18 März 2023

Christa Wolf: Unter den Linden

Phantastisches ist einer Frau in ihrem Traum geschehen: Sie wurde auf geheimnisvolle Weise bestellt, traf einen alten Freund, bewunderte mit einem Goldenen Fisch blanke Schaufenster, begegnete einem Mann, der ungenannt bleibt, und immer wieder taucht - dunkles, nachdenkliches Motiv - ein Mädchen auf.
Absurdes berichtet ein Kater von seinem Professor, der alle Lebensumstände der Menschen zu katalogisieren versucht.
Irreal ist das Experiment einer Wissenschaftlerin, die sich für kurze Zeit in einen Mann verwandeln ließ, um am eigenen Leibe zu erfahren, was alles Frauen und Männer unterscheidet.
Unwahrscheinlich sind alle drei Geschichten. Und doch setzen sie sich mit Erscheinungen unserer realen Gegenwart auseinander. Immer geht es um die ganze Persönlichkeit, um das ständige, notwendige Suchen nach Erkenntnis, auch Selbsterkenntnis, um Verantwortung und - vor allem - um Liebe.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
3. Auflage 1976
Mit 3 Illustrationen von Harald Metzkes

Károly Gundel: Ungarische Kochrezepte

Buchbeginn
Obzwar ungarische Gerichte oft auf den Speisekarten ausländischer Restaurants angeführt werden, machen sie der ungarischen Küche nicht immer Ehre, ihre Zubereitung läßt oft zu wünschen übrig. Das vorliegende Büchlein möchte zu einer besseren Zubereitung beitragen. Es wendet sich an alle, die die wirkliche ungarische Küche zu schätzen wissen, Ausländer oder Ungarn, die in der Ferne leben, Gastwirte, Köche und alle Freunde der gedeckten Tafel.
Die ungarischen Gaststätten in zahlreichen Weltstädten oder die gelegentlich großer internationaler Ausstellungen und Messen zeitweilig eröffneten Restaurants üben eine starke Anziehungskraft aus, und ihre Besucher werden in diesem Band Antwort auf vielleicht gestellte Fragen finden.

Corvina Verlag, Budapest
Sechste, neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1968
 

Eberhard Panitz: Unerlaubte Entfernung


 

Bob geht zur "Fahne" und möchte, daß seine Freundin Julia inzwischen seine Tauben pflegt. Aber sie will nicht, und er fürchtet, daß er sich nicht nur von den Tauben trennen muß.


Verlag Neues Leben Berlin
1. Auflage 1976
Illustrationen: Harri Förster


Daniel Speer: Ungarischer oder Dacianischer Simplicissimus

"Denkwürdig und lustig zu lesen" sei dieses Büchlein, "vorstellend einen wunderlichen Lebenslauf und sonderliche Begebenheiten getaner Reisen", so behauptete der anonyme Verfasser dieser ergötzlichen Simpliziade im Jahre 1683. Denkwürdig und auf derb-drastische Art lustig zu lesen ist dieser Schelmenroman auch heute noch; und nachdem die Forschung den deutschen Barockdichter Daniel Speer als Verfasser ermittelt hat, dessen abenteuerlicher Lebenslauf weitgehend identisch ist mit dem seines Helden, soll er nun nach nahezu dreihundert Jahren der Vergessenheit entrissen werden. 
So mag der Leser also erfahren, was Simplex bei Absterben seiner lieben Eltern - sie starben an der Pest - vor kindliche Gedanken gehabt / wie es ihm bei leidendem Hunger mit Naschen ergangen / wie er unversehens bei der Nacht einen Geist oder Gespenst gesehen / wie er zu einem polnischen Edelmann und ins Zipserland kommen / wie er seithalb über das Karpatische große Gebürg gereiset und mit fünf Studenten drei Tage das Gebürge durchkrebslet / wie er dabei unter drei Hauptrauber geraten und bemeldete Hauptrauber gesehen schröcklich hinrichten / wie er die Musikkunst gelernt und in Bartfeld Stadttrompeter werden sollen / was er Denkwürdiges bei Kaschau gesehen und gehöret / wie er wider den Türken aufsitzen müssen, samt einem Metzgerknecht gefangen und den Türken nach Erlau verkaufet worden / was er in ungarischen Bergstädten und bei ungarischen Leichenbegängnissen gesehen und wie er schließlich gar nach Konstantinopel gekommen.

Rütten & Loening Berlin
1. Auflage 1978
Herausgegeben von Herbert Greiner-Mai und Erika Weber
Schutzumschlagentwurf: Manfred Kloppert
 

12 März 2023

Und sie lebten glücklich... Griechische Volksmärchen

"Und sie lebten glücklich, wir aber (leben) noch glücklicher" ist die Formel, mit der der griechische Märchenerzähler den Zauber wieder löst, den er über seine Zuhörer breitet. In seinen Geschichten bestehen oft genug unerschrockene und gewitzte Helden atemberaubende Abenteuer, und immer gelangen sie nach unvorstellbaren Fährnissen glücklich ans Ziel, so wie das eben nur im Märchen geschehen kann. Da gibt es den starken Jannis oder den jungen Zirzonis, beide besiegen sie übermächtige Draken, bevor sie als Lohn ihrer Kühnheit eine reizende Königstochter bekommen und am Ende gerechterweise selbst König werden.

Selten haben sich große freiheitliche Traditionen eines Volkes so lebendig in der Volksdichtung erhalten wie gerade im griechischen Märchen, dessen Ursprünglichkeit, Direktheit, Temperament diese Auswahl aus teils früher, teils in neuerer Zeit aufgezeichneten Texten mit allbekannten und auch ganz einzigartigen Motiven vortrefflich zur Geltung bringt.

Reclams Universal-Bibliothek Band 601
1. Auflage 1976
Mit Illustrationen

Franz v. Krbek: Über Zahlen und Überzahlen

 FÜR JEDEN ETWAS sollten unsere Plaudereien bieten, die darum abwechselnd leicht und anspruchsvoll gehalten wurden. Die Schulmathematik bildet dabei überall unsere Basis. Die Plaudereien sollten jedoch nicht allein neue Kenntnisse vermitteln, sondern dem Leser zu konzentriertem Denken verhelfen, das heißt aber, sein Abstraktionsvermögen entwickeln. Das ist eine Forderung, die das Zeitalter der Weltraumfahrt an uns stellt.

B.G. Teubner Verlagsgesellschaft Leipzig
1. Auflage 1964


Ann Fairbairn: ...und wählte fünf glatte Steine

Nur eine gute Fee (in Gestalt eines hünenhaften dänischen Professors) kann einem kleinen Afroamerikaner, der mitten in der Weltwirtschaftskrise in New Orleans geboren wurde, den Weg zum College und zum Jurastudium öffnen - gehen muß er ihn allein. Auch sein kluger, gütiger Großvater Li?l Joe, der das Waisenkind aufzog, kann ihn nicht begleiten in die Welt der Weißen, die David Champlin mit einem Mißtrauen betritt, das ihn nie verlassen wird. Selbst auf den "liberalen" College begegnen ihm der Rassismus in versteckter und fast noch widerwärtigerer Form; er erfährt aber auch, das weiße Mitstudenten zu echten Freunden werden, obwohl sie kaum ermessen können, was es für einen Afroamerikaner heißt, in der amerikanischen Gesellschaft zu leben. Aus diesem Mißtrauen heraus weist er - gegen sein eigenes Gefühl - sogar die tapfere Liebe des weißen Mädchens Sara Kent zurück. In Harvard erwirbt David unter Anleitung eines berühmten farbigen Anwalts die juristischen Waffen, mit denen er sich wirkungsvoll am Kampf um die Bürgerrechte in den Südstaaten beteiligen kann. In harten Auseinandersetzungen gereift, findet er schließlich die Kraft zur Ehe über die Rassenschranken hinweg, doch sein persönliches Glück mit Sara ist nicht zu trennen vom Schicksal seines Volkes. Wenn das Amerika der 60iger Jahre nicht mehr das der 30iger Jahre ist, so verdankt es das nicht zuletzt Männern wie David Champlin.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
2. Auflage 1978 

 

Upton Sinclair: Der Dschungel

In diesem 1906 veröffentlichten bedeutendsten Roman der amerikanischen antiimperialistischen Protestbewegung der Muckrakers deckte der junge Upton Sinclair die grauenhaften Mißstände in den Schlachthöfen von Chicago und die menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Arbeiter auf. Der Held, ein Einwanderer aus Litauen, wird von Armut und Ausbeutung fast zerbrochen, kämpft sich aber schließlich zum Glauben an den Sozialismus durch.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
2. Auflage 1976
Aus dem Amerikanischen von Ingeborg Gronke
Nachwort: Karl-Heinz Schönfelder
 

Upton Sinclair: König Kohle

Es sollte alles nur ein harmloses Abenteuer sein, und abenteuerlich genug fängt es auch an. Hal Warner, Millionärssohn und Ökonomiestudent an einem exklusiven Privatcollege, hat es sich in den Kopf gesetzt, während der Ferien die von seinen Professoren dargebotenen Theorien in der Praxis des Kohlenbergbaus zu überprüfen. Mit einem schäbigen Anzug, schwarz beschmiertem Gesicht und sorgfältig eingeübtem Bergmannsjargon zieht er aus, das Arbeiten zu lernen. Im Camp North Valley findet er einen Job. Als einfacher Hauerskumpel Joe Smith lebt er unter den Bergleuten, schuftet er wie sie, wird er von der Firma schikaniert, betrogen und ausgebeutet wie sie. Mit seiner Erfahrung wächst seine Empörung über die skandalösen Verhältnisse. Unversehens wird aus dem Spiel Ernst und aus dem distanzierten Beobachter ein leidenschaftlicher Kämpfer gegen das Unrecht. Vertraute und Gefährtin ist ihm dabei die "wilde irische Rose" Mary, über der er fast seine standesgemäße Verlobte vergißt. Als es durch die Schuld der Zechenleitung zu einer Grubenexplosion kommt, stellt sich Hal an die Spitze der aufbegehrenden Kumpel. Sein Eifer und sein Gerechtigkeitssinn bringen ihn in gefährliche Situationen, aus denen er sich nur durch Preisgabe seines Inkognitos retten kann. Er kehrt in seine Welt zurück, doch als ein anderer Mensch. Sein Sommerabenteuer in König Kohles Reich hat ihn reifen lassen und seinem Leben eine neue Richtung gewiesen.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1976
Schutzumschlagentwurf: Erhard Grüttner
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Ingeborg Gronke.
Nachwort: Karl-Heinz Schönfelder
 

Anne Geelhaar: Komm lieber Mai und mache ...

Geschichten über Wolfgang Amadeus Mozart, erzählt für Kinder.

SEIN LIEBSTES SPIEL
Die Mutter schob den kleinen Wildfang aus der Küche. „Wolfgang, geh spielen.“
Wolfgang glitt unter ihrem Arm wieder hinein. „Ich spiel ja. Horch!“
Er bewegte zwei kupferne Topfdeckel zueinander. Zuerst ganz behutsam und leise „bim“. Danach etwas kräftiger „bam“. Und dann „bum“.
„Bum bam bim.“
Die Mutter lachte. Und Wolfgang ließ es weiter klingeln und klopfen. Auf Gläsern, Tellern und Brettchen.
„Bum bam bim...“, schlug Wolfgangs Stöckchen am anderen Tag das schmiedeeiserne Gitter am Schloßtor.
„Bum bam... bum bam...“, klapperten für ihn die Stiefelabsätze der Damen und Kavaliere auf dem Buckelpflaster der Bergstadt.
„Bam bim... bam bim...“, plätscherte der Brunnen auf dem Hofplatz.
„Bum bam bim... bim bam bum...“, klimperte Wolf- gang zu Haus auf dem Flügel aus rötlich blinkendem Holz. „Dreiklänge! Unser Wolferl spielt Terzen", staunte die fünf Jahre ältere Schwester Marianne.
Und Vater Mozart beschloß, auch seinem Söhnchen Klavierunterricht zu geben.
Kaum drei Jahre zählte Wolfgang Amadeus damals. Vor mehr als zweihundert Jahren.

Die TERZ ist die Dritte, in der Musik der dritte Ton der Tonleiter. Der kleine Wolfgang wählte bei seinem Spiel auf dem Klavier also nicht den nächstfolgenden, sondern den übernächsten Ton, das klingt hübscher und lustiger.

Das MENUETT ist ein zierlicher Tanz, der zu Mozarts Zeit bei Hofe besonders beliebt war.

Ein KOMPONIST ist ein Künstler, der Musik ersinnt, Töne zu Melodien aneinanderreiht und in Noten aufschreibt.

Der TAKT bestimmt den Rhythmus der Melodie und wird zu Beginn jedes Notenstückes angegeben. Taktstriche begrenzen ihn. Die erste Note nach dem Taktstrich wird betont. So zählst du beim Zweivierteltakt, der eine Zählzeit von zwei Viertelnoten hat: EINS, zwei, EINS, zwei..., beim Dreivierteltakt: EINS, zwei, drei, EINS, zwei drei...

Eine VARIATION ist die Umwandlung einer Melodie - beispielsweise durch Ändern des Taktes, des Tempos oder der Klangfarbe.

