28 Oktober 2023

Brüder Grimm: Aschenputtel

Einem reichen Manne, dem wurde seine Frau krank, und als sie fühlte, daß ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach: „Liebes Kind, bleib brav und gut, so werde ich auch nach dem Tode bei dir sein und dir helfen.“ Darauf tat sie die Augen zu und verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und weinte und blieb brav und gut. Als der Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das Grab, und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.
Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und weiß von Angesicht waren, aber garstig und schwarz von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. „Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen“, sprachen sie, „wer Brot essen will, muß es verdienen: Hinaus mit der Küchenmagd.“
Sie nahmen ihm seine schönen Kleider weg, zogen ihm einen grauen alten Kittel an und gaben ihm hölzerne Schuhe. „Seht einmal die stolze Prinzessin, wie sie geputzt ist!“ riefen sie, lachten und führten es in die Küche. Da mußte es vom Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor Tag aufstehen, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen. Obendrein taten ihm die Schwestern alles ersinnliche Herzeleid an, verspotteten es und schütteten ihm die Erbsen und Linsen in die Asche, so daß es sitzen und sie wieder auslesen mußte. Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte, kam es in kein Bett, sondern mußte sich neben den Herd in die Asche legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel. Es trug sich zu, daß der Vater einmal in die Messe ziehen wollte, da fragte er die beiden Stieftöchter, was er ihnen mitbringen sollte. „Schöne Kleider“, sagte die eine, „Perlen und Edelsteine“, die zweite.
„Aber du, Aschenputtel“, sprach er, „was willst du haben?“
„Vater, das erste Reis, das Euch auf Euren Heimweg an den Hut stößt, das brecht für mich ab.“

Illustrationen von Gerhard Lahr
mit Bastel-Beilage

Verlag Karl Nitzsche, Niederwiesa
(Lizenz des Kinderbuchverlag, Berlin)

1. Auflage 1987
2. Auflage 1988
3. Auflage 1989
4. Auflage 1990  

27 Oktober 2023

Hannes Hüttner: Eine Uhr steht vor der Tür

Eines Tages klingelte es bei uns, ich öffnete, da stand eine Uhr, eine uralte Uhr, stand und ging, das heißt, sie warf ihr Pendel hin und her, machte „tack“ und „tack“ und „tack“ und stand da; es war eine Standuhr. Sie war groß, größer als ich. Auf dem Zifferblatt hatte sie, dort, wo sonst die Drei und die Neun aufgemalt sind, zwei Augen. Sie rollte die Augäpfel im gleichen Takt mit dem Pendel nach rechts und nach links. Man hatte den Eindruck, als schiele sie fortwährend in die Zimmerecke.
Sie sprach: „Ich wünsche eine frohe dritte Stunde!“
„Wie bitte?“ fragte ich verdutzt.
„Es hat gerade zwei Uhr geschlagen", erläuterte sie, „und nun wünsche ich eine angenehme Zeit bis drei!“
Vielen Dank", erwiderte ich, „ganz meinerseits, kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Ich komme vom Lande", sagte sie, „und suche eine Stellung in der Stadt. Haben Sie Verwendung für eine Uhr?“
„Aber ja!“ rief ich erfreut aus. „Welch ein Zufall! Gerade heute morgen ist uns der Wecker heruntergefallen. Können Sie denn wecken?“
„Vielleicht so?“ fragte sie und holte tief Luft.
„Nicht schlagen“, rief ich, „meine Frau schläft!“
Sie atmete vorsichtig aus. Ich winkte ihr, und sie betrat auf den Spitzen ihrer Holzfüße die Wohnung und sah sich um. Unser Hund folgte ihr mißtrauisch.
Wir einigten uns auf einen Platz im Flur, gleich gegenüber der Küchentür. Sie trat einige Male hin und her, dann stand sie, eine uralte braune Uhr, ganz aus Holz geschnitzt, ......

