

Es ist ein stolzer Augenblick für den Halbindianer Zenón Omonte, als König Alfons XIII. von Spanien ihn, den Emporkömmling, freundschaftlich ans Herz drückt. In unendlich ferner Vergangenheit war er ein barfüßiger Mestizenjunge, der Indiomädchen vergewaltigte, seinen Onkel bestahl und mit Maultieren und anderen Dingen handelte. Als Gehilfe eines Erzaufkäufers in der Stadt Oruro im bolivianischen Hochland lauscht er Erzählungen von märchenhaften Silberfunden, aber die verlassene Grube, die er mit geborgtem Gelde kauft, enthält kein Silber – sie enthält Zinn. An dem Tage, da ein indianischer Häuer in dem halbverfallenen Stollen die reichste Zinnader der Welt anschlägt, beginnt Zenón Omontes legendärer Aufstieg. Geschickt und skrupellos erweitert er seinen Besitz, beseitigt unbequeme Konkurrenten, besticht Gerichte, kauft Minister und Staatspräsidenten, verfeinert die Ausbeutung der Bergarbeiter, gründet Tochterfirmen in anderen Kontinenten, wirft Zinn auf den Markt, Millionen Tonnen Zinn. Von Palästen und Hotelzimmern aus überwacht er grimmig und mißtrauisch alle Vorgänge in seinem Imperium, in dem wie im Reiche Philipps II. die Sonne nicht untergeht. Menschlichen Maßen entwachsen, versteint er in eisiger Einsamkeit – ein Gott des Kapitals, dem wie einst den Göttern der Inkas zahllose Leben geopfert werden.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1964

 

Vera Thies: Ungarische Liebesbriefe aus fünf Jahrhunderten

„Männer sind von Natur aus mißmutig, also auch beim Briefeschreiben. Und erst recht beim Schreiben von Liebesbriefen. Machen ihnen Freude oder Schmerz das Herz weit, dann entströmt diesem Herzeleid. Es ist, als geleite sie die Liebe zu ihrer Mutter zurück. Sie reagieren schon verdrießlich und ungeduldig, wenn sich eine Antwort einmal verspätet, sie wollen alles zugleich und augenblicklich. Eines unterbliebenen Lächelns wegen greifen sie nach der Feder wie nach einem rettenden Strohhalm, und man atmet auf: Welch ein Glück, daß ihre Hand auf dem Tisch nicht zufällig das Papiermesser oder den Dolch gefunden hat. Frauen nehmen das alles verständnisvoller hin. Sie wissen, die Liebe ist nur ein Vorwand, eine gute Gelegenheit zu maßlosem Ausbruch oder Überschwang. Nach einigen beruhigenden Worten gehen sie sogleich zum Wesentlichen über…“

So meditierte Gyula Illyés, jahrzehntelang herausragende Gestalt der ungarischen Gegenwartsliteratur, bereits 1938 über die Gattung des Liebesbriefes. Natürlich ist diese weit mehr als nur Gegenstand heiterer Betrachtung. Der Band enthält 90 Beiträge großer Männer und kluger Frauen, deren Namen auf die eine oder andere Weise in die Geschichte ihres Landes eingegangen sind. Aus ihren sehr persönlichen Bekenntnissen sprechen nicht nur die tiefsten und schönsten Regungen des menschlichen Herzens, sondern ebenso die Anteilnahme am Wohl und Wehe des Volkes, das Engagement für das Schicksal der Nation.

Rütten & Loening Berlin, 1989

 

Manfred Gebhardt: Mathilde Franziska Anneke

Drei Bilder gibt es von ihr. Das erste zeigt eine junge Frau von etwa zwanzig Jahren. Ihr ebenmäßiges Gesicht hat einen scheuen Ausdruck, die Haare sind nach der Mode beiderseits zu gleichmäßig langen, an den Enden hochgebundenen Zöpfen geflochten; über dem Mittelscheitel ist ein Teil der Frisur zu einer Krone aufgesteckt: Madame Mathilde Franziska von Tabouillot, geborene Giesler. Durch die Heirat mit dem reichen Mülheimer Weinhändler von Tabouillot in den Adel erhoben, standen ihr die höchsten Kreise der guten Gesellschaft im preußischen Rheinland offen.

Auf dem zweiten Bild sitzt eine Frau hoch zu Roß. Sie trägt ein schlichtes dunkles Kleid, das durch Leinenhosen zu einem Reitanzug komplettiert wird, auf dem Kopf einen hellen Heckerhut, mit langer roter Feder, wie ihn die süddeutschen Demokraten in jener Zeit bevorzugten. Die Szene spielt auf dem Kopfsteinpflaster einer Kleinstadt, wo die sonderbare Reiterin, begafft von Straßenjungen und Bürgern, offenbar eine Rast einlegt: Mathilde Franziska Anneke, Ordonnanzoffizier in der badisch-pfälzischen Erhebung von 1849.

