30 August 2021

Anton Tschechow: Die Ehe aus Berechnung und andere Erzählungen


 Der Satz, zu dem sich, je länger er lebte und schrieb, sein Denken zusammenzog, war der: "Die Hauptsache ist, das Leben umzugestalten; alles übrige ist unnütz."

Thomas Mann zu Anton Tschechow

Einführung

Tschechows Existenz hat mein Leben verändert. Ich verdanke Tschechow UNENDLICH viel: auch im endlichen Leben kann es Unendliches geben. Seit fünfundzwanzig Jahren lese ich seine Geschichten, seine Stücke, seine Briefe, seine REISE NACH SACHALIN - welch ein heldenhaftes Unternehmen wird da als "normale Reise" beschrieben und ich lese von Jahr zu Jahr anders, mit tieferem Verständnis, mit größerem Genuß. In seinem Werk ist etwas Besonderes enthalten.

Es gibt ein schönes Wort von Gorki über Dickens. Er nannte Dickens ein GENIE DER MENSCHENLIEBE. Gorki hat auch gut und genau über Tschechow geschrieben (sie kannten sich, und Tschechow hat aus Protest gegen Gorkis Ausschluß aus der Russischen Akademie seine eigene Mitgliedschaft gekündigt), aber dieses auf Dickens geprägte Wort schien mir immer auch zu Tschechow zu gehören. Das war ein Mann, der die Menschen liebte.

In früheren Zeiten wurden ja Worte gebraucht wie Menschenfreund, Menschenfeind, Menschenliebe. Uns scheinen sie etwas veraltet und nicht recht zu unserer Weltanschauung zu passen. Aber Tschechows Menschenliebe war eine "materialistische". Er hatte nicht nur Medizin studiert, er war ein richtiger Arzt, der Ursache und Wirkung in Zusammenhang sah. Menschenliebe hieß für ihn, seinen Zeitgenossen zu sagen: SCHLECHT LEBT IHR! Das hätte auch ein Moralist SAGEN können. Für den Schriftsteller kam es darauf an, das zu beweisen. Nur wenn, was gezeigt wird, wie LEBEN ist, macht es einen Eindruck in uns. Das Wort muß sinnliche Gewalt besitzen.

Abgesehen vom SCHARFBLICK des Schriftstellers gibt es einen Arbeitsprozeß, in dem das Wortgefüge gebaut, verstrebt, verdichtet wird, bis es die Wirklichkeit einfängt. Tschechow war nicht nur ein GENIE DER MENSCHENLIEBE, er war auch ein Mann der Arbeit.

Buchclub 65
Verlag Neues Leben, 1977
Illustrationen: Peter Muzeniek
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ulrike Hirschberg
Mit einer Einführung von Eva Strittmatter

Bret Harte: Der jüngste Goldgräber von Calaveras und andere Erzählungen


 Buchbeginn

Er war kaum acht Jahre alt, und doch konnte er schon, wie man glaubte, auf obigen Titel Anspruch erheben. Aber er tat es nie. Er war ein kleiner Junge, voller Sommersprossen bis zum Ansatz seines rotflammenden Haares und mit großen mandelförmigen Augen, die die grünliche Farbe reifer Stachelbeeren hatten. Wie es im Südwesten Amerikas so häufig zu beobachten ist, glich er seinen Eltern sehr wenig, war es doch, als sei über die Jugend des Wilden Westens ein neuer Geist der Unabhängigkeit und Originalität gekommen, der alle ehrwürdigen und althergebrachten Regeln der Vererbung über den Haufen warf. Etwas davon war auch in seiner seltsamen, auffallenden ...



Kinderbuchverlag Berlin 1960
Illustrationen: Ruprecht Haller
RBB Buch Nr 17

27 August 2021

Dagmar Kunze: Das Küken und das junge Entlein


 Ein Malbuch für Kinder von 6 Jahren an

Erzählt wird die Geschichte von einem Küken und einem jungen Entlein, deren Verhalten in lebhaft-humoriger Weise veranschaulicht wird.

Zur weiterführenden farbigen Gestaltung der Malbuchseiten empfehlen wir Wasserfarben und Rundpinsel (Nr. 5/6 und Nr. 6/7), da ein sorgfältiges Austuschen der Vorgaben die Aussagekraft der Bildgeschichte erhöht.