Inhalt
  5 ..... Eine Uhr steht vor der Tür
13 ..... Drei Minutenmärchen
21 ..... Mine Mane kauft Sprüche

Illustrationen: Albrecht von Bodecker
Für Leser von 7 Jahren an

Verlag Junge Welt, Berlin

1. Auflage 1978
2. Auflage 1980

16 Oktober 2023

Bernt Karger-Decker: Ärzte im Selbstversuch – Ein Kapitel historischer Medizin


Ein erregendes Kapitel aus der Geschichte der Medizin bildet den Inhalt dieses Buches, Größe und oft Tragik sprechen aus der Leistung und dem Schicksal der Ärzte, die Versuche am eigenen Körper vornahmen, um den Geheimnissen gefährlicher Infektionskrankheiten wie auch physiologischen Vorgängen auf die Spur zu kommen. Unter Einsatz ihrer Gesundheit, ja ihres Lebens haben sie zum Fortschritt der medizinischen Wissenschaft beigetragen und damit der ganzen Menschheit gedient. Der Leser wird bekannt gemacht mit der ersten Anwendung der Narkose und der Anästhesie, mit dem Kampf gegen die Cholera, das Gelbfieber, die Kinderlähmung und die Syphilis, mit der Erforschung des Verdauungsvorgangs, mit den ersten Versuchen der Lichtbehandlung, mit der Erprobung von Giften, mit Kneipps Wasserkur, mit der Erfindung des Herzkatheters und mit Anfängen der Zellulartherapie. Die vom Verfasser bevorzugte lockere Art der Darstellung, vereint mit der im Gegenstand liegenden Spannung und der gleichzeitien Vermittlung medizingeschichtlicher Kenntnisse, verleiht dem Buch seinen besonderen Reiz

„Der Autor hat sich mit seinen Büchern ärztlicher Thematik bereits einen guten Namen gemacht, seine publizistischen Arbeiten sind sehr rasch im Buchhandel vergriffen. Das rührt nicht zuletzt daher, daß Karger-Decker interessanten Stoff spannend und flüssig darzustellen weiß, daß seine wissenschaftlichen Angaben eingehenden Prüfungen standhalten.“
Norddeutsche Zeitung

„..... Es ist ein weites Feld, und der Autor hat die anschaulichsten und markantesten Beispiele ärztlicher Selbstversuche herausgegriffen.“
Liberal-Demokratische Zeitung

„Nicht nur dem medizinisch interessierten Leser wird hier etwas Besonderes geboten; das humanistische Anliegen, das Leben zu schützen und zu erhalten, ist der Grundtenor des Buches.“
Mitteldeutsche Neueste Nachrichten

Inhalt
    7 .....Der Triumph des Doktor Morton
  27 .....Kokain ins Rückenmark
  50 .....Geheimnisse einer Magenfistel
  68 .....Pettenkofers Cholera-Cocktail
  89 .....Vier gegen den Gelben Tod
111 .....Die abenteuerlichen Experimente des „Lichtdoktors“
133 .....Sebastian Kneipps Wasserkur
155 .....Jan Evangelista Purkyně
180 .....Sie verkosteten Gift
203 .....Alter Mann wird wieder jung
220 .....Die Sonde ins eigene Herz
241 .....Salk und Sabin contra Polio
261 .....Im Banne der Syphilis
285 .....Ärztliche Selbstversuche heute noch sinnvoll?
291 .....Biographische Daten
306 .....Benutzte Literatur
313 .....Verzeichnis der Tafeln
 
Koehler & Amelang, Leipzig

1. Auflage 1965
2. Auflage 1967
3. Auflage 1969
4. Auflage 1975
5. durchges. Auflage 1981

12 Oktober 2023

Fritz Meyer-Scharffenberg: Die Jahre mit Per

Die Jahre mit Per, das sind entscheidende Jahre für Johanna Olsen. Was ihr einst Zukunft, Sicherheit und Glück bedeutete, ist zerstört: Ihr Mann, der norwegische Maler Ole Olsen, dem sie in die Emigration gefolgt war, fiel im Widerstand. Johanna gelingt die Flucht über die Grenze nach Schweden. Hier bringt sie ihren Sohn Per zur Welt, arbeitet als Magd, lebt unter Holzfällern im hohen Norden und unter Geschäftemachern.
Mit Per beginnt Johannas „zweites Leben“. Aber nicht unter Fremden will sie es sich aufbauen. Sie kehrt mit Per nach Kriegsende in ihre Heimat zurück. Doch das ist nicht mehr die erinnerungsverklärte mecklenburgische Stadt. Etwas Neues entsteht hier, und Johanna muß sich entscheiden. Sie macht sich diese Entscheidung nicht leicht. Als sie nach langem Suchen endlich weiß, daß sie bleiben wird, ist ihr bewußt, daß sie auch für die Zukunft ihres Sohnes Per entschieden hat.
Johanna wird Neulehrerin, dann Direktorin der kleinen Landschule in Basserow und wächst mit ihren Aufgaben. Dabei wird ihr Per zum Symbol für die eigene Kraft, mit der sie ihr Leben meistert.
Vielfältig sind die Fäden, die dieses Buch mit dem erfolgreichen Roman „Die Liebe der Johanna Olsen“ verknüpfen. Vertraute Menschen in vertrauter Landschaft auch hier, Konflikte, Schicksale, Charaktere, die Fritz Meyer-Scharffenberg überzeugend gestaltet.

Schutzumschlag und Einband: Gerhard Milewski

Buchverlag Der Morgen, Berlin

1. Auflage 1972
2. Auflage 1973
3. Auflage 1974
4. Auflage 1975

10 Oktober 2023

Mit Willen dein eigen - Braut- und Ehebriefe aus zwei Jahrhunderten

"Daß zwei sich herzlich lieben" ist das Thema dieser Sammlung von Braut- und Ehebriefen. Bedeutet sie etwas Neues? Ist die Sprache der Liebenden nicht zu allen Zeiten die gleiche? Diese Briefe wurden geschrieben von Gelehrten und Dichtern, Theologen und Erziehern, Musikern, Malern und Menschen praktischer Berufe aus älterer und jüngster Zeit. Sie alle - und das ist der besondere, verbindende Gedanke dieser Auswahl - erkennen in ihrem Lebensgefährten den Menschen, der ihnen von Gott an die Seite gestellt wurde. Ehe ist für sie mehr als nur liebendes Miteinander, sie ist geistliche Gemeinschaft vor Gott. Diese Gemeinschaft bewährt sich im Überschwang des Sichfindens und im alltäglichsten Alltag, in den hellen wie den dunklen Stunden des gemeinsamen Lebens. Sie macht bereit, auch die Fehler und Schwächen des anderen mitzutragen, und erfährt in diesem Bemühen das Wachsen gegenseitiger Liebe. Zeiten schwerer Schicksalsschläge werden überwunden im untrügbaren Wissen, von den Gebeten des Gefährten umgeben zu sein. Nicht alle Briefe sprechen das so offen aus, aber man spürt, es wird mit Gott gerechnet.

Es werden keine Idealgestalten von unerreichbarer Größe vorgestellt; gerade ihr tief menschliches Empfinden macht sie so wahrhaftig. Das Nacherleben der Regungen ihrer Herzen, ihrer Erfahrungen und Entscheidungen führt den Leser überdies an die Erkenntnis Reinhold Schneiders heran: "Es ist keine andere beschwichtigende, bindende Liebesgewalt auf der Erde als die des Herrn; niemals sind Menschen auf erlösende Weise verbunden, es sei denn durch Ihn als den dritten, der zwischen ihnen steht, für den sie leben und in dem sie sich begegnen."

Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1970

Vertrieb in Westdeutschland und Westberlin nicht gestattet

 

Peter Abraham: Meine Hochzeit mit der Prinzessin

In der Phantasie hatte ich mindestens hundertmal geheiratet, und dabei war mir die Spucke niemals weggeblieben. Jetzt war mir der Mund trocken. Aus dem Spiel wurde Ernst, und für Christel und mich würde sich viel verändern.


Verlag Neues Leben Berlin
1972
3. Auflage 1975

Illustrationen von Manfred Bofinger

 




Joachim Ringelnatz: Mein Herz im Muschelkalk - Gesammelte Gedichte

"Ringelnatz gab sich schwer", schrieb der Schauspieler Paul Wegener im Dezember 1935 über den ein Jahr zuvor verstorbenen Freund, "er war verschlossen und spröde, wie es überzarte Menschen meistens sind... Und diese selbe zarte Seele dichtete den wüsten 'Kuttel Daddeldu und die Seemannsbraut' usw. und stand, die Flasche in der Hand, auf den Kabarettbühnen?"

Was hier fragend und bewundernd konstatiert wird, ist jene seltsame Einheit anscheinend unvereinbarer Dinge, die das Werk von Joachim Ringelnatz so einzigartig und eigenartig macht. Knallige Situationskomik, Ernst, Scherz, Parodie, Wehmut und Melancholie und ein durch keinerlei Konvention eingeengter kindlicher Spieltrieb vereinen sich zwanglos in der poetischen Welt jenes Mannes, der auf den Kabarettbühnen der Weimarer Republik zu Hause war und dessen lyrisches Werk in der vorliegenden großzügigen Ausgabe Würdigung erfährt.


Eulenspiegel Verlag Berlin 1986

 

09 Oktober 2023

Max Frisch: Stücke

Max Frisch (geb. 1911 in Zürich) brach 1933 sein Germanistikstudium ab, um als Journalist zu arbeiten. 1936-1941 studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule seiner Vaterstadt Architektur und war danach zehn Jahre als Architekt und zugleich Schriftsteller tätig, bis er sich ganz der Literatur verschrieb. Schon früh hatte er Prosa veröffentlicht. Weltberühmt wurde er durch seine Theaterstücke, darunter "Nun singen sie wieder" (1945), der Versuch eines Requiems auf die Toten des zweiten Weltkriegs; die Moritat "Graf Öderland" (1951/1961); das Lehrstück ohne Lehre "Biedermann und die Brandstifter (1958) und "Andorra" (1961). Die bedeutendsten Prosabände: "Tagebuch 1946 bis 1949", "Stiller" (1954), "Homo Faber" (1957) und "Mein Name sei Gantenbein". Von Brecht beeinflußt (wenn auch ohne dessen Überzeugung von der Wirkungskraft des dichterischen Wortes), ficht er die sklavische Abhängigkeit des Menschen von den Umständen an, fördert er den Glauben an die Veränderlichkeit der Welt.

Reclams Universal-Bibliothek
Dramatik

Willi Bredel: Maschinenfabrik N&K

Ein Betrieb wie viele ist die Maschinenfabrik N. & K.: Profit wird groß geschrieben, der Betriebsrat tanzt nach der Pfeife der Direktion - alles wäre in schönster Ordnung für die Chefs, gäbe es nicht den Dreher Alfred Melmster, den Hobler Hans, die Stenotypistin Dora Timm und ihre Genossen, die ihnen einen Strich durch die Rechnung machen und zeigen, was Arbeitersolidarität vermag.

Willi Bredel schöpfte aus eigenem Erleben, als er diesen Roman, seinen ersten, im Jahre 1930 hinter den Mauern der Festung Bergedorf niederschrieb.


Dietz Verlag Berlin 1960

rdr Rote Dietz-Reihe

 

Gerti Tetzner: Maxi

Als Maxi kein kleines Mädchen mehr und noch kein großes war, passierte ihr eine merkwürdige Geschichte. Sie wollte sie jemand erzählen. Aber die Mutter lächelte schon nach ihren ersten Worten, als erzählte Maxi einen verrückten Traum, an den man nicht lange denkt. Hast du schon Hausaufgaben gemacht? fragte sie mittendrin? Und Jörg, Maxis Klassenkamerad und Freund, lachte rundheraus. Du spinnst ja!
Daß Maxi sich manchmal mit dem Großen Geist unterhielt wie mit einem alten weisen Freund, der alles wußte und vieles konnte, oder mit dem Bach, der von weit her aus dem Gebirge bis zur Dusche in ihre Küche kam, war für sie nichts Besonderes. Ob ihr deshalb keiner die Geschichte glaubte?

Der Kinderbuchverlag Berlin

3. Auflage 1981

Illustrationen Albrecht von Bodecker
Buchfink Bücher
ab 8 Jahre
 

06 Oktober 2023

Fred Wander (Hg.): Maxie Wander: Tagebücher und Briefe

 "Meine Eltern sagten immer: Du darfst nichts tun und nichts sagen, was du nicht ehrlich meinst. Sie haben mich gegen die Heuchelei erzogen", sagt die Rosi in Maxie Wanders erstem Buch "Guten Morgen, du Schöne". Es sind Maxie Wanders eigene Gedanken, die hier zum Ausdruck kommen. Sie war eine unbequeme Zeitgenossin, "unbequem", weil unbestechlich und von Zorn erfüllt über die Korruptheit, das Konsumdenken, das blinde Sichfügen und Resignieren vieler Menschen in unseren Reihen. Daß sie auch bei kleinen Anlässen gern "auf die Barrikaden" ging und offen ihre Meinung sagte, brachte sie häufig in Konflikte, ließ sie auch unsachlich werden, was die meisten Freunde und Genossen, die sie kannten, an ihr mochten und tolerierten, denn sie war uneigennützig in ihrer Kampfbereitschaft bis zur Selbstverleugnung.
Maxie Wander ist 1933 in Wien geboren, Kind einer Arbeiterfamilie, und aufgewachsen in Hernals, einem der "roten" Vorstadtbezirke Wiens. Ihr Denken und Handeln wurde geprägt von der Solidarität der Bewohner der "Gemeindehäuser" unter dem Terror der Nazizeit. Die entscheidenden Erlebnisse ihrer Kindheit spiegeln sich auch im Buch wider. Ihre Eltern wie auch andere Mitglieder der Familie arbeiteten illegal für die kommunistische Partei Österreichs, ein Fakt, der den Kindern bis 1945 verborgen bleiben mußte, sie jedoch fürs Leben vorbereitet hat. Der kämpferische Geist der dreißiger Jahre (aus der Zeit der Illegalität) hat Maxie Wander nie verlassen, ihre "Tagebücher und Briefe" bezeugen es.

Buchverlag Der Morgen Berlin, 7. Auflage 1984


Maxie Wander hat sich, auch über die Grenzen unseres Landes hinaus, einen Namen gemacht mit ihren Frauenporträts "Guten Morgen, du Schöne". Ihre seltene Begabung bestand darin, andere zu bewegen, bisher Ungewußtes und Unausgesprochenes, Verdrängtes und Tabuisiertes zur Sprache zu bringen. Mit welcher Konsequenz sie selbst dazu fähig war, zeigen ihre "Tagebücher und Briefe": intimste Äußerungen, die in ihrer menschlichen Ausstrahlung deshalb besonders berühren, weil sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
Maxie Wander starb vierundvierzigjährig an Krebs. Mit den aus dem Nachlaß zusammengestellten Aufzeichnungen wird dem Leser nach den Frauenprotokollen das Selbstprotokoll der Autorin in die Hand gegeben. Die Auskünfte der Maxi Wander, so persönlich sie sein mögen, sind mehr als die Geschichte einer Kranken, die nicht kapitulieren wollte. Ihre Fragen nach menschlicher Verantwortung und Moral treffen zentrale Momente unserer Existenz. Zwischen Selbstzweifel und Hoffnung äußern sich ein ungebrochenes Interesse an der Welt und den Menschen, Trauer über gezähmte Ansprüche, Empörung über freiwillige Unmündigkeit, eine starke ursprüngliche Lebensbejahung. Dieses Buch, in dem Krankheit und Tod den Maßstab zur Bewertung des Lebens setzen, ist eine Herausforderung an uns.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
3. Auflage 1990
bb


Charles Perrault: Märchen

"Es war einmal ein Ritter, der besaß viele Häuser in der Stadt und viele Schlösser auf dem Lande und silbernes und goldenes Tafelgeschirr und Möbel voll kostbarer Stickereien und vergoldete Karossen und Kassen voll Geld." Dennoch war es nicht einfach für ihn, eine Frau zu finden; er hatte nämlich neben all seinen Reichtümern etwas sehr Ungewöhnliches: einen blauen Bart.
Neben dem Märchen vom Ritter Blaubart enthält diese Auswahl eine Anzahl anderer, von denen manche dem Stoff nach bei uns bekannt sind, zum Beispiel "Der gestiefelte Kater" oder "Der kleine Däumling".

Der Kinderbuchverlag Berlin
ATB
 

Manas, der Hochherzige - Kirgisisches Heldenepos

Von Volkssängern jahrhundertelang weitergegeben, ist das MANAS-Epos etwa 1000 Jahre alt. 

"In uralten Zeiten. als es noch geflügelte Pferde gab und Tiere, die die Sprache der Menschen verstanden, erschienen Fremde im Bergland des Altai. Kirgisen waren es, vertrieben aus ihrer Heimat Turkestan."

Von diesem tapferen Volk erzählt das MANAS - Epos.

Verlag Volk und Welt, Berlin 1974

 

Egon Erwin Kisch: Marktplatz der Sensationen

Egon Erwin Kisch ist kein rasender Reporter; das ist ein Spitzname, den er sich nicht ohne Selbstironie gegeben hat; er ist ein gewissenhafter und gründlicher Berichterstatter. Was ihn aber zum vorzüglichen Schriftsteller macht und seine Berichterstattungen zu literarischen Werken, ist - der Materialist Kisch möge es mir nachsehen - die Gnade, die Gnade des echten Schriftstellers, die darin besteht, daß man die Wirklichkeit beschreibt, ohne die Wahrheit zu verletzen; daß man trotz der dokumentarischen Wirklichkeit nicht versäumt, die Wahrheit zu sagen. Diese Fähigkeit allein ist es, die Egon Erwin Kisch eine ganz besondere, ich möchte fast sagen, einmalige und einzige Bedeutung gibt.

Joseph Roth, 1935

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1981

TdW - Taschenbuch der Weltliteratur
Nachwort: Fritz Hofmann

 

04 Oktober 2023

Wladimir Korolenko: Makars Traum und andere Erzählungen

In einer Traumgeschichte erleben wir, wie der alte jakutische Bauer Makar sich in der Taiga verirrt, erfriert und nach seinem Tode vor den göttlichen Thron geführt wird, um dort Rechenschaft abzulegen. Er tut es, halb zaghaft, halb gewitzt, versucht noch Vorteile für sich herauszuschlagen. Doch sein Mogeln wird bemerkt, er wird streng gerügt und verurteilt. Und nun geschieht das Unglaubliche: Dem armen Teufel, der sein ganzes Leben lang alle Schläge und Ungerechtigkeiten ertragen hat, reißt der Geduldsfaden, er setzt sich mutig zur Wehr, klagt die irdische und göttliche Gerechtigkeit an - und die Waage senkt sich zu seinen Gunsten. Diese Gestalt verkörpert gewissermaßen das Schicksal und die Haltung der Bauern in allen Erzählungen Korolenkos.

Verlag der Nation Berlin
Aus dem Russischen von Cornelius Bergmann, Katharina Gilde, Julius Grünberg, Eckehard Jäkel, Arthur Luther, Günther Stein
Nachwort: Herbert Krempien
 

Carl Wilhelm Salice Contessa: Magister Rößlein - Vier romantische Märchen

Carl Wilhelm Salice Contessas Freundschaft mit den um E. T. A. Hoffmann gescharten Serapionsbrüdern hat seinen Namen einer Nachwelt erhalten, die vom Werk dieses romantischen Dichters kaum etwas kennt. Die zu Lebzeiten erfolgreichen Lustspiele sind mit Recht der Vergessenheit anheimgefallen, während vielen seiner Märchen und Erzählungen der Staub zweier Jahrhunderte kaum etwas anhaben konnte. Ungetrübt leuchten sie auf im Glanz phantastischer Begebenheiten und in der Fülle humorvoller Episoden. Entstanden zu Vergnügen und Belehrung der Kinder im Freundeskreis und mit den Märchen der anderen Serapionisten in einem Almanach veröffentlicht, erreichten weder "Das Gastmahl" noch "Das Schwert und die Schlangen" den Ruhm ihres großen Nachbarn "Nußknacker und Mäusekönig", blieben aber bis heute anmutige und ergötzliche Proben überströmender Fabulierkunst. Der tragische Zwiespalt in der Seele eines Künstlers - ein oft gewähltes Thema romantischer Dichtkunst - wird in der Erzählung vom "Meister Dietrich" effektvoll gestaltet. Und wie der arme, gedemütigte Magister Rößlein dem Teufel entwischt und ihm überdies alle Plagen mit seinem zänkischen Weibe aufhalst, das könnte einem der deutschen Schwänke oder Volksbücher entnommen sein, die von den Romantikern gerade neu entdeckt wurden.
Mit dieser Auswahl wird das Schaffen eines Autors vorgestellt, dessen Persönlichkeit und dessen Talent bei den Großen seiner Zeit Anerkennung fanden. In der Gestalt Sylvesters charakterisiert E. T. A. Hoffmann seinen Freund Contessa so: "Setzt sich Sylvester hin und faßt das innere Gebilde in Worten, so treibt ihn gewiß ein unwiderstehlicher Drang dazu an. Er schreibt gewiß nichts auf, das er nicht wahrhaft in seinem Innern empfunden, geschaut, und schon deshalb muß er unter uns sein als wahrer Serapionsbruder."

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1981

bb-Reihe Nr. 472

Lene Voigt: Mally der Familienschreck - Satiren, Gedichte und noch mehr

Lene Voigt - vor allem bekannt als sächsische Mundartdichterin. Sehr populär - "Säk'sche Balladen".

Aber sie erwies sich auch als Kämpferin, als 1936 alle ihre Bücher verboten wurden:


Trutzlied

Schicksal, komm an!
Kriegst uns nicht tot.
Wer etwas kann,
wächst in der Not.

Doppelte Kraft
Gibt die Gefahr
Zweifach geschafft,
Bannt schlimmes Jahr.

Sturmwind, nur her!
Kommst uns grad recht.
Machst uns noch mehr
Klar zum Gefecht.


Lene Voigt

 Verlag Tribüne, Berlin 1987

01 Oktober 2023

Günter Görlich: Die Chance des Mannes

Ein Telegramm liegt auf dem Tisch. Der Ratsvorsitzende aus einer Kreisstadt, Wolfgang Weiß, bittet den Historiker Klaus Karras in Berlin um eine Unterredung. Nichts Ungewöhnliches, so scheint es, aber Karras und Weiß haben sich seit fast zwanzig Jahren aus den Augen verloren. Das Telegramm gibt Karras Rätsel auf und weckt Erinnerungen.
Als Weiß dann vor ihm sitzt und ihm bekennt, daß seine Frau Monika ihn plötzlich ohne klare Gründe verlassen hat, fühlt Karras sich wieder, obwohl er sich innerlich dagegen wehrt, einbezogen in das Schicksal dieser beiden Menschen, denen er einmal freundschaftlich verbunden war. Und er verspricht Weiß, ihm zu helfen. Wie die Hilfe aussehen könnte, ist Karras noch nicht klar. Welchen Problemen wird er begegnen? Wie steht es um die Frau, die Haus und Familie aufgab? Wie steht es um den Mann?

Schutzumschlag und Einband: Bernd Haak

Verlag Neues Leben, Berlin

1. Auflage 1982
2. Auflage 1983
3. Auflage 1984
4. Auflage 1985
5. Auflage 1986
6. Auflage 1987

auch erschienen
1984 im Buchclub 65

Małgorzata Musierowicz: Celestyna oder Der sechste Sinn

Celestyna, sechzehn Jahre alt, erscheint wie geschaffen, um für andere die Arbeit zu machen. Keiner nämlich kann so gut wie sie kochen, abwaschen, ein Baby trockenlegen oder der faulen Danka beim Lernen helfen. So bleibt ihr wenig Zeit, an sich selbst zu denken, dabei hätte sie doch genug eigene Probleme: Wie steht sie eigentlich zu dem Bärtigen, der sie ins Kino einlädt? Und warum behandelt ihr Klassenkamerad Jerzy sie so abweisend, ist er ihr wirklich böse, oder steckt etwas anderes dahinter?
Celestynas Pflichten nehmen immerfort zu, und überdies hat sie seit kurzem nirgendwo in der überfüllten Wohnung mehr ein Fleckchen für sich. Schließlich aber kommt ihr ein genialer Einfall, durch den sich mit einem Schlage alles verändert...

Aus dem Polnischen von Roswitha Buschmann
Originaltitel: Szósta klepka
Erschienen im Verlag Nasza Księgarnia, Warschau 1977

Einband und Illustrationen von Angelika Rößler

Der Kinderbuchverlag, Berlin

1. Auflage 1983
2. Auflage 1985

Marianne Lange-Weinert: Mädchenjahre

Janne, die Tochter Erich Weinerts, muß mit ihren Eltern das faschistische Deutschland verlassen. Ihr Weg geht vom behüteten Leben im Haus mit der Sonnenuhr um die halbe Welt, bis sie die Heimat wiederfindet.

Von den Jahren dazwischen, den Mädchenjahren, wird erzählt. Marianne lebt in dieser Zeit in der Schweiz, in Frankreich und in der Sowjetunion. Sie erlebt an der Seite ihrer Eltern all das Bedrückende der Emigration, aber auch das große Gefühl der Gemeinschaftlichkeit mit den Freunden des Vaters, die auch ihre Freunde sind.


Der Kinderbuchverlag Berlin 1987

ATB-Buch Nr 26

ab 12 Jahre

 

Fritz Deubner: ... macht nach Adam Riese - Ein Lebensbild des großen Rechenmeisters Adam Ries

Die vorliegende Erzählung berichtet von dem alten Rechenmeister Adam Ries, dem "Rechenlehrer des deutschen Volkes". Wie dieser Praktikus vor über 400 Jahren rechnen lernte, das ist das Fundament des heutigen Rechnens. Seine "Practica" gilt als das klassische Rechenbuch.

Allerdings nennt man ihn heutzutage meist Adam Riese. Erfurt und Staffelstein haben eine Adam-Riese-Straße, Annaberg dagegen eine Adam-Ries-Straße. Zur Klärung sei bemerkt, daß er sich selbst, sowohl in seinen gedruckten Büchern als auch in seinen Handschriften, stets nur Adam Ries nennt. Auch in den alten Urkunden heißt es gemeinhin Adam Ries, allerdings in verschiedener Schreibweise: Ryesz, Ris, Ries, Riß, Rieß, Rihs. Vielleicht liegt eine Anlehnung des Eigennamens Ries an den landläufigen Gattungsnamen Riese vor, oder aber ein Eindringen der sächsisch-meißnischen Kanzleisprache mit ihrem Endungs-e.


Gebr. Knabe Verlag Weimar 1956

Illustrator: Hans Wiegandt 

 

Gerd Bieker: Mach's gut, Paul!

Eigentlich wollte er in den Winterferien lernen. Aber daraus wird nichts, denn er begegnet der kessen Bärbel, die seine Freundin wird, und dem Schriftsteller Häwel, der von ihm lernt.


Verlag Neues Leben Berlin 1980

Illustrationen: Bernd A. Chmura