Auf dem dritten Bild schließlich eine würdige, fast matronenhaft wirkende korpulente Frau, die Haare kurz geschnitten und streng nach der Seite gekämmt, in einem langen weiten, die Figur verdeckenden Kleid, das bis auf die Erde reicht. Um den schmalen Mund zeichnen sich Falten ab, die ihr Gesicht weniger hart als energisch, weniger alt als aktiv erscheinen lassen: Lady Mathilda Franziska Anneke, führendes Mitglied der amerikanischen Frauenbewegung – die Suffragette.

Verlag Neues Leben Berlin, 1988

 

Georges Arnaud: Lohn der Angst


 In diesem spannungsgeladenen Roman, der in einem fiktiven lateinamerikanischen Land spielt, geht es um den Transport einer großen Menge Nitroglyzerin, das zum Löschen einer brennenden Erdölquelle benötigt wird. Spezialfahrzeuge stehen nicht zur Verfügung, aber einige Desperados sind bereit, ihr Leben für 1000 Dollars zu riskieren. Vier Männer machen sich auf den gefahrvollen Weg durch unwirtliche Ebenen und Berge, einer nur erreicht das Ziel.

Verlag Tribüne, 4. Aufl., 1981
Reihe Angebote

Raissa Ostrowskaja: Nikolai Ostrowski – Leben und Kampf eines Unbeugsamen


 Die neue Gesellschaft braucht keine kalten Beobachter und auch keine gefühlvollen „Sympathisierenden“, sondern leidenschaftliche und aufrechte Teilnehmer am großen Aufbau! Man darf nicht passiver Zeuge dessen sein, wie der Palast des menschlichen Glücks wächst, und man darf nicht hoffen, daß man irgendwie verstohlen in das fertige Gebäude hineinschlüpfen kann, nur deshalb, weil man in der Epoche lebt, in der die große Revolution geschah.

Nikolai Ostrowski

Verlag Neues Leben Berlin, 1977
buchclub 65

20 Juli 2021

Rosmarie Mann: Johann Sebastian Bach – Harmonie und Kontrapunkt


 Kaum ein anderer Komponist war derart produktiv und zugleich ehrgeizig in seinem Schaffen, so eigenwillig und unbequem seinen Mitmenschen, vor allem den Brotherren gegenüber, so geradlinig und treu seinem als wahrhaft und einzig redlich empfundenen Musizierstil verpflichtet und gerade darum Bahnbrecher einer sehr eigenen, doch stark den traditionellen Elementen verhafteten Musikrichtung – Johann Sebastian Bach.

Als Vater von zwanzig Kindern, von denen ihn allerdings nur neun überlebten, litt er ständig unter existentiellen Nöten, die seine Schaffenskraft geradezu herausforderten. In manchen Jahren war allsonntäglich ein neues Werk zur Aufführung zu bringen, unabhängig vom jeweils eigenen Befinden! Aus dem einstigen Currendesänger entwickelte sich rasch ein überaus begabter, virtuos spielender Organist und Kantor, der schon bald zum Fürstlichen Konzertmeister und später ehrenhalber zum Sächsischen Kurfürstlich-Königlichen Hofcompositeur avancierte.

Sein von den Konflikten eines emanzipierten Bürgerlichen, der seiner Zeit tief verhaftet und ihr doch um so vieles voraus war, geprägtes Leben wird in dieser Biografie eindringlich und anschaulich dokumentiert.

Verlag Neues Leben Berlin, 1988

Hans Henny Jahnn: Dreizehn nicht geheure Geschichten


 Hans Henny Jahnn (1894-1959), Erzähler, Dramatiker, Essayist, Verleger, Orgelbauer von Weltruf, einer der eigenwilligsten und umstrittensten Dichter des 20. Jahrhunderts, bringt in diesen Erzählungen (1954) unverkennbar seine Lebenserfahrungen zur Sprache: Schicksale aus seiner zeitweiligen Wahlheimat Norwegen, das Erlebnis der Glaubensgemeinde Ugrino, sein Engagement für die Kunst des Orgelbaus. Immer sind es die Pole Schöpfung, Liebe, Natur, Sein, Schicksal, Tod, immer geht es dem Schriftsteller darum, den Menschen jenen Reichtum kreatürlich-sinnlichen Erlebens zurückzugewinnen, der in einer vom zweckrationalen Denken beherrschten Welt verlorengegangen sei.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1987
Belletristik

Brecht: Ein Lesebuch für unsere Zeit


 Ausschnitt

Ist ein Stück wie „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ nach der Vertreibung der Gutsbesitzer bei uns noch aktuell?