Ihr Kind sollte auch versuchen, eine selbsterfundene Bildgeschichte farbig zu gestalten.

Planetverlag, 1985



Edgar Wallace: Der Feuerrote Kreis


 Seit einiger Zeit schon sorgt der "Feuerrote Kreis", einer der skrupellosesten Erpresser, in der noblen Gesellschaft Londons für Aufregung, die sich bis zur Hysterie steigert, als erste Todesopfer zu beklagen sind.

In undurchschaubare und nicht selten gesetzeswidrige Manipulationen verstrickt, haben die wohlhabenden Bürger der Stadt meist Grund, sich den maßlosen und unerbittlichen Forderungen nicht zu widersetzen. Das macht die Nachforschungen für Inspektor Parr natürlich nicht gerade leichter...

Edgar Wallace, einer der produktivsten und erfolgreichsten Kriminalautoren des 20. Jahrhunderts, wurde 1875 in Greenwich (England) geboren, zur Adoption freigegeben und wuchs in der Familie eines Lastträgers vom Londoner Fischmarkt auf. Zum Lebensunterhalt der Familie trug er als Bote, Zeitungsjunge und Druckereigehilfe bei. Mit Beginn des Burenkrieges 1899 arbeitete er für die Nachrichtenagentur Reuter in Südafrika, später als Gerichtsreporter in London.

1905 brachte er im Eigenverlag seinen ersten Kriminalroman "Die vier Gerechten" heraus. Neben Kriminal- und Sensationsromanen (etwa 300!) entstanden in der Folgezeit auch Reportagen, Sachbücher, Theaterstücke, Drehbücher und Erzählungen. 1932 starb er in Hollywood.

Verlag Neues Leben, Berlin  1987
Illustrationen von Gerhard Medoch
Kompass-Bücherei, Band 385

Anatoli Drofan: Das Geheimnis des alten Glockenturms


 Inhalt
Als der Brief aus Dresden bei den ukrainischen Pionieren eintrifft, ahnen Schuschu und Ljonka noch nicht, welche Aufregungen sie erwarten. Doch gerade sie erhalten von der Pionierleiterin den Auftrag, die Bitte Jörgs zu erfüllen. Sie starten ihr Unternehmen "Taube", und dazu müssen sie koste es, was es wolle auf den alten Glockenturm gelangen. Schließlich mischt sich Schuschus Großvater in die Sache ein, den das geheimnisvolle Treiben der beiden Jungen aufmerksam gemacht hat. Nicht zuletzt durch ihn gelingt es, den alten Turm vor dem Abriß zu bewahren und die Uhr wieder instand zu setzen, die für Jörg aus Dresden eine besondere Bedeutung hat.

Buchbeginn
Schuschu

Es begann gleich am ersten Tag, kaum daß ich zur Schule gekommen war. In der zweiten Stunde erklärte die Lehrerin, ich wäre eigentlich noch nicht "schulreif". Ich konnte das Wort "Schaufel" nicht aussprechen. Statt dessen sagte ich "Ssaufel". Das Wort "schieben" konnte ich auch nicht wiederholen. Statt dessen säuselte ich "ssieben". Ähnlich verhaspelten sich viele andere Worte in meinem Mund. Als ich mir diese "Schaufel" abquälte, brach die ganze Klasse in schallendes Gelächter aus. Das war zu viel für mich, und ich fing an zu weinen.

Die Lehrerin trat zu mir und strich mir über den Kopf. "Sei nicht traurig, Wolodja Kornijenko! Mit der Zeit wirst du alle Wörter richtig aussprechen lernen. Deswegen brauchst du doch nicht zu weinen. Aber sag deiner Mutter, ich möchte sie morgen sprechen."

Mama kam zur Schule. Die Lehrerin spazierte mit ihr im Korridor auf und ab, und die beiden unterhielten sich leise miteinander.

Am nächsten Tag ging Mama mit mir zum Krankenhaus. Eine Ärztin in einem weißen Kittel, mit einer weißen Kappe auf dem Kopf und einer Goldrandbrille setzte mich vor sich auf einen Stuhl und ließ mich ein ganzes Gedicht nachsprechen. ....