Illustrationen von Gertrud Zucker

Der Kinderbuchverlag Berlin

1. Auflage 1971
2. Auflage 1973
3. Auflage 1974
4. Auflage 1978
5. Auflage 1979
6. Auflage 1983
7. Auflage 1988

 

11 März 2023

Eugen Uricaru: Die Insel im Fluß

Es ist Mitternacht, als Nichifor Goreac mit dem D-Zug aus Bukarest in der siebenbürgischen Kleinstadt eintrifft. Alles ist mehr oder weniger so, wie er es vor zwanzig Jahren verlassen hat, die alten Kastanien und die vom ewigen Regen zerfressenen Fassaden, die hundertzwanzig Stufen, die die Obere und die Untere Stadt miteinander verbinden, die Kirche und der Marktplatz und das Gelbe Haus, in dem er mit seinen Eltern damals wohnte. Auch seine Jugendfreunde leben noch hier, Uliana, die er liebte, und Ilie, mit dem Uliana heute verheiratet ist, und Hängănuş und andere über all das will Nichifor ein Buch schreiben, um die Vergangenheit vor dem Vergessen zu bewahren. Und danach wird er sich vielleicht auf der Insel im Fluß niederlassen, Bienen züchten und Honig produzieren.

Der rumänische Autor Eugen Uricaru hält in seinem Roman Rückschau auf die wechselvolle Zeit seit den späten vierziger Jahren, die er in menschlichen Schicksalen lebendig werden läßt, um so zu einem historischen Verständnis unserer Epoche zu gelangen.


Buchanfang

Er war gegen Mitternacht mit dem einzigen in O. haltenden Schnellzug aus Bukarest eingetroffen und ging nun über das Pflaster der von blühenden Kastanien gesäumten Straßen, zwischen alten Häusern entlang, deren Mauerwerk der Regen ausgewaschen hatte, er stieg die hunderteinundzwanzig Stufen von der Unteren Stadt zur Oberen Stadt hinauf, die dicht bei der Kirche mit der Turmuhr und den Puppen unvermittelt endeten. Er zählte sie stumm mit, nur von dem einen Gedanken beherrscht: Ob wohl da oben auf dem kahlen Erdfleck hinter der Mauer, die von der Treppe aus grau und drohend aussah, noch Glasscherben lagen? Seinerzeit waren die jungen Burschen, um ihre Männlichkeit zu beweisen, im Frühling dort hinaufgegangen, hatten eine Flasche Branntwein an den graublauen Steinen zerschlagen und sich dann hastig, erschrocken oder auch begeistert über ihren Mut – wer konnte das wissen –, auf den Friedhof zurückgezogen. Da roch es nach feuchter Erde und trockenem Eichenlaub, sie rauchten Zigaretten, die sie bei ihren älteren Brüdern stibitzt hatten, und erzählten einander erdachte oder eingebildete erotische Erlebnisse. Das Klirren einer Glasscherbe, an die er mit der Schuhspitze gestoßen war, beruhigte ihn, der Brauch hatte sich also gehalten. Was für Scherbenberge mußten sich in all den Jahren seither angesammelt haben! Er ging um die Kirche herum und stand plötzlich auf dem ihm so vertrauten Marktplatz, der verlassen im Dunkel lag. Die krumme Gasse war beleuchtet, wie früher, die Straßenlampe hing unter dem Fenster des Gelben Hauses, wo er seine Jugend verbracht hatte. Im Sommer neunzehnhundertsechsundvierzig, gleich nach dem Krieg, war er dort mit seinen Eltern eingezogen. Die große Dürre, die damals das gesamte Moldaugebiet heimsuchte, hatte sie aus der kleinen Heimatstadt vertrieben, in der es zwar viele Läden, aber für einen demobilisierten Flugzeugmechaniker keine Arbeit gab. 


Der rumänische Schriftsteller Eugen Uricaru (geboren 1946) ist seit dem Abschluß seines Studiums an der Philologischen Fakultät der Universität Cluj Mitarbeiter der Literaturzeitschrift Steaua, ebenfalls in Cluj-Napoca. Er veröffentlicht Essays und Übersetzungen in der literarischen Presse und verfaßt Szenarien für Spiel- und Dokumentarfilme. Bisher veröffentlichte er folgende Bücher:

Über Purpur (Erzählungen), 1974

Scheiterhaufen und Flamme (Roman), 1977

Antonia (Novellen), 1978

Die Insel im Fluß (Roman), 1978

In Erwartung der Sieger (Roman), 1981

Vladia (Roman), 1982

Memorial (Roman), 1983

Übersetzungen seiner Texte erschienen in der Sowjetunion, in Polen, Ungarn, Jugoslawien und Griechenland.

Verlag Volk und Welt Berlin
1. Auflage 1985
Buchclub 65 - 1. Auflage 1985
Aus dem Rumänischen von Holda Schiller

Erich Gürtzig: Der falsche Hase



Abel & Müller Verlag, Leipzig
12-seitiges Pappbilderbuch
Bilder von Erich Gürtzig

1. Auflage 1977 
2. Auflage 1978 
3. Auflage 1979




 

Romain Rolland: Die Kindheit des Johann Christof

Kindheitsschilderungen haben viele Ähnlichkeiten, aber auch ihr Besonderes. Der berühmte französische Schriftsteller Romain Rolland beschreibt die Kinderjahre eines Jungen in einer "kleinen Fürstenstadt" im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Da ist die Hofgesellschaft, und da sind die wohlhabenden Leute, für die Christofs Mutter kocht. Und da ist die Familie, geplagt von ständigem Geldmangel, die ernährt werden muß. Der Vater, ein Trinker, ist dazu nicht in der Lage. So nimmt Christof die schwere Last auf seine Schultern. Das Besondere an dem Jungen? Er gilt bei vielen für ein Wunderkind. Von klein auf spürte er Töne und Klänge in allem, was ihn umgab, er musiziert und komponiert. Die Schmeichler aber, die ihn mit oberflächlichem Beifall bedenken, ahnen nichts von den Kämpfen, unter denen sich sein Talent entwickelt.

Buchbeginn
Die Kraffts waren antwerpischen Ursprungs. Der alte Hans Michel hatte das Land infolge toller Jugendstreiche verlassen, nachdem einmal eine seiner wilden Schlägereien, wie er sie als der verteufelte Kampfhahn, der er war, oft bestand, einen schlimmen Ausgang genommen hatte. Vor nun bald einem halben Jahrhundert war ihm die kleine Fürstenstadt zur Heimat geworden, deren spitzgiebelige rote Dächer und schattige Gärten, die auf sanftem Hügelabhang übereinandergebaut waren, sich in den blaßgrünen Augen des ,Vater Rhein' spiegelten...

Der Kinderbuchverlag Berlin
1. Auflage 1982
2. Auflage 1987
Ab 12 Jahre
Herausgegeben von Anneliese Kocialek
Nachwort von Gerhard Schewe
Illustrationen: Heidrun Hegewald

 

Günter Kunert: Der andere Planet - Ansichten von Amerika

Jedes Jahr beruft die Universität von Texas in Austin einen deutschsprachigen Schriftsteller als Gastprofessor an ihre germanistische Abteilung: Im Herbstsemester 1972 konnte Günter Kunert dieser Berufung folgen. Er vermittelte zeitgenössische Lyrik in der DDR sowie seine Ansichten und Hypothesen über die methodologischen Prinzipien der eigenen Arbeit, über deren Entstehung und deren Sinn.

Den Aufenthalt nutzte Kunert, sich im Lande umzusehen; nicht nur in Texas, sondern auch in angrenzenden Bundesstaaten wie Louisiana und New Mexico: knapp drei Monate lang fuhr er in einem alten Auto zehntausend Kilometer durch Wüsten, Prärien und Gebirge, er besuchte Indianersiedlungen und Metropolen, geriet in Santa Fé in einen Schneesturm und holte sich am Golf von Mexico einen Sonnenbrand. Kurzfristig bereiste er noch den Norden: Iowa, das Mecklenburg der Vereinigten Staaten, Washington, den Regierungssitz, und zuletzt die Stadt der Superlative: New York. Ein großer Teil des im Wortsinn Erfahrenen und des Erschauten, aus dem kritische Reflexion ihre über den Anlaß hinausgehenden Einsichten schöpft, ist in diesen Texten verarbeitet, verbunden mit der Haltung eines Menschen, der sich zu seiner eigenen Verwunderung auf einem „anderen Planeten“ wiederfindet.

Inhalt:

Vorwort .....7

1 Kennedy Airport .....11

2 Austin (Texas) .....18

3 Aladin in Austin .....23

4 Die alte Bäckerei .....28

5 6. Straße .....30

6 Campus .....33

7 Highways .....37

8 Lions Country Safari Park .....42

9 Bei den Wachsfiguren in Texas .....44

10 Padre Island .....48

11 Apartmenthaus .....53

12 Patriotische und andere Stunden .....56

13 Kings Village .....59

14 San Antonio .....66

15 New Orleans I .....73

16 Bei den Wachsfiguren in New Orleans .....79

17 New Orleans II .....84

18 Go west! .....90

19 Truth or Consequences .....97

20 Santa Fe .....101

21 Acoma .....108

22 White Sands .....114

23 Erfahrungen im Vorüberfliegen .....117

24 Zwischenlandung in Chicago .....123

25 Iowa City .....127

26 Amana .....132

27 Museum of History and Technology (Washington) .....135

28 Im Weißen Haus .....144

29 Washingtoner Impressionen .....148

30 Ankunft über Queensboro Bridge .....152

31 East 86. Street .....154

32 Termitenbau .....158

33 Fifth Avenue am Vorweihnachtssonntag .....162

34 Subway .....167

35 Empire State Building .....170

36 Orchard Street .....172

37 Broadway mit Abweichungen .....175

38 „Stadtgespräch“ .....181

39 Wall Street .....184

40 Museen Manhattans .....187

41 Zwei Hotels .....190

42 An der Brooklyn Bridge .....192

43 Times Square .....196

44 South Ferry .....199

Nachtrag: Wieso ich beinahe Amerikaner gewesen wäre .....204

Vorwort

Erinnern und Schreiben, das ist identisch. Im Prinzip. Und woraus bestünde dieses, wenn nicht in dem fragwürdigen Vorgang von Selektion, Verdrängung, Bewertung, Urteil, der seine Gegenstände verfärbt und verändert – manchmal bis zur Unkenntlichkeit. Trotz aller Mühe: Objektivität steht nicht in unserer Macht. Wir sind keine Speichergeräte. Unser aufnehmendes Auge erweist sich bereits beim Aufnehmen als partiell blind, zumindest als kurz- oder weitsichtig: ungewollt nehmen wir manches einfach nicht wahr oder nur bestimmte Dinge, deren Analogien in unserem Bewußtsein oder auch Unterbewußtsein schon vorrangig vorhanden sind, vergleichbar den Kenntnissen des Frühgeschichtlers, der sehr wohl bearbeitete Steine von nur natürlich zerfallenen unterscheiden kann, und die der Fachunkundige übersähe. Ein weit umherreisender Oberförster kehrte mit einem anderen Bild von der Welt heim als ein Architekt, ein Schauspieler, ein Genetiker. Dem Schriftsteller ergeht es nicht anders; ihm, der einen empfänglichen Sinn für alles Formale entwickelt hat, schließen sich divergente und isolierte Momente zu Einheitlichkeit und Sinnaussage zusammen. Dann pflegt man von „höherer Wahrheit“ zu sprechen. Das Stückwerk der Realität wird im Schreiben zu einer Vollkommenheit und Bedeutung erst zusammengefügt (einem allgemeinmenschlichen Kausalbedürfnis entsprechend), wodurch über längere Epochen hinweg der Eindruck zu entstehen pflegt, die Wirklichkeit enthalte die gleiche Mechanik, wie sie auch in der Literatur erscheint; selbst bei einer rationalen Einsicht in den unaufhebbaren Dualismus von Kunst und Realität verraten die Einsichtigen durch die Art und Weise, wie sie agieren, daß sie insgeheim auf eine (von wem oder was) dramaturgisierte Wirklichkeit bauen. Allein die anhaltenden, durch keine tatsächlichen Erfahrungen begründeten oder bestätigten Erwartungen auf den jeweils „guten Ausgang“ von Unternehmen, die stete Zielrichtung auf ein sich von selbst ergebendes Happy ending, implizieren „falsches Bewußtsein“, verursacht durch die in jedem, selbst (und gerade) im trivialsten Werk wirksame konstruktive Logik und Schlüssigkeit...

Günter Kunert, 24.3. 1974

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar
1. Auflage 1974
2. Auflage 1975
3. Auflage 1978
4. Auflage 1980
Einbandgestaltung: Heinz Hellmis

 

Rainer Flieger, Waldemar Spender: Das Auto frißt die Straße auf

Buchbeginn

Der Vater putzt das Auto blank und füllt Benzin in seinen Tank.
Dann hupt er. Mutter kommt im Nu. Der Filip steigt nach hinten zu.
Das Auto frißt in seinem Lauf die Straße immer schneller auf
und gibt sie hinten wieder her. Der Mutter fällt das Halten schwer.

VEB Postreiter-Verlag, Halle
1. Auflage 1978
2. Auflage 1979

 

Eberhard Brüning (Hg.): Anspruch und Wirklichkeit - Zweihundert Jahre Kampf um Demokratie in den USA: Dokumente und Aussagen

Diese Anthologie von Dokumenten, Reden, Aufsätzen, Briefen und Programmen verdeutlicht den zwei Jahrhunderte währenden Kampf um die Verwirklichung der Demokratie vom Unabhängigkeitskampf bis zur Gegenwart, von Thomas Jefferson bis Gus Hall. Sie will durch eine illustrative Zusammenstellung von Originalzeugnissen, ergänzt durch überleitende Kommentare und durch Fotos, Einsichten in die Entwicklung der USA vermitteln und den heute unübersehbaren Konflikt zwischen dem verfassungsmäßigen Anspruch auf Demokratie und seiner Durchsetzung beleuchten.

Rütten & Loening Berlin
1. Auflage 1976
 

05 März 2023

Ruth Werner: Über hundert Berge

Obwohl diesem Roman Tatsache zugrunde liegen, sind alle Personen frei erfunden.

Ruth Werners Heldin Urte stammt aus einem sehr einfachen Elternhaus. Sie ist ein typisches Beispiel dafür, wie aus einem sympathischen jungen Mädchen mit sauberem Empfinden durch das Gift der faschistischen Irrlehren ein Mensch wird, den die Nazis fest im Schlepptau haben. Über hundert Berge muß sich Urte quälen, ehe sie ihren Irrtum begreift. Ihre Ehrlichkeit läßt sie ihre ungeheure Enttäuschung nach dem Zusammenbruch des Faschismus allmählich überwinden und neue richtige Erkenntnisse gewinnen. Am meisten hilft ihr dabei der Mensch, der ihr Lebensgefährte wird - und den sie durch eigene Schuld wieder verliert.

Verlag Neues Leben Berlin
2. Auflage 1966
3. Auflage 1967
Einbandillustration: Erhard Schreier
 

Michael Hanisch: Über ihn lach(t)en Millionen - Charlie Chaplin


 Über ihn lachten Millionen. Fast alle seine Filme waren zu der Zeit, in der sie erstmalig in die Kinos kamen, überwältigende Erfolge, zumeist übertraf jeder Film den Erfolg des vorhergegangenen. Heute sind die meisten dieser Filme schon mehrere Jahrzehnte alt, die Mehrzahl sind Stummfilme. Und doch lachen auch im Zeitalter des farbigen 70-mm-Films, im Zeitalter des Fernsehens noch Millionen über sie.

Chaplin zählt zu den wenigen Meistern der siebenten Kunst, dessen Popularität nie Perioden des Dunkels gekannt hat. Er brauchte keine Kampagnen für eine Wiederentdeckung. Seine Popularität übertrug sich von Generation zu Generation. Für die jungen Zuschauer, die heute erstmals über Chaplin lachen, die seine Filme heute für sich entdecken, ist dieses Buch geschrieben.

Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin
1. Auflage 1974
4. Auflage 1986

Adolph Freiherr Knigge: Über den Umgang mit Menschen

Adolph Freiherr Knigge (1752-1796) hatte Wunsch und Hoffnung, seinen Mitbürgern durch eine praktische Lebensphilosophie Möglichkeiten zu zeigen, ihren Aufgaben besser gerecht zu werden: "Verliere nie die Zuversicht zu dir selber, das Bewußtsein deiner Menschenwürde!" Er hat sein Vertrauen in die Erziehbarkeit, auch der "Großen dieser Erde, Fürsten, Vornehmen und Reichen" gesetzt: "Stimme ihnen nicht bei: daß sie, was sie sind und was sie haben, daß man ihnen diese Vorrechte wieder nehmen kann, wenn sie Mißbrauch davon machen, daß unsre Güter und unsre Existenz nicht ihr Eigentum, sondern daß alles, was sie besitzen, unser Eigentum ist, weil wir dafür alle ihre und der Ihren Bedürfnisse befriedigen und ihnen noch obendrein Rang und Ehre und Sicherheit geben und Geiger und Pfeifer bezahlen; endlich, daß in diesen Zeiten der Aufklärung bald kein Mensch mehr daran glauben wird, daß ein einziger, vielleicht der Schwächste der ganzen Nation, ein angeerbtes Recht haben könnte, hunderttausend weisern und bessern Menschen das Fell über die Ohren zu ziehn."

Reclams Universal-Bibliothek Band 421
5. Auflage 1989
Nachwort von Karl Wolfgang Becker

04 März 2023

Horst Beseler: Tule Hinrichs Sofa

 Tule Hinrich's Sofa ist für die sechzehnjährige Milli und für ihren Freund Marcel ein Stück Erinnerung an die Kindheit, von der sie Abschied nehmen, aber auch ein Stück Geheimnis, von dem sie sich nicht trennen mögen. Sie können sich nur schwer vorstellen, daß in diesem Sofa einmal ein Mensch auf der Flucht vor seinen Verfolgern versteckt worden ist, und sie versuchen herauszubekommen, was wirklich geschah. Dabei gewinnt dieses alte Möbelstück besonders für Milli eine Bedeutung, von der sie niemandem etwas erzählen mag: Auf dem Sofa hat Marcel sie zum erstenmal geküßt.

Horst Beseler, Kinder- und Jugendbuchautor, Feuilletonist und Verfasser von Drehbüchern, wurde 1925 in Berlin geboren. Er war Redakteur und Journalist und ist seit 1952 freiberuflicher Schriftsteller. Horst Beseler lebt in Hinzenhagen bei Güstrow. Seine Veröffentlichungen waren Kurzgeschichten über Kriegserlebnisse und literarische Porträts. 

Verlag Neues Leben Berlin
2. Auflage 1982

Jaromir Jech (Hg.): Tschechische Volksmärchen

Die erste Auflage der "Tschechischen Volksmärchen" erschien 1961. Seither entwickelte sich die internationale Märchenforschung wesentlich und auch der tschechischen Folkloristik eröffneten sich neue Möglichkeiten und Wege. Es wurden zum Beispiel durch die Feldforschung zahlreiche bisher unbekannte Aufzeichnungen gefunden, ältere Sammlungen konnten neu gewürdigt, die Geschichte des tschechischen Märchens gründlicher Untersucht werden, ebenso die Probleme der interethnischen Beziehungen und der nationalen Eigenart der Märchenerzählungen. All das hat den Herausgeber Jaromir Jech bewogen, das Buch nach über 20 Jahren vollständig neu zu bearbeiten. Dabei war er darauf bedacht, in weit größerem Maße als vorher authentische Texte, wie sie im Volksmund lebten und zum Teil heute noch leben, in die Sammlung aufzunehmen.
Diese Auswahl ermöglicht einen gründlichen Einblick in die Märchenüberlieferung aus allen Regionen des tschechischen Ethnikums und bietet gleichzeitig einen Querschnitt durch die tschechische Märchentradition seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bis in die Gegenwart sowie durch alle Märchengenres. Der an Märchenforschung und überhaupt an der Märchenliteratur interessierte Leser gewinnt - vor allem durch das populär-wissenschaftlich sehr verständlich geschriebene Nachwort sowie durch die ausführlichen Kommentare - einen guten Einblick besonders in die spezifische westslawische Volksüberlieferung und gleichzeitig in die Probleme der internationalen Märchenforschung.

Akademie-Verlag Berlin 1984

Hans Kaufmann: Über DDR-Literatur - Beiträge aus fünfundzwanzig Jahren

Über die Kritiker seiner Zeit befand Heinrich Heine in einem Aphorismus, sie seien "wie Lakaien vor der Saaltüre bei einem Hofball, sie können schlechtgekleidete und unberechtigte Leute abweisen und gute einlassen, aber sie selbst, die Türsteher, dürfen nicht hinein".
Ein solches Verständnis der Kritik ist in unseren Tagen nicht mehr vorstellbar, die Kritik weiß sich der "literarischen Gesellschaft" unmittelbar zugehörig und pflegt einen vertrauten wie vertraulichen Umgang mit ihr.
Hans Kaufmann, Literaturhistoriker und in diesem Metier mit Studien zur deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts hervorgetreten, versteht sich prononciert als Gesprächspartner von Autor und Leser. In der Begegnung und Auseinandersetzung mit den dichterischen Welten gelangt der Kritiker immer auch zu ungewöhnlichen Sichtweisen auf unsere Wirklichkeit, die einen selbständig urteilenden, widerspruchsbereiten Leser voraussetzen. Dieser ist aufgefordert, eine literarische Kritik für sich produktiv zu machen, die ihr Urteil über künstlerische Werke vor allem an die Möglichkeit bindet, mit ihnen zu einem tieferen Verständnis des historischen Standortes heutiger Existenz zu gelangen.




Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1986