Es gibt eine liebenswerte Ungeduld, die auf dem Theater jeweils nur den letzten Stand der Dinge in der Wirklichkeit gestaltet haben will. Warum sich bei einem Gutsbesitzer aufhalten? Sind die Gutsbesitzer nicht vertrieben? Warum einen Proleten wie Matti zeigen? Gibt es nicht jetzt schon aktive Kämpfer? Die Ungeduld ist liebenswert, aber es ist falsch, ihr nachzugehen. Warum kann „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ noch als aktuell angesehen werden? Weil man nicht nur aus dem Kampf lernt, sondern auch aus der Geschichte der Kämpfe. Weil die Ablagerungen überwundener Epochen in den Seelen der Menschen noch lange liegen bleiben. Weil im Kampf der Klassen der Sieg auf einem Kampfplatz ausgenutzt werden muß zum Sieg auf einen andern und die Lagen vor dem Sieg ähnliche Züge aufweisen können. Weil das Leben der von ihren Unterdrückern Befreiten eine Zeitlang schwer sein mag wie das aller Pioniere; denn sie haben das System der Unterdrücker gegen ein neues auszuwechseln. Diese und andere Argumente können für die Aktualität von Stücken wie „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ vorgebracht werden.

Bertolt Brecht




Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1967

Brigitte Reimann: Ankunft im Alltag


 Das Internat mit den Rosenbeeten um die Burg und mit dem freundlichen Lehrer Kramer hat sie verlassen, und voll Sehnsucht denkt sie daran zurück, als sie in der Stadt ankommt. Unruhig und ein wenig beklommen, weil sie so allein ist, steht sie auf dem Bahnsteig. Wird ihr die neue Welt des Kombinats mit seinen Kühltürmen und Kränen und riesigen Anlagen je vertraut werden? Und wird sie mit den Arbeitern leben können; die im Kombinat sollen rohe und schlimme Kerle sein?

Und dann sieht Recha die anderen Abiturienten: den forschen, redegewandten Curt und den schweigsamen Nikolaus, nun fühlt sie sich nicht mehr so allein.

Erregend und fremd ist der Alltag, der sie erwartet, erregend und fremd wie die Liebe, die sie hier zum erstenmal erfährt. Aber sie ist entschlossen, nicht zu kapitulieren, nicht vor dem verwirrenden Gefühl, das sie zwischen Curt und Nikolaus schwanken läßt, und nicht vor den Aufgaben und Eindrücken, die sie bedrängen.


Buchgemeinschaft der Freien Deutschen Jugend im Verlag Neues Leben, 1961



Maria Nurowska: Das Mädchen im Elfenbeinturm


 Es ist nicht leicht für Anka. Ihr Leben wird von ihrer Herzkrankheit bestimmt. Bei ihr läuft alles langsamer ab. Strengt sie sich an oder regt sie sich auf, wird das in der Regel sofort mit einem Anfall bestraft. Es gäbe eine Möglichkeit, dem ein Ende zu machen; eine Herz-Operation soll ihr helfen. Aber die Eltern sind noch dagegen. Besonders ihre Mutter ist übervorsichtig mit ihr. Hat ihr eigenes Selbst aufgegeben.

Als Anka Marek kennenlernt und sie Freunde werden, klappt das ganz gut, solange Marek nichts von ihrer Krankheit weiß. Doch eines Tages kommt er dazu, nachdem sie einen Anfall hatte und sich ein alter Mann um sie kümmerte. Seitdem sehnt Anka die Operation herbei.

Als ihre Mutter für einige Zeit ins Ausland verreist, ist das ihre Chance. Gemeinsam mit Marek tüftelt sie einen Plan aus…

Ich habe keine Erinnerung mehr daran, ob mich das Buch damals als Jugendliche vom Hocker gerissen hat. Heute tat es das nicht. Das Spannendste waren die Tochter-Vater-Gespräche. 

Verlag Neues Leben Berlin, 1985

Maxim Gorki – Stefan Zweig: Briefwechsel


 Maxim Gorki (1868-1936) und Stefan Zweig (1881-1942), der große sozialistische Realist und der aufrechte bürgerliche Humanist, haben über ein Dutzend Jahre einen Briefwechsel geführt, der in Gorkis ausgedehnter Korrespondenz mit ausländischen Kollegen zu den nach Umfang und Gehalt bedeutsamsten gehört. „Wir haben niemanden in der deutschen Literatur, der diese Unmittelbarkeit der Wahrheit hätte… Ihre Unmittelbarkeit ist für mich einzig: selbst Tolstoi hatte nicht diese Natürlichkeit des Erzählens. Wie liebe ich Ihre Bücher! Wie ehre ich Ihre menschliche Haltung…“, schrieb Zweig. Und Gorki antwortete: „… die zweite Novelle jedoch erregte mich bis in die Tiefe meines Herzens durch ihren ergreifend aufrichtigen Ton, durch ihre übermenschliche Zartheit im Verhältnis zur Frau, die Originalität des Themas und durch jene magische Darstellungskraft, die nur dem wahren Künstler eigen ist. Als ich diese Novelle las, lachte ich vor Freude – so schön haben Sie das gemacht!“ Als noble Zeugnisse gegenseitiger Wertschätzung stehen diese Briefe hier.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1973
Biografien und Dokumente, Briefe