Kinderbuchverlag Berlin 1973
Illustrationen Gerhard Oschatz
RBB Buch Nr 182

26 August 2021

Gerhard Holzapfel: Pflanzen, Tiere und Maschinen


 „Mein kleines Lexikon“ war eine für Kinder herausgegebene Serie von populärwissenschaftlichen Einführungen in verschiedene Wissensgebiete, die wesentliche Begriffe in alphabetischer Reihenfolge verständlich und unterhaltsam erklären. Die Bücher unterstützen den Schulunterricht und festigen dort erworbene Kenntnisse. Außerdem lernen die Kinder dadurch den Gebrauch von Nachschlagewerken. 

„Pflanzen, Tiere und Maschinen – Mein kleines Lexikon“ erschien 1974 im Kinderbuchverlag Berlin. Die Illustrationen stammen von Heinz Handschick.

„Pflanzen, Tiere und Maschinen“ beschreibt Tiere und Pflanzen, die für unsere Ernährung wichtig sind. Es wird gezeigt, wie durch Züchtungen die Erträge gesteigert werden können, und der Autor stellt landwirtschaftliche Berufe und moderne Landmaschinen vor.

Kinderbuchverlag 1974
Mein kleines Lexikon

Siegfried Börngen: Pflanzen helfen heilen


 Dem Leser wird versucht die Inhaltsstoffe, Wirkung und Anwendung der Heilkräuter nahezubringen und die Bedeutung der Heilpflanzen für unsere Gesundheit herauszustellen. Einige Spezialkapitel über Pflanzeninhaltsstoffe, über die Anwendung der Heilpflanzen als Haustee und zur „Frühjahrskur“ ergänzen die Ausführungen. Es geht in dem Buch auch um das Sammeln, Trocknen, die Dosierung und die Zubereitung von Heilkräutern. Dieses Buch hat zum Teil farbige Fotos von Kräutern.

Volk und Gesundheit. 12. Aufl., 1985

Wolfgang Hütt: Plastik, Grafik, Malerei


 In den frühen 1970er Jahren wurde sie ins Leben gerufen: die Serie „Mein kleines Lexikon“, eine Reihe von populärwissenschaftlichen Nachschlagewerken, die sich an Leser ab 9 Jahren richtete. Dabei handelt es sich um Einführungen in verschiedene Wissensgebiete, die wesentliche Begriffe in alphabetischer Reihenfolge verständlich und unterhaltsam erklären. Jeder der insgesamt 41 erschienen Bände widmet sich speziell einem Thema und kostete 5,80 Mark.

„Plastik, Grafik, Malerei – Mein kleines Lexikon“ von Wolfgang Hütt erschien 1974 im „Kinderbuchverlag Berlin“.

„Plastik, Grafik und Malerei“ vermittelt Kenntnisse aus dem Bereich der bildenden Kunst und stellt illustriert mit anschaulichen Beispielen, die wichtigste Kunstepochen vor. Es vermittelt Wissenswertes und Interessantes über das Betrachten von Kunstwerken, über die Eigenarten verschiedener Künstler und Kunstrichtungen aus Vergangenheit und Gegenwart.

Kinderbuchverlag Berlin 1974
Mein kleines Lexikon

Manfred Kurze: Mensch, Gesundheit, erste Hilfe


 In den frühen 1970er Jahren wurde sie ins Leben gerufen: die Serie „Mein kleines Lexikon“, eine Reihe von populärwissenschaftlichen Nachschlagewerken, die sich an Leser ab 9 Jahren richtete. Dabei handelt es sich um Einführungen in verschiedene Wissensgebiete, die wesentliche Begriffe in alphabetischer Reihenfolge verständlich und unterhaltsam erklären. Jeder der insgesamt 41 erschienen Bände widmet sich speziell einem Thema und kostete 5,80 Mark.

„Mensch, Gesundheit, erste Hilfe – Mein kleines Lexikon“ von Manfred Kurze mit Illustrationen von Konrad Golz erschien 1975 im „Kinderbuchverlag Berlin“.

„Mensch, Gesundheit, erste Hilfe“ beschäftigt sich mit dem Körperbau und den Lebensfunktionen des Menschen. Es zeigt auf, wie wichtig hygienisches Verhalten, Sport und richtige Ernährung für die Gesundheit des Menschen sind.

Kinderbuchverlag Berlin 1975
Mein kleines Lexikon

Maria Edgeworth: Meine hochgeborene Herrschaft


 Maria Edgeworth (1.1.1767-22.5.1849) lebte wie ihre Zeitgenossin Jane Austen unverheiratet auf dem Lande. So hatte sie Muße, ihre Umwelt – die benachbarten Adelsfamilien samt ihrer zahlreichen Dienerschaft und ihren Pächtern – aufmerksam zu beobachten und in Romanen und Erzählungen abzubilden. Ihre Kunst der Charakterisierung, ihr Humor und ihr Gerechtigkeitsempfinden vereinen sich auf das glücklichste in dem Sittenroman „Meine hochgeborene Herrschaft“.

Vier Generationen braucht die Herrschaft derer von Rackrent, um ihr Besitztum herunterzuwirtschaften. Sie quält sich nicht damit herum, sondern besorgt dies mit Stil, im Rausch, und zwar jeder der vier Träger des ehrwürdigen Namens auf seine Art. Sir Patrick gibt die feuchtfröhlichsten Gelage, Sir Murtagh führt die glänzendsten Prozesse, Sir Kit vergnügt sich im englischen Badeort Bath, ist der beliebteste Gentleman dort und macht eine schwerreiche Partie, Sir Condy gar wird ins Parlament gewählt. Allein, so hoch auch das Ansehen des traditionsreichen Hauses ins Kraut schießt, zum Ernten kommt die Familie nicht. Das große Gesellschaftsleben, die lukullischen Genüsse, die stolzen Erfolge sind Seifenblasen. Bald finden sich keine Kerzen mehr im Haus, die Scheiben bleiben zerbrochen, die Tore liegen danieder, und schließlich gleiten Grund und Boden den aristokratischen Eigentümern aus den Händen.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1981
bb 468

Heinz Entner: Paul Fleming


Ich war an Kunst/und Gut/und Stande groß und reich.

Deß Glückes lieber Sohn. Von Eltern guter Ehren.

Frey; Meine. Kunte mich aus meinen Mitteln nehren.

Mein Schall floh überweit. Kein Landsmann sang mir gleich.

Von reisen hochgepreist; für keiner Mühe bleich.

Jung/wachsam/unbesorgt. Man wird mich nennen hören/

Bis daß die letzte Glut diß alles wird verstören.

Diß/Deütsche Klarien/diß gantze dankck‘ ich Euch.

Verzeiht mir/bin ichs werth/Gott/Vater/Liebste/Freunde.

Ich sag‘ Euch gute Nacht/und trette willig ab.

Sonst alles ist gethan/biß an das schwartze Grab.

Was frey dem Tode steht/das thu er seinem Feinde.

Was bin ich viel besorgt/den Othem auffzugeben?

An mir ist minder nichts/das lebet/als mein Leben.


So hat Paul Fleming (1609-1640) kurz vor seinem allzu frühen Tode das eigene Leben zusammengefaßt, das eines Menschen, der sich zur Dichtkunst berufen fühlte und der deshalb sein ganzes Dasein in seine Dichtung hineinnahm. Dadurch schuf er für die lesende Nachwelt etwas in seinem Jahrhundert fast Einmaliges: die Möglichkeit, dieses Leben mit seinen Freuden und Leiden, Wünschen und Widersprüchen aus dem überlieferten Text und aus den wenigen erhalten gebliebenen authentischen Dokumenten wiederzugewinnen.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1989

25 August 2021

Heinz Neukirchen: Krieg zur See


 Diesen schwierigen Zeitraum, als die japanischen Flugzeugträger ihre Flugzeuge umrüsteten und die Maschinen der ersten Welle an Bord nahmen, nutzte der amerikanische Kampfverband aus. Durch seine Aufklärer gut über die Handlungen der Japaner unterrichtet, startete er 156 Flugzeuge zum Angriff. Sie erreichten in verschiedenen Gruppen die japanischen Träger und griffen sie an, als sie gerade den erneuten Start ihrer Flugzeuge vorbereiteten. In einem gemischten Torpedo-Bomben-Angriff kurz vor 10.30 Uhr wurden innerhalb von fünf Minuten drei der vier japanischen Träger durch Bomben so schwer beschädigt, dass sie von ihren Besatzungen verlassen werden mussten…

Die Seeschlacht bei Midway am 4. Juni 1942 ist die letzte der großen Seeschlachten, die Vizeadmiral d. R. Heinz Neukirchen in seinem Buch beschreibt. Salamis und Actium, Abukir, Trafalgar und Skagerrak sind andere wichtige Seeschlachten der Geschichte, die wir in diesem Buch ausführlich kennenlernen. Von den Riemenschiffen des Altertums und Mittelalters über die Segelkriegsschiffe bis zu den Dampf- und Motorschiffen und den kerngetriebenen Über- und Unterwasserschiffen der Kriegsflotten der Gegenwart reicht die jahrhundertlange Entwicklung des Krieges zur See. Admiral Neukirchen zeigt sie, indem er die Veränderungen des Schiffes und seiner Waffen und die dadurch notwendige und mögliche Flottentaktik beschreibt. Aus der Kenntnis der Geschichte des Seekrieges sucht er schließlich die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung zu bestimmen. Dadurch ist das interessant geschriebene Buch für jeden lehrreich, der sich für die Seefahrt und den Krieg zur See interessiert.

Heinz Neukirchen wurde am 13.1.1915 in Duisburg geboren. In der alten Hansestadt, dem größten Binnenhafen Westeuropas, entdeckte er schon früh seine Liebe für Schifffahrt und Häfen.

Heinz Neukirchen fuhr viele Jahre zur See als Matrose, Maat und Offizier, auf Segel-, Dampf- und Motorschiffen der Handels- und der Kriegsmarine.

Nach dem Kriege absolvierte er die Seekriegsakademie in Leningrad und war danach viele Jahre als Konteradmiral und Chef des Stabes der Volksmarine tätig.

Für seine Verdienste und Leistungen beim Aufbau und bei der Festigung der Arbeiter-und-Bauern-Macht wurde er mit hohen staatlichen Auszeichnungen geehrt und bei seinem Ausscheiden aus der NVA 1964 zum Vizeadmiral d. R. befördert.

Seit dieser Zeit leitet er als Präsident des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft an verantwortlicher Stelle den weiteren Aufbau der schnell wachsenden Seeverkehrswirtschaft der DDR.


Deutscher Militärverlag, Berlin
1. Auflage, 1968 (1. Auflage 1967)

Ion Marin Sadoveanu: Jahre der Entscheidung

 

Großvater Janku, dem alten Parvenü, soll der erste Enkel geboren werden. Aufgeregt und nervös läuft er umher, peinlich darauf achtend, daß nicht das kleinste störende Geräusch ans Ohr seiner niederkommenden Tochter gelangt, weshalb er sogar die Straße mit Stroh auslegen läßt. Welchen Weg würde wohl dieser umhegte und von allen verwöhnte kleine Ion eines Tages einschlagen? Im Hause seines Vaters, des Arztes Dr. Sintu, wächst er zu einem allseitig gebildeten und aufgeschlossenen jungen Menschen heran. Auf Grund vieler aufwühlender Erlebnisse macht er sich immer mehr von alten Vorurteilen frei und denkt nicht daran, die ehrgeizigen Pläne seiner lieblosen und engherzigen Mutter zu verwirklichen. Das Leben in der Hafenstadt Konstanza am Schwarzen Meer, wo der Vater die Leitung des Krankenhauses übernimmt, sowie eine Reise in die Schweiz, auf der Ion nach einer schmerzlichen Enttäuschung eine echte, tiefe Liebe erfährt, bestimmen den weiteren Weg des jungen herangereiften Mannes, des Jurastudenten, der schließlich in den Strudel des ausbrechenden ersten Weltkrieges hineingezogen wird…

Buchverlag Der Morgen Berlin, 1961

Louis Sébastien Mercier: Mein Bild von Paris


 Durch sein theoretisches Werk über die Entwicklung eines bürgerlichen Dramas hat Mercier (1740-1814) einen großen Einfluss auf den deutschen Sturm und Drang und Goethe ausgeübt. Von nicht geringerem Ruhm war jedoch sein ‚Tableau de Paris‘, eine vier Bände umfassende Reihe literarischer Reportagen über das vorrevolutionäre Paris. Äußerst kritisch analysiert Mercier darin die zeitgenössischen Verhältnisse der französischen Metropole und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Umschwung unmittelbar bevorstehe. Aus den mehr als tausend Kapiteln der Amsterdamer Ausgabe von 1787 wurde eine Auswahl getroffen, die das Interessanteste und Amüsanteste dieses Werkes vereinigt. Die 43 Illustrationen nach zeitgenössischen Kupferstichen des Schweizer Malers Balthasar Anton Dunker (1746-1802) mit ihrem oft drastischen Realismus, ihrem versteckten Sarkasmus ergänzen so recht das literarische Vorbild.

Insel-Verlag
(übersetzt von Jean Villain)

Prof. Dr. Heinrich Dathe: Handbuch des Vogelliebhabers

Unter dem Haupttitel „Handbuch des Vogelliebhabers“ hatte der Verlag vor nunmehr 12 Jahren einen ersten Band herausgegeben. Er enthält in einem allgemeinen Teil die Grundlagen der Haltung, Fütterung und Pflege einschließlich Krankheiten „seltener“ Vogelarten. Im speziellen Teil werden die Papageien und die Tauben beschrieben. Inzwischen ist dieser Band bereits in mehreren Auflagen erschienen.

Bereits bei der Herausgabe des ersten Bandes wurde darauf verwiesen, dass, dem Prinzip nach Vollständigkeit folgend, zumindest noch zwei weitere Bände erarbeitet werden müssen, um möglichst alle interessierenden Vogelarten vorzustellen. Das Grundschema ist eine monografische Beschreibung, wobei für die einzelnen Vogelarten die Eingruppierung in „Beschreibung, Heimat und Lebensweise, Stimme und Balz sowie Haltung und Zucht“ bestimmend sein soll. Allgemeine Ausführungen, unter denen die Familien bzw. Arten zusammengefasst werden, sind jeweils vorangestellt. Wegen der großen Stofffülle wird der Text in einer lesbaren Kurzform angeboten, so wie dies auch beim ersten Band praktiziert wurde. Es ist damit die Möglichkeit gegeben, eine hohe Informationsdichte zu gewährleisten.


Im hier vorgelegten zweiten Band werden 9 Familien mit rund 200 Arten beschrieben. Als Oberbegriff werden die Vogelfamilien mit ihren oft großen Gattungsgruppen vorgestellt. Zu jeder Gattung gehören die Arten; ihre Anzahl kann von einer bis zu 20 und mehr variieren. Der Leser erhält einen Überblick über die Webervögel, Witwenvögel, Sperlinge, über Prachtfinken, die Finkenartigen, Ammern sowie Ammertangaren. Sie alle zusammengefasst, würden zur Gruppe der Körnerfresser zählen, im Unterschied zur Gruppe der Weichfresser, über die ein folgender Band derzeit vorbereitet wird.
Die Autoren wenden sich in erster Linie an den Hobby-Ornithologen, an den ornithologisch einfach nur interessierten Leser. Davon unberührt blieb die Notwendigkeit zu einer wissenschaftlich fundierten Darstellungsweise. Dieser inhaltlichen Forderung wird in hohem Maße entsprochen, denn das Buch ist nicht nur durch eine große Informationsdichte gekennzeichnet, sondern auch durch seinen reichen Gehalt an aktuellen Aussagen.
Die Absicht, von jeder Art möglichst ein Bild zu zeigen, hat sich nicht verwirklichen lassen. Hier stießen die Autoren und der Verlag an die Grenzen eines dazu vertretbaren Aufwandes. Dennoch wird ein reichhaltig illustriertes Buch angeboten, zur Unterstützung des Lesers, aber auch um zu zeigen, wie schön ein Hobby sein und mit wieviel wissenschaftlichem Verständnis es betrieben werden kann.

Deutscher Landwirtschaftsverlag
Band 1 – 1974
Band 2 – 1986 

Victor Hugo: Han der Isländer


 In seinem ersten Roman erzählt der neunzehnjährige Victor Hugo die romantische Liebesgeschichte von Ordener Guldenlew und Ethel Schumacher. Vor dem Hintergrund eines Intrigenspiels um den Vater des Mädchens, den Grafen von Griffenfeld, und der nordischen Legende vom berüchtigten Räuber Han von Island hat der junge Held einen gefahrvollen und konfliktreichen Weg zurückzulegen auf der Suche nach geheimen Dokumenten, die den als Hochverräter verurteilten Grafen entlasten sollen.

Der Autor wendet sich entsprechend seinen romantischen Humanitätsidealen gegen Haß, Verleumdung und Intoleranz, steigert die abenteuerliche Spannung noch durch die Verwendung von Elementen des englischen Schauerromans.

Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig und Weimar, 1988

Kristinn E. Andrésson: Isländische Erzähler


 Älter als ein Jahrtausend ist die isländische Literatur. Auf der Insel im Atlantik mit ihrer grandiosen Landschaft von Gletschern, Flüssen und Fjorden entstanden die Lieder der Edda, kunstvolle Reimerzählungen und gewaltige Sagas, die von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben wurden und noch heute jedem Isländer vertraut sind. In den Jahrhunderten schwerster Unterdrückung waren diese Dichtungen ein Quell der Kraft und der Hoffnung für das isländische Volk, beschworen sie doch das Bild einer heroischen Zeit, in der die Vorfahren mannhaft einem widrigen Schicksal trotzten.

Die Liebe zur Literatur haben sich die Isländer bis zum heutigen Tag bewahrt; sie sind, wie die Statistik beweist, die lesefreudigste Nation der Welt. Kein Wunder, daß das kleine Land mit seinen 190.000 Einwohnern eine ganze Reihe begabter Schriftsteller besitzt, die die große literarische Tradition Islands würdig fortsetzen. In dieser Anthologie stehen neben den Erzählungen international renommierter Autoren Beiträge von Erzählern, die bisher bei uns unbekannt waren. Sie alle schildern mit kraftvoller Eindringlichkeit die gigantisch-wilde Natur des Landes, das Leben der Fischer und Bauern, die mannigfachen Probleme der amerikanischen Besetzung und das unaufhaltsame Versinken des alten Island, das mit jedem Tag mehr der Vergangenheit angehört.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1968

24 August 2021

Hans-Jürgen Momberg: Gefährten der Wildmark


 Ein lauer und föhniger Wind strich vom Südwesten herauf und fing sich in den Tälern unter dem Felsmeer des Tunturi.

Weich wie Seide glänzte der Himmel.

In den Wäldern zwischen Ukkovaara und Tapiovaara lag noch eine dünne, porige Schneekruste. Aber Tag um Tag wurde sie durchlässiger. Von den Felsen und Blöcken tropfte das trübe Schmelzwasser und sickerte zwischen das dürre Moos. Auf einem sandigen Heidestreifen zwischen der Wildnis duckten sich Gruppen krüppeliger Wacholderbüsche.

Ein Stück unberührter, ursprünglicher Natur war dieser Fleck in der finnischen Wildmark. Düster dreinschauende Kiefern und flechtenbehangene Fichten wechselten mit bizarren Espen, von denen schon einige vor Altersschwäche umgebrochen waren. Dichte Moospolster wucherten über das morsche Holz, das auf dem Waldboden verstreut war und zahllose Hindernisse bildete.

Eine hohe Fichte mit geknickter Spitze begann zu schwanken, als schüttele sie der Wind. Doch plötzlich tauchte genau an der Bruchstelle ein riesengroßer Vogel auf und versuchte, flügelklatschend ins Gleichgewicht zu kommen. Erschreckt waren die Kleinvögel verstummt, deren Lied noch eben durch den erwachenden Wald tönte.

Der prächtige Auerhahn machte einen langen Hals und prüfte offenbar unruhig und mißtrauisch die Umgebung.

Alfred Holz Verlag, 1. Aufl., 1971
Einband und Illustrationen: Heinz Rammelt

Marianne Bruns: Frau Doktor privat



 Wie kann man seinen Beruf, der einem als Ärztin eine große Verantwortung auf gibt, mit einem harmonischen häuslichen Leben in Einklang bringen, wenn die übrigen Angehörigen der Familie fremd und abweisend gegenüberstehen und ihre eigenen Wege gehen.
Vor dieser Frage steht die Ärztin Erika Brand in dem neuen Roman der aus vielen Veröffentlichungen bekannten Autorin Marianne Bruns. In ernstliche Konflikte gerät Erika Brand, als sie einem alten Jugendfreund begegnet und von diesem vor die Frage gestellt wird, außerhalb der Stadt, in der ihre Familie lebt, ein Krankenhaus einzurichten. Die Abwesenheit der Mutter erweist sich aber als letztlich gar nicht so nutzlos: Als nämlich das jüngste Mitglied der Familie, eine kleine Tochter, durch die ungünstigen Verhältnisse und durch die Zerwürfnisse in der häuslichen Umgebung ernstlich Schaden zu nehmen droht, besinnen sich endlich alle Beteiligten auf ihre Verpflichtungen.

Buchbeginn

Das Wohnzimmer der Familie Brand - von den Kindern auch gelegentlich "die Brutstätte" genannt, sowohl weil darin über Büchern gebrütet wurde, als auch weil gelegentliche Familiengewitter hier zu brüten und sich zu entladen pflegten, - war ein großer Raum, peinlich sauber aufgeräumt, ziemlich voll von Möbeln, die aber alle gebraucht wurden, und an diesem frühen Märzabend fast menschenleer. Die Familie begann dieses Zimmer gewöhnlich erst zu späterer Stunde zu bevölkern. Nur an dem kleinsten der drei Schreibtische, einem altmodischen, etwas abgenutzten Möbelstück aus Nußbaumholz, das Monika, die Jüngste, stolz den "Sekretär" nannte, saß jemand und schrieb...

Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale), 1957

Günther Feustel: Tschurk


 Buchbeginn

Ein Hund hat viele Leben

Matis stellte sich in den Wind. Der Wind war noch eisig. Er trieb ihm feine spitze Schneeflocken wie Nadeln ins Gesicht und drückte ihm die Zipfel seiner Mütze in den Nacken.

Trotzdem - irgendwie roch es nach Frühling! Es waren die letzten Frosttage. Das Tauwetter würde bald kommen, mit ihm ein Atemzug lang Frühling und dann der Sommer, die Ferien, die Zeit mit den Rentierherden, die Abende vor den Zelten, um das Feuer mit dem Kaffeekessel.

Matis lachte dem Wind entgegen, jauchzte vor Freude und pfiff auf zwei Fingern. Weit oben am Hügel löste sich ein Rentierochse aus der ruhenden Herde und kam langsam dem Pfiff entgegen. Es war der alte Ganda, der seit dem vorigen Jahr auf einem Auge blind war. Matis liebte ihn, solange er denken konnte.

Matis schob den Schlitten um das Haus und legte das Geschirr zurecht. Ganda kam näher vorsichtig, Schritt um Schritt. Matis mußte ihn jedesmal überlisten, um ihn ins Geschirr zu bringen. Und immer wieder fiel der alte Ganda darauf herein. Es war fast wie ein Spiel zwischen den beiden - mit festgelegten Regeln.

Matis lief dem Ochsen ein paar Schritte entgegen, sang leise beruhigende Töne. Zögernd kam das Tier näher.

Altberliner Verlag, 1. veränd. Aufl., 1985
Einband und Illustrationen: Dieter Müller



P. D. James: Ein reizender Job für eine Frau


Cordelia Gray, eine intelligente junge Frau, ist eben erst Alleininhaberin eines kleinen Detektivbüros geworden, als sie auch schon ihren ersten Auftrag erhält. Sie soll herausfinden, warum der Sohn eines prominenten Naturwissenschaftlers Selbstmord begangen hat. Cordelia macht sich an die Arbeit und wendet bei ihren Nachforschungen Methoden an, in denen Kriminalrat Dalgliesh von Scotland Yard die eigene bewährte Verfahrensweise wieder erkennt. Wie sie trotz ihrer Unerfahrenheit das Geheimnis um Mark Callenders Tod aufdeckt und dabei ihr Leben riskiert, erzählt die englische Kriminalschriftstellerin in diesem psychologisch überzeugenden, gut gebauten Roman.

P.D. James, mit bürgerlichem Namen Phyllis White, wurde 1920 in Oxford geboren und besuchte die High School in Cambridge. Nach ihrer Heirat im Jahre 1939 siedelte sie nach London über. 1949 bis 1968 arbeitete sie im staatlichen Gesundheitsdienst und war anschließend bis 1980 Beraterin für Jugendfragen auf Ministerialebene. P.D. James führt die Tradition der klassischen englischen Kriminalliteratur auf beachtlichem Niveau fort. Aus der Überzeugung, daß "ein Detektivroman ... niemals die Logik zugunsten einer oberflächlichen Spannung opfern" darf, verzichtet sie auf reißerische Effekte, ohne jedