28 März 2022

Hjalmar Söderberg: Doktor Glas

Hjalmar Söderberg (1869-1941) war einer der wenigen schwedischen Schriftsteller von Rang, die um die Jahrhundertwende die von Strindberg begonnene realistische Art der Gesellschaftsschilderung fortsetzten. Als einen "winzigen, aber hellen Strahl" in jener Zeit charakterisierte er selbst sein Werk in späten Jahren.

Wahrhaftigkeit in der Darstellung und ein klarer Ausdruck galten Söderberg als wichtigste Kriterien seines Schaffens. Schon im ersten Roman "Förvillelser" (1895) hatte er seinen Stil gefunden; die Maske des "Flaneurs" war angelegt, er begann seine eigenwilligen Attacken gegen bürgerliche Moral und Lebensart, die meist heftige Debatten auslösten und die Schmährufe der konservativen schwedischen Literaturkritik heraufbeschworen. Auch das in Tagebuchform angelegte Bekenntnisbuch "Doktor Glas" (1905) wurde von den Zeitgenossen verrissen: die Beschreibung des präzis geplanten Mordes an einem Geistlichen betrachtete man als gesellschaftlichen Eklat, wenn der Autor seinen Helden auch konsequent scheitern ließ und sich damit von dessen Tat distanzierte. Trotz vernichtender Kritiken überdauerte der Roman und gilt heute als das bedeutendste Werk Söderbergs.

Reclams Universal-Bibliothek Band 1214, 1. Auflage 1987
Aus dem Schwedischen von Helga Thiele

17 kongolesische Erzähler

 Die moderne kongolesische Prosa entstand vor wenigen Jahrzehnten, als die mündliche Weitergabe der Erfahrungen des Volkes und das aufgeschriebene Märchen nicht mehr ausreichten, um den Umbruch des Lebens in der jungen Volksrepublik Kongo literarisch mitzuteilen. Die Erzählung wurde neben der Lyrik und dem Straßentheater zu einem wichtigen Genre, mit dem die Autoren die Wandlungen im Alltag der sprunghaft sich entfaltenden Gesellschaft im Kongo erkundeten und der verändernden Kritik preisgaben.

Es geht in diesem Band um Geburt, Hochzeit und Tod, um Fetisch und Magie, um Partnerwahl und Großfamilie; um ganz Privates, aber auch um politisch brisante Themen wie Korruption, Doppelzüngigkeit und Mißtrauen der Macht bis hin zum Fußballwahn der Kongolesen, der sich in der satirisch überspitzten Darstellung zur Staatsaffäre steigert.

Die kongolesische Literatur steht heute zwischen dem Märchen und modernen weltliterarischen Einflüssen; Symbole und komplizierte Erzählweisen sind ihr nicht fremd. Dazwischen gibt es einfache realistische Bilder der Wirklichkeit, die spürbar werden lassen, daß hier eine Literatur im Entstehen begriffen ist, von der man noch mehr hören wird.

Verlag Volk und Welt Berlin



Fjodor M. Dostojewski: Der Traum eines lächerlichen Menschen

DOSTOJEWSKIS (1821-1881) kleine Prosawerke aus den Jahren 1862 bis 1877, die später von seinen großen Romanen überschattet wurden, helfen uns, Dostojewskis unermüdliche Suche nach "Erneuerung des untergegangenen Menschen" zu verstehen ... Der geschichtliche Ausgangspunkt aller dieser Tragödien ist die Enttäuschung über die Ergebnisse der bürgerlichen Revolutionen Westeuropas und über das Scheitern der utopischen sozialistischen Versuche, die Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft zu überwinden ...

Immer wieder gestaltete er, um die Wege und Irrwege seiner Epoche zu erforschen, innerlich gespaltene "Doppelgängertypen", die in verschiedenen Lebenssphären zwischen den Versuchungen des Macht- und Besitzstrebens und der Anziehungskraft humanistischer Ideale hin und her gerissen werden ... Der "lächerliche Mensch" wird aus einem nihilistischen "Untergrundmenschen" zum Propheten des "Goldenen Zeitalters", in dem die humanistischen Menschheitsideale verwirklicht sein werden. (Aus dem Nachwort.)

 Reclams Universal-Bibliothek Band 600, 1. Auflage 1976
Die Rechte an der Übersetzung von H. Röhl gehören dem Insel-Verlag Leipzig, die Rechte an der Übersetzung von W. Creutziger gehören dem Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
Text und Anmerkungen nach F. M. Dostojewskij, Der ewige Ehemann, Ausgewählte Prosa, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1971

24 März 2022

Paul Donath (Hrsg.): Wunderweiße Nacht - Lieder und Musiziergut

Um möglichst weiten Kreisen die folgende kleine Auswahl von Weihnachtsliedern zugänglich zu machen, werden sie in einem zweistimmigen Satz dargeboten, der zu einem dreistimmigen nach Belieben erweitert werden kann.

Die Melodie wurde grundsätzlich der Oberstimme überlassen. Meistens wurden die für das Volksliedsingen übliche Tonart und der mittlere Tonumfang gewählt. Die zweite Stimme folgt im wesentlichen dem volkstümlichen Brauch. Die dritte, die Baßstimme, kann nach Belieben hinzutreten oder wegbleiben. Eingeklammerte Wörter () im Text fallen für die Baßstimme aus.

Die Sätze lassen sich vokal oder instrumental, auch vokal-instrumental-gemischt musizieren. Die Stimmen können auf mehrere Instrumente verteilt oder vom Klavier allein wiedergegeben werden. Wird das Akkordeon herangezogen, so muß es als "Handorgel" gespielt werden, um den innigen Weisen gerecht zu werden, die auch im größten Jubel niemals lärmen. Das Akkordeon (und auch die anderen Instrumente) soll nicht ununterbrochen zu den Singstimmen spielen. Wo Akkordbuchstaben fehlen, mögen die Begleitinstrumente schweigen. Auftakte können meistens unbegleitet bleiben. Damit die Singstimmen ihren Einsatzton finden, mag ein kleines Vorspiel vorausgehen. Hierzu eignen sich oft die Schlußtakte gut. Wo hinter einem Klangbuchstaben "1" (E1) steht, soll nur der eine Ton, der Grundbaß, gespielt werden. Am besten spielen drei Akkordeons die Sätze mit verteilten Stimmen. Hierbei muß die Baßstimme häufig eine Oktave tiefer gespielt werden.

Die Lieder:

Lieblich leuchten tausend Sterne - Seite 32

Laße uns jubeln - Seite 33

Nun ist gekommen die lange Nacht - Seite 36/37

Schneeflocken wirbeln durch die Luft - Seite 47

Wind' den Kranz aus Tannengrün - Seite 48

Wenn Weihnacht ist - Seite 52

Es bellt der Hund - Seite 53

erscheinen mit freundlicher Genehmigung des Verlages Volk und Wissen, Berlin.

Das Lied:

Juchhe, juchhe, der erste Schnee - Seite 46

erscheint mit Genehmigung des Verlages Merseburger K.-G., Berlin.


VEB Friedrich Hofmeister, Musikverlag, Leipzig, 1958

Heinz Knobloch: Stäubchen aufwirbeln – Feuilletons

Dieses Buch enthält 99 Feuilletons. Das ist Zufall. Alles andere ist Absicht an diesen Lesestücken, die so kurz sind, dass einer lange darin lesen kann. Die Benutzer der fünf vorangegangenen Bücher haben sich an solches Leseverhalten gewöhnt und an Sätze wie: „Es gibt keine langweilige Aufgabe. Es gibt nur langweilige Lösungen.“

Knobloch gibt jede Woche der „Wochenpost“ ein Feuilleton. Und sie druckt es. Und deshalb heißt hier ein Kapitel „Brot, wöchentliches“. Man sieht, Knobloch hat viele, allzu viele Fragebogen ausfüllen müssen. Jetzt gibt er es ihnen. Jetzt gibt er es ihnen zurück, poetisch und ironisch, und schreibt sich ein persönliches Papier, das nach dem „vermeintlichen Aussehen“ fragt und mit „durchlässiger Kleidung“ antwortet, von „aufrichtenden Neigungen“ erzählt und „gewählten Angehörigen“, von der „zufälligen Herkunft“ – oder hast du dir Eltern, Vaterland und Nase etwa selbst ausgesucht, Leser?

Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 1974

 

Jutta Janke; Angelika Timm; Monika Zemke (Hrsg.): Erkundungen - 20 Erzähler aus Israel

Dieser Band will einen ersten gründlicheren Einblick in die literarische Landschaft Israels vermitteln, in eine historisch betrachtet sehr junge Literatur also, setzt man ihren Beginn mit der Staatsgründung 1948 an. Er will Einblick vermitteln in die komplizierte Wirklichkeit eines Landes, dessen Entwicklung sich im Schatten mehrerer Kriege vollzog und das immer noch einen mühseligen nationalen Formierungsprozeß durchläuft.

Die zwanzig Beiträge dieses Bandes spiegeln auf unterschiedliche Weise israelische Realität in all ihren Widersprüchen. Dabei kommen die Vertreter mehrerer Generationen zu Wort: Samuel Joseph Agnon (1888-1970) zum Beispiel, der 1966 für seine umfangstarke Prosa den Nobelpreis für Literatur erhielt, oder Mordechai Avi-Scha'ul (geb. 1898), ein hervorragender Nachdichter großer europäischer Lyrik, Mendel Mann (1916-1975), der seine Erzählungen und Romane in Jiddisch, der Sprache der osteuropäischen Juden, verfaßte, und der Arabisch schreibende Emile Habibi. Unter den Jungen, deren Werk sich durch Originalität und formale Vielfalt auszeichnet, sind es vor allem Abraham B. Jehoschua (geb. 1937) und Amos Os (geb. 1939), die das Antlitz der israelischen Literatur heute prägen.

Verlag Volk und Welt Berlin, 2. Auflage 1989
Aus dem Hebräischen, Jiddischen und Arabischen von Jacob Mittelmann, Eva Rottenberg, Rachel Stillmann, Angelika Timm, Hans Weigold, Monika Zemke
Mit einem Nachwort der Herausgeber
Worterklärungen am Schluß des Bandes
 

23 März 2022

Barbara Kühl: Til und der Körnerdieb


 Til ist stolz auf seinen Vater, den korrekten und geachteten Futtermeister der LPG. Doch eines Tages beobachtet er seinen Vater beim Diebstahl. Zwar ist es nur ein Eimer Futterweizen, aber für Til erhält die Welt einen Sprung: Kann ein guter Mensch Unrechtes tun, wird er dadurch zu einem schlechten Menschen? Diese erste Erzählung Barbara Kühls will keine Kriminalgeschichte sein, sondern dem Vertrauensbruch zwischen Vater und Sohn nachspüren.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1982
Illustrationen: Hildegard Gerbeth

Wolfram Grallert: Jugendlexikon – Philatelie


 Jugendlexika – eine Reihe für Schüler, Lehrlinge und alle Jugendlichen bis etwa 25 Jahre.

Jedes Lexikon enthält das Grundwissen eines Sachgebietes. Es ist in Sprache und Stil so gestaltet wie das Grundwerk „Jugendlexikon a-z“ – mit zuverlässigen und verständlichen Erklärungen und zahlreichen Abbildungen.

transpress VEB Verlag für Verkehrswesen Berlin 1987

22 März 2022

Friedrich Schlette: Germanen zwischen Thorsberg und Ravenna

Kulturgeschichte der Germanen bis zum Ausgang der Völkerwanderung

Vor dem bewegten Hintergrund der weltgeschichtlichen Auseinandersetzung zwischen den noch urgesellschaftlich organisierten germanischen Stämmen und Stammesverbänden und der historisch bereits überlebten Sklavenhaltergesellschaft, die im Verlauf der ,Großen germanischen Völkerwanderung‘ zum Untergang des Weströmischen Reiches und zur Entstehung germanischer Königreiche führte, entfalten sich dem Leser die materiellen und geistigen Kulturleistungen germanischer Stämme: vom primitiven Stoffwechselprozeß des germanischen Menschen mit der Natur zu reicher tierischer, pflanzlicher und spezialisierter handwerklicher Produktion, von urgesellschaftlicher Gleichheit und Gemeinsamkeit zu sozialer Rangfolge auf Erden und am germanischen Götterhimmel. Das aus Grabfunden und jütländischen Mooren erschlossene Bild des germanischen Menschen sowie Schrift, Dichtung und Musik, Kultur und Religion, Bewaffnung und Kriegswesen, Handel und Verkehr, Gemeinschaftsleben und germanische Kunst – all dies ordnet sich dem Leser in Wort und Bild in den buntschillernden Komplex einer tausendjährigen germanischen Kulturgeschichte ein.

Urania-Verlag Leipzig – Jena – Berlin 1974

 

Erik Neutsch: Fast die Wahrheit – Ansichten zur Literatur

Dieser zweite Sammelband Erik Neutschs, der im Verlag Tribüne erscheint, enthält Aufsätze und Reden, Interviews und Artikel, die er als „Ansichten zu Kunst und Literatur“ zusammengestellt hat. Erik Neutsch hat wie kaum ein anderer Schriftsteller, der mit und in der DDR gewachsen ist, zur jeweiligen aktuellen Situation in der Literaturszene Stellung genommen.

Dabei hat er in den meisten Beiträgen aus konkreten Anlässen heraus vor allem die prinzipiellen ästhetischen Positionen der Arbeiterklasse – wie Parteilichkeit und Volksverbundenheit – gegen Angriffe, Schwankungen oder gar ein In-Frage-Stellen verteidigt. Auch was seinerzeit nur für den Tag geschrieben schien, wirkt heute aktuell, liest sich lebendig und interessant.

Verlag Tribüne Berlin 1979

 

21 März 2022

In den Schützengräben vor Madrid

Die Gewalt der Detonation riß sie empor, schleuderte sie zur Erde, begrub sie unter einem Hagel von Schotter und Sand. Bruno wußte nicht, ob er verletzt war. Mühsam bewegte er Arme und Beine. Dann sah er Nikola, offenbar auch er heil geblieben. Aber Franzl! Leblos lag er da, den Körper gekrümmt. Sie breiteten eine Zeltplane aus. Er stöhnte, als sie ihn draufhoben…

In neun Erzählungen wird berichtet von den Erlebnissen der Interbrigadisten, die 1936 bis 1939 Seite an Seite mit dem spanischen Volk gegen die Diktatur des faschistischen Generals Franco kämpften.

Der Kinderbuchverlag Berlin
ATB Nr. 114
Illustrationen: Wolfgang Schedler

 

Karl von Holtei: Ein Mord in Riga – Erzählung

Karl von Holtei läßt den Pristaff Schloß schnell den Schuldigen finden. Denn für den Mord an dem reichen Teehändler Muschkin kommt eigentlich nur einer in Frage, und das ist Iwan, Muschkins Diener. Er ist plötzlich verschwunden und mit ihm die Geldkassette des Ermordeten. Zurückgeblieben am Tatort ist ein kleines Beil, mit dem das furchtbare Verbrechen verübt wurde und das Iwan gehört. Der hübsche blauäugige Junge hat auch als einziger ein Motiv. Er braucht Geld, um sich aus russischer Leibeigenschaft freizukaufen. Der Pristaff spürt den Entflohenen im nahegelegten Wald auf, und durch Prügel und Dursttorturen mürbe gemacht, gesteht Iwan schließlich die Tat. Doch da taucht ein zweiter Verdächtiger auf und führt den Pristaff auf eine ganz neue Spur, die am Ende vielleicht Iwan die erste Geißelung erspart und den Pristaff davor bewahrt, an einem Unschuldigen schuldig zu werden.

Angesiedelt ist die Erzählung, die 1855 erschien und als eine der ersten deutschen Kriminalgeschichten gilt, in Riga, wo Holtei von 1837 bis 1839 Theaterdirektor war. Er liebte diese Stadt mit den krummen finsteren Gassen, den freundlichen und aufgeschlossenen Bewohnern. Alle Vorzüge ihrer liebenswürdigen Mentalität und ungezwungenen Lebensweise besitzen Herr und Madame Singwald in gleichem Maße wie ihre langhaarige und wohlgenährte Köchin Lieschen, die dem etwas „windbeuteligen“ Diener Simeon sehr zugetan ist, die „mamsellenhaftige“ Kammerjungfer Dorchen, die dem Pristaff einen wichtigen Hinweis geben kann, und schließlich der alte Kutscher Isaak, durch dessen Vermittlung Iwan die Stelle bei Muschkin bekam. Die Gespräche in der Küche und die Abendunterhaltungen im Salon der Singwalds skizzieren den historischen Hintergrund der Stadt, die seit 1716 zum zaristischen Rußland gehörte, aber ihre ehemalige Verfassung beibehielt. Da ist das Problem der Leibeigenschaft, die in Riga bereits aufgehoben war, in Rußland aber bis 1861 fortbestand, oder die Verfolgung der Raskolniks, denen Iwans Vater angehörte, und vor allem die Behandlung und Aburteilung der Gefangenen. Die Todesstrafe war zwar abgeschafft worden, aber Iwans Mutter ahnt, daß Geißelung, Brandmarkung und Deportation nur einen langsameren und damit qualvolleren Tod bedeuten können. Und so geht sie den beschwerlichen Weg von Narwa über Reval nach Riga, um beim Generalgouverneur für Iwans Unschuld zu zeugen und zu verhindern, daß sie ihrem einzigen Sohn „sein zartes weißes Fleisch in langen blutigen Streifen vom Rücken hauen“.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1983
bb 511

 

Willi Meinck: Die seltsamen Abenteuer des Marco Polo / Die seltsamen Reisen des Marco Polo


 Im Jahre 1250 waren Marcos Vater und der Onkel zu einer großen Reise aufgebrochen. Viele Jahre hatte man nichts mehr von ihnen gehört. Marco träumte davon, selbst hinauszufahren aufs Meer, erst nach Bzynz, dann weiter nach Osten. Er wollte Vater und Onkel suchen und dabei die Länder kennenlernen, aus denen glänzende Seide, kostbare Edelsteine, wertvolle Teppiche und viele andere Waren nach Venedig gebracht wurden.


Marcos Traum ging in Erfüllung. Als erster Europäer gelangte er nach Asien, bis an den Hof des Kaisers von China. Von Marcos aufregenden Erlebnissen erzählt Willi Meinck in den spannenden Büchern „Die seltsamen Abenteuer des Marco Polo“ und „Die seltsamen Reisen des Marco Polo“, die in diesem Band vereinigt sind.

Der Kinderbuchverlag Berlin1987
Illustrationen: Hans Mau

Zbigniew Brzozowski: Ewas Geschichte

Nach dem Drachenfest gehen Ewa und Slawek über die regennasse Wiese nach Hause, überqueren eine Chaussee – plötzlich hört Ewa durchdringendes Hupen, das Quietschen von Reifen. Sie schafft es noch, den Bruder zurückzuziehen…

Monatelang liegt sie im Krankenhaus, reglos, ganz in Gips gehüllt. Die Tage verschläft sie, nachts schaut sie durchs Fenster auf die Wolken, die draußen dahinziehen. Wird sie je wieder laufen können? Erst als die kleine Ania neben ihr weint, weil sie sich einsam fühlt und Angst hat im Dunkeln, erwacht Ewa aus ihrer Starre. Sie erzählt Ania ein Märchen – und da tritt dieser Junge ins Zimmer, den die anderen Leonardo nennen.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1983
Illustrationen: Birgit Khoury

 

19 März 2022

Gert Prokop: Detektiv Pinky

Buchvorstellung von Buchhändler Hans-Georg Fischer, der leider verstorben ist:

„Pinky saß auf seiner Mülltonne und träumte“

Die Hauptfigur Absolon W. Beaver, von seinen Freunden liebevoll Pinky genannt, verbringt die meiste Zeit sechs Stockwerke über der Stadt, lesend und träumend. Sein großes Vorbild ist der Detektiv Pinkerton. Daher auch sein Spitzname. Er sitzt auf einer bunten Mülltonne, die er gefunden – naja, nicht ganz – aber auch nicht gestohlen hat, und träumt davon, ein berühmter Detektiv zu werden. Gemeinsam mit seinen Freunden „Monster“ und Marie-Antoinette „Prinzessin“ wohnt der Vollwaise Pinky im Waisenhaus der Potters „Potters Kinderheim“ in der fiktiven amerikanischen Stadt Kittsburgh und löst mit eigenen Methoden die Probleme von schwerreichen Klienten. Trotzdem verlangt er keine Unsummen, sondern praktische Dinge wie Einrichtungsgegenstände für das Heim, Dauereintrittskarten für seine Freunde sowie Tiere für den Zoo.

Gert Prokop (geboren 1932 in Vorpommern und 1994 durch Suizid verstorben) hat unverwechselbare Figuren geschaffen, die in fast jedem Kinderzimmer zu Hause waren, als Vorbilder und Abenteurer. Und sie waren vielschichtig und von gesellschaftlicher Relevanz.

Das Wichtigste in dem Buch waren für mich der große Gerechtigkeitssinn dieses kleinen Jungen. Er kämpfte für andere, war mitfühlend und dachte mehr an die anderen als an sich.

Dieses Buch ist zeitlos und dürfte auch heute noch jedes Kind, welches sich für Kriminalgeschichten begeistern kann, gefallen.

„Pinky saß auf seiner Mülltonne und träumte“

Hans-Georg Fischer, 06618 Naumburg

 

Erik Neutsch: Claus und Claudia

Claus Salzbach, Diplomat der DDR im auswärtigen Dienst, erhält in Paris die erschütternde Nachricht, daß seine Tochter Claudia eine tiefe Nervenkrise durchlebt. Sofort kehrt er in die Heimat zurück, doch womit er dann hier konfrontiert wird, erscheint ihm zunächst unglaubhaft: An der medizinischen Fachschule, an der Claudia studiert, werden Erziehungsmethoden praktiziert, die von erstarrtem Denken und Herzlosigkeit der Lehrkräfte zeugen, bis zu Verdächtigungen und Drangsalierungen gegenüber den Schülerinnen reichen und gegen die seine Tochter sich vergebens gewehrt hat. Salzbach, wie weiland Michael Kohlhaas, beginnt um die Gerechtigkeit in der Beurteilung junger Menschen zu kämpfen, doch auch er stößt auf Anmaßung, Opportunismus, gar Feigheit. Als er schließlich Verbündete findet und die unhaltbaren Zustände an der Fachschule untersucht werden – welche Chancen hat da noch Claudia, ihre Krise zu überwinden?

Wie schon vorher in seinen literarischen Arbeiten zielt Erik Neutsch auf wesentliche moralische Fragen unserer Gesellschaft, wobei er den Leser auffordert, darüber mitzubefinden.

Mitteldeutscher Verlag Halle Leipzig 1989

 

Ilja Ilf, Jewgeni Petrow: Die Jagd nach der Million

Ostap Bender, Schelm, Hochstapler und Spitzbube von hohen Gnaden, will vor den ausgreifenden Schritten des Sozialismus nach Rio de Janeira fliehen, um dort unter prächtigen Palmen und zwischen glutäugigen Mädchen das Leben eines reichen Taugenichts zu führen. Dazu braucht er nach seinen Vorstellungen wenigstens eine Million in verlässlicher Valuta. Als Bender von der Existenz eines heimlichen Millionärs erfährt, geht er mit aller Energie und Umsicht zu Werke, diesem die begehrte Million abzujagen. Korejko aber, sein Widersacher, ein gefährlicher Verbrecher, der durch zahlreiche Spekulationen und undurchsichtige Geschäfte ein Vermögen zusammengeräubert hat und nun als kleiner Buchhalter in Erwartung seiner Stunde ein gesellschaftliches Scheindasein fristet, ist nicht minder gerissen als er. Zwischen beiden entbrennt ein Ringen auf Leben und Tod. Der Endkampf wird nach einer abenteuerlichen Jagd per Auto, zu Fuß und auf der Eisenbahn in den Steppen Kasachstans ausgetragen. Was wird mit den beiden Außenseitern der Gesellschaft? Bekommt Ostap Bender die Million? Gelingt ihm die Flucht nach Rio de Janeiro? Oder ist Korejko der Stärkere? Diese Fragen beantwortet Ilfs und Petrows Buch, eine der köstlichsten Satiren aus der NÖP-Zeit, das alt und jung durch Witz, Komik und unerwartete Einfälle fesselt.

Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin, 1958, 1. Auflage
Übersetzt von Elsa Brod, Mary von Pruss-Glowatzky und Richard Hoffmann

 

16 März 2022

Erik Neutsch: Auf der Suche nach Gatt

Erik Neutsch erzählt in diesem Buch die erregende Geschichte des Bergarbeiters Eberhard Gatt, der aufstieg mit dem Aufstieg seiner Klasse, der aus den Kupferschächten in die Redaktion einer Zeitung kam, der Macht ausübte, streng gegen sich und andere, der sein Leben einsetzte, wenn es not tat, der einen Lehrer fand und ein Mädchen, das ihn liebte. Aber die Stärken des Mannes Gatt waren zugleich seine Schwächen. Er wußte zu wenig von den Schwierigkeiten des Kampfes von der Kompliziertheit unseres Weges. So verlor er in einer entscheidenden Situation das Vertrauen zu Ruth, der Frau, die ihn liebte, und er verlor sie. Und er verlor sich selbst, weil es ihm an Wissen fehlte, das Kommende zu erkennen. So finden wir ihn wieder auf den Bahnhöfen und in Zügen, auf Zwischenstationen, denn ein Mann vom Schlage Gatts kann sich nicht wirklich verlieren, nicht hierzulande und in dieser Zeit. Es beginnt der mühsame Weg der Erkenntnis, der Selbsterkenntnis, der ihn wieder in die Nähe Ruths führt, die mittlerweile verheiratet, sich nun gestellt sieht zwischen zwei Männer. Sie alle Gatt, Ruth, Weißbecher, der Erzähler haben Fragen zu beantworten nach den Möglichkeiten des Menschen, nach seiner Selbstverwirklichung in dieser Gesellschaft. Ein Buch, voller äußerer und innerer Dramatik, eine bedeutsame erzählerische Leistung des Autors Erik Neutsch.

Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale) 1973

 

Volker Ebersbach: Selbstverhör

Volker Ebersbach, 1942 in Bernburg (Saale) geboren, studierte Altertumskunde und Germanistik und promovierte 1967 mit einer Arbeit über Petronius. Er arbeitete als Deutschlektor für Ausländer am Herder-Institut Leipzig, am Kulturzentrum der DDR in Bagdad und an der Universität Budapest. Seit 1976 ist er freiberuflich Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber.
In den hier editierten Erzählungen "Selbstverhör" und "Der Sohn des Kaziken", freien Erfindungen vor dem Hintergrund historischer Überlieferung, geht es um kritische Lebensbilanzen. Ein Karibe, der, von spanischen Konquistadoren zum Christentum bekehrt, seine Stammesgenossen in bester Absicht verraten hat; ein französischer Student, der erst auf Umwegen zur Résistance findet - beide versuchen unmittelbar vor der drohenden Vernichtung die Leistung und das Versagen, das Verdienst und die Schuld ihres Daseins zu ergründen. Auch in der erfundenen Legende "Der Gerufene" wird die Hauptfigur auf ihre Substanz hin geprüft: Modellfall eines Ehrgeizigen, der für seinen Aufstieg alles und alle zu opfern bereit ist, bis er selber zum Opfer werden muß.

 Reclams Universal-Bibliothek Band 903, 1. Auflage

Boris Polewoi: Der wahre Mensch

Das ist die Geschichte des sowjetischen Jagdfliegers Alexej Meressjew: Hinter den deutschen Linien abgeschossen, an beiden Füßen schwer verwundet, kriecht er durch den verschneiten Wald, kriecht unter wahnsinnigen Schmerzen, tagelang, bis ihm Bewohner eines geheimen Lagers weiterhelfen. Im Lazarett werden ihm beide Füße amputiert. Und jetzt vollbringt der „wahre Mensch“ das Wunder, das ärztliche Heilkunst nicht bewirken kann – er erkämpft sich die Fähigkeit, dennoch zu gehen, zu tanzen, Sport zu treiben – auf Prothesen. Es gelingt ihm sogar, eine Musterungskommission zu täuschen und wieder an der Front eingesetzt zu werden.

Dieses Wunder, in der Wirklichkeit von Alexej Meressjew vollbracht, heißt: stahlharter Wille, zu leben und das Vaterland freizukämpfen.

Verlag Volk und Welt Berlin 1975
Bibliothek des Sieges

 

12 März 2022

Anna Seghers, Wieland Herzfelde: Ein Briefwechsel 1939-1946

Lieber Wieland,

ich schreibe Dir in einem sehr kritischen Moment. Bis Du den Brief hast, werden wir alle wissen, was aus uns geworden ist. Dann wird es hoffentlich nicht mehr real sein, wenn ich gestehn muß, daß es mir heute abend ziemlich beklommen zumut ist. Denn ich sitze da herzlich allein mit meinen zwei Kindern, und der ganze Ort ist leer und totenstill. Wir sind alle in keiner besonders reizenden Lage, ich schon gar nicht.

Mit diesen Zeilen beginnt ein Briefwechsel, der in jeder Beziehung ungewöhnlich ist. Anna Seghers und Wieland Herzfelde schreiben einander aus dem Exil, Anna Seghers zunächst aus Frankreich, später aus Mexiko, Herzfelde aus New York. Diese Briefe sind von Zeit und Umständen geprägt, doch auch von persönlicher Kraft und Ungebrochenheit. Was sie mitteilen, ist gelebt.

Heute sind sie Dokumente und zudem Zeugnisse deutscher Emigrationsliteratur. Denn Wieland Herzfelde ist für Anna Seghers nicht nur Freund, sondern auch Verleger und Lektor. Bis ihre Erzählung „Der Ausflug der toten Mädchen“ im Aurora Verlag erscheint, geht es in den Briefen immer wieder um Termine, Korrekturen, Verträge. Aus der Arbeit heraus teilt sich ein Stück der Geschichte des Aurora Verlages mit. Der Anhang gibt dazu weitere Beispiele.

Was Anna Seghers in ihren Briefen an Beobachtungen fremder Schicksale andeutet, hat sie in ihrem Aufsatz „Frauen und Kinder in der Emigration“ festgehalten. Ihr wacher, kritischer Blick hält dem Elend stand und sieht, geschärft durch Anteilnahme und eigene Erfahrung, mehr als die Oberfläche. Auch dieser Text ist bisher unveröffentlicht.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1985

 

Wolfgang Titze: Rauschgift

Der Kriminalist folgte der Weisung nur zögernd. Trotz des einfallenden Lichtes konnte er kaum etwas erkennen. Eine Hand packte ihn und riß ihn herum. Gleichzeitig flammte erneut ein Streichholz auf. Feldberg wich erschrocken zurück. Das flackernde Licht zeigte ihm einen etwa Vierzigjährigen mit hoher Stirnglatze. Auch der hatte ihn erkannt. „Der Polyp!“, brüllte er und warf das Streichholz weg.

Thomas Feldberg zog die 08 aus der Tasche und entsicherte sie…

„Los, weg hier!“ hörte er die Stirnglatze rufen. Aber da rief Keller vom Eingang her: „Hände hoch! Aber dalli!“

Kurz darauf waren auch Müller und Mielke zur Stelle. Sie legten die Ganoven an die Acht. Die beiden fügten sich schweigend…

Militärverlag der DDR Berlin 1987
Tatsachen 305

 

Karl Laux: Nachklang – Rückschau auf sechs Jahrzehnte kulturellen Wirkens

Der Untergang Dresdens wurde zur tiefen Zäsur im Leben des Dr. Karl Laux, hieß ihn überdenken, was er bis zu dieser Stunde gedacht und getan hatte. 1896 als Sohn einer pfälzischen Kleinbürgerfamilie geboren, entdeckte er schon früh seine Liebe zur Musik. Der erste Weltkrieg erregte anfangs seine Begeisterung, bald aber folgten Ernüchterung und Zweifel. Laux nutzte die Gefangenschaft zu ersten musikwissenschaftlichen Studien, die er dann als „Werkstudent“ in Heidelberg abschloß. Als Musikkritiker in Mannheim entwickelte er sich bald zu einem der profiliertesten Fürsprecher der „Neuen Musik“, wie sie damals vor allem auf den Musikfesten in Donaueschingen und Baden-Baden gepflegt wurde. Sein Engagement dafür brachte Laux in Opposition zu den Nazis, die er haßte, ohne gegen sie zu kämpfen.

Als sein Leben im brennenden Dresden schon zu Ende schien, begann es eigentlich neu. Deutsche Kommunisten und sowjetische Kulturoffiziere reichten dem bürgerlichen Wissenschaftler die Hand und erschlossen ihm eine neue Welt. Dem tiefen Wandel seiner Lebensansichten folgte die Erfüllung seines größten Lebenswunsches, als Professor und Rektor einer Musikhochschule die Jugend für seine Kunst zu begeistern. Erinnerungen an Konzertsaal und Theater, Begegnungen mit bedeutenden Komponisten und Interpreten machen diese Lebensgeschichte zugleich zu einem Stück Wirkungsgeschichte der Musik in unserem Jahrhundert.

Verlag der Nation 1977

 

09 März 2022

Erwin Strittmatter: Meine Freundin Tina Babe – Drei Nachtigall-Geschichten

„Zirkus Wind“, „Sulamith Mingedö, der Doktor und die Laus“, „Meine Freundin Tina Babe“ – das sind neue Nachtigall-Geschichten.

Diesmal erregten drei liebenswerte Gestalten besonders die Phantasie des Erzählers: Der Allround-Artist Charlie Wind mit seinem ansteckenden Traum, die Gesetze der Schwerkraft besiegend, auf einem Schrägseil von der niedersten Hütte aus den Eiffelturm zu besteigen, die Weimaraner Goetheromanschreiberin Tina Babe, zu der aufzusteigen ein junger Chauffeur mit ersten literarischen Versuchen in der Tasche nicht wagen durfte, und das liebreizend-exotische Puppenspielermädchen Sulamith Mingedö, dessen Verbannung auf die Läusebank der Dorfschule zum nachhaltigen Eindruck für einen Halbwüchsigen wurde.

Aufbau-Verlag 1977
Edition Neue Texte

 

Fritz Hofmann: Himmelfahrt nach Hohenstein – Geschichten

Fritz Hofmann, der sich bereits mit seinem ersten Buch „Die Erbschaft des Generals“ als begabter Erzähler ausgewiesen hat, legt jetzt einen Band Geschichten vor, die erkunden, wie sich Menschen in heutiger Zeit frei zu machen versuchen: von fremder Autorität und eigener Furchtsamkeit, von starren Denkmustern und überholten Moralvorstellungen, von all den inneren und äußeren Barrieren, die ihnen den Weg zueinander verstellen.

Die literarische Handschrift des Autors zeichnet sich aus durch sprachliche Präzision und gezügelte Ironie.

Aufbau-Verlag 1977
Edition Neue Texte

 

Mit Gesang wird gekämpft – Lieder der Arbeiterbewegung

„Mit Gesang wird gekämpft“ – so hieß ein populäres Arbeiterliederbuch, das 1922 erstmals erschien. „Mit Gesang wird gekämpft“ haben wir auch dieses neue Liederbuch unserer Partei genannt. Im Kampf der Arbeiterklasse sind revolutionäre Lieder entstanden, die Ausbeutung und Unterdrückung anprangerten, die zu Einheit und internationaler Solidarität aufriefen – Lieder, die in Zeiten der Not und der Opfer Mut und Siegeszuversicht der Genossen stärkten…

Dietz Verlag Berlin 1967

 

08 März 2022

Christa Kozik: Moritz in der Litfaßsäule

Moritz, neun Jahre alt, will nicht mehr zur Schule, will auch nicht mehr zu Hause bleiben. Alle sind mit ihm unzufrieden, keiner hat Zeit für ihn. Und die gerade braucht er, der alles immer recht langsam und gründlich erledigen möchte. Moritz zieht sich in seine Litfaßsäule zurück. Drei Tage ist er nicht auffindbar. Draußen sucht man ihn, sorgt sich und überdenkt, was man falsch gemacht hat.

In der kleinen runden Welt der Litfaßsäule aber ist Moritz nicht allein. Hier wohnt auch die gewitzte altkluge Katze Kicki, die sich ausführlich mit Moritz unterhält. Und er lernt den Straßenfeger kennen, der ihm hilft, zu begreifen, daß man sich vor dem Leben nicht verstecken kann.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1982
Illustrationen: Günter Wongel

 

A. D. Sergejewa: Eine Mutter erzählt

Ein autobiographisches Werk einer sowjetischen Mutter und Lehrerin, das Eltern und Pädagogen wertvolle Anregungen gibt.

Deutscher Frauenverlag Berlin 1953

 

Renate Florstedt: Kochen

Viele Rezepte für Vorspeisen, Suppen, Fleisch und Geflügel, Wildbred und Wildgeflügel, Fischgerichte, Soßen, Gemüse, Beilagen, Salate, Nachspeisen, Eintöpfe, Eierspeisen, Quark- und Käsespeisen, Aufläufe, Kuchen, Torten, Kleingebäck, Getränke, internationale Gerichte, aber auch Tipps zur Gästebewirtung, zum Haltbarmachen und über Gewürze.


Verlag für die Frau, Leipzig, 1979 (7. Auflage, 1984)

Rezeptteil: Karla Szabó

 

07 März 2022

Lion Feuchtwanger: Die Geschwister Oppermann

In der Nacht zum 1. März 1933, vierundzwanzig Stunden nach dem Reichstagsbrand, verläßt Dr. Gustav Oppermann auf dringenden Rat eines Freundes sein Vaterland. Der Seniorchef des Berliner Möbelhauses in der Gertraudtenstraße ist mit sich unzufrieden. War seine Flucht ins Ungewisse überlegt? Sollte man die Drohungen der Nazis ernst nehmen? Gewiß, seit Hindenburg ihren Führer zum Reichskanzler ernannt hatte, gab es auch im Kreise der Geschwister besorgte Mienen. Doch was sollte ihm, der sich nie um politische Dinge kümmerte, schon geschehen?

Der einsame Mann in der Schweiz, der diesen Gedanken nachhängt, wird durch Nachrichten aus der Heimat wachgerüttelt: In der gleichen Nacht, in der er Berlin verließ, ging sein Neffe, der siebzehnjährige Gymnasiast Berthold Oppermann, in den Tod. Edgar, der jüngste Bruder, der bekannte Chirurg, wurde von SA-Leuten aus der Klinik gejagt. Martin, Bertholds Vater, ist verhaftet.

Da begreift der unsichere, unschlüssige Dr. Oppermann, daß etwas getan werden muß. Illegal kehrt er nach Deutschland zurück; doch sein hoffnungsloser Versuch endet im Konzentrationslager Moosach, aus dem Freunde nur noch einen Sterbenden retten können.

Aufbau-Verlag Berlin 1957

 

Gustavo A. Sánchez Salazar, Elisabeth Reimann: Barbie in Bolivien

Spektakuläres Handeln einer mutigen Frau – Die geplante Entführung findet nicht statt – Kumpan und Berater von Waffenhändlern und Diktatoren – Ein kalter Zyniker in Frankreich und Bolivien in Aktion – Im Schutz und im Dienst der CIA – Flucht auf der Rattenroute – Der Verbrecher endlich dem Gericht zugeführt.

Verlag der Nation Berlin 1989

 

Achim Elias: Eine Brücke für den Querkopp

Der Junge Timm, Schüler der fünften Klasse, ist ein Einzelgänger. Ein Hund, schwarz, stark und ein bißchen gefährlich, soll ihm Respekt bei den älteren Jungen seines Heimatdorfes verschaffen. Dieser Hund aber wird von dem alten Bauern Haferkorn, der allein und verbittert jenseits des Fließes lebt, schwerverletzt aufgefunden und gepflegt.
Die gemeinsame Sorge um das kranke Tier schafft eine Verbindung zwischen dem alten Mann und dem Jungen. So entsteht bei Timm das Bedürfnis, dem alten „Querkopp“ eine Brücke zu bauen. Eine wirkliche Brücke über das Fließ, die die Verbindung zum Dorf erleichtern soll und somit auch eine Brücke im übertragenen Sinn sein könnte, die beide aus ihrer Isolierung befreit.

Der Kinderbuchverlag Berlin 1987
Illustrationen: Christiane Knorr

 

06 März 2022

Eike Middell: Thomas Mann

Thomas Mann (1875-1955) hat im Alter einmal gemeint, an Ideen für neue Werke fehle es ihm nicht, würde er auch 120, schade um vieles, was er nicht mehr schriebe. Denn wer könne es sonst. So umspannt das Werk dieses "raunenden Beschwörers des Imperfekts" am Ende weite Zeitläufe: von der biblischen Frühe der Geschichten um Jaakob und Joseph bis zur bürgerlichen Spätzeit eines modernen Doktor Faustus. Thomas Mann empfand sich als Repräsentant. Manchen erschien er als kühner Ironiker. Sein Leben und Werk beweisen anderes. Der Kapellmeisterfreund Bruno Walter schrieb: "Nie habe ich aus der ruhigen Ironie, der Toleranz in Ton und Gesinnung seiner frühen Werke auf Kühle oder Lebensferne geschlossen. Sie gehörten für mich zu dem künstlerischen Stil, in den sich herzenswarmer Anteil, Allverständnis und Mitleid schamhaft eingekleidet hatten."
Und Johannes R. Becher würdigte ihn: "Der deutsche Dichter unseres Jahrhunderts sind Sie vor allem darum, weil in Ihrem Werk die klassische Tradition bewahrt ist in einem schöpferischen Sinn. Sie haben das humanistische Prinzip vertieft und bereichert, sie haben dem schon Errungenen neue Errungenschaften hinzugefügt."

Reclams Universal-Bibliothek Band 268, 4. Auflage

Anna Seghers: Transit

Anna Seghers (geb. 1900) schildert in "Transit" (1943) "die Situation der politischen Flüchtlinge, die in Marseille auf ein Schiff warten, um vor den vorrückenden Hitlerarmeen und ihrem SS-Gefolge weiter zu fliehen. Damit Europa sie aus seinen Fängen entläßt, brauchen sie Papiere, ein Visum, ein Transitvisum, einen Behördenstempel, noch einen Behördenstempel, und wenn sie das letzte Papier haben, ist das erste abgelaufen. Sie stehen in den Konsulaten, sie stehen in den Reisebüros, sie wandern in den Straßen, sie warten in den Kaffeehäusern: ganz Marseille ein Dschungel der Bürokratie.
Das Merkwürdige an dem nun ist seine Verwandtschaft mit der erzählerischen Alpdruckwelt Franz Kafkas. Aber merkwürdiger als die Verwandtschaft ist der Unterschied. Kafka unterliegt einem Traumzwang, in welchem er eine Welt, die er in Frage stellt, mit vergeblichen Fragen bestürmt. Anna Seghers unterliegt einem Wirklichkeitszwang, in welchem sie die Frage nach einer sozialen Situation stellt, die den Sinn  menschlicher Institutionen zum Unsinn verkehrt..." (gekürzt) - Paul Rilla

Reclams Universal-Bibliothek Band 198, 1. Auflage


Anna Seghers begann diesen Roman, als sie selbst, 1940, in Marseille um ihre Ausreisepapiere kämpfte. Sie wurde Augenzeuge jener verzweifelten Panik, von der die Hafenstadt im unbesetzten Frankreich erfüllt war. Das Marseille ihres Buches hat das Gesicht dieser Zeit: ein brodelnder Kessel voller Hektik, Gerüchte, Hoffnungen und Angst. Zu Tausenden treffen sie ein, Menschen auf der Flucht vor den deutschen Faschisten, Verfolgte aus allen Ländern Europas. Sie hetzen nach Visen, Stempeln, Bescheinigungen, ohne die sie den Kontinent nicht verlassen können. Alle haben nur einen Wunsch: abzufahren, nur eine Furcht: zurückzubleiben. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Das erste Papier kann verfallen sein, wenn das letzte genehmigt wird. Ein unberechenbarer, gnadenloser Mechanismus.
Der Sog des Abreisefiebers macht auch Beobachter zu Beteiligten. Plötzlich steht jener deutsche Flüchtling, der mit der Hinterlassenschaft eines toten Schriftstellers ankam, ebenfalls unter den Wartenden vor den Konsulaten. Auf der Jagd von Behörde zu Behörde kreuzt er wieder ihre Wege, und er trifft sie in den Cafés und Kneipen, in den überfüllten Hotels, in den Straßen der Stadt. Gesichter werden ihm vertraut, Schicksale bekannt. Für kurze Zeit sind fremde Leben durch Hoffnungen, Leidenschaften, Wünsche miteinander verknüpft. Der Zufall trennt sie wieder, oder: der Entschluß zu bleiben, Widerstand zu bieten.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1985
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Erik Neutsch: Zwei leere Stühle – Novelle

Zwei Stühle bleiben leer bei einem Absolvententreffen: Uwe Tolls und Wolfgang Lichterfeld sind nicht erschienen. Der Ich-Erzähler, Direktor der Schule, geht den Lebensläufen seiner ehemaligen Schüler nach, fragt sich und andere, was mit ihnen geschehen ist, dem hochbegabten Lichterfeld, dem Klassenbesten, der Medizin studierte, und dem schwarzen Schaf der Klasse, Uwe Tolls, der überraschenderweise Offizier unserer Armee wurde. Aber die Fragen des Erzählers zielen über die Schicksale seiner Helden hinaus. Sie bewegen sich um das Problem der Erziehung als gesellschaftliche Aufgabe. Wie erziehen wir junge Menschen in der Schule? Lassen wir sie nach Zensuren jagen, wie beantworten wir ihre manchmal unbequemen Fragen? Erik Neutsch provoziert wie oft in seinen literarischen Arbeiten das schöpferisch-kritische Mitdenken, die Diskussion um erregende Fragen unseres Lebens.

Mitteldeutscher Verlag Halle – Leipzig, 1979
Kleine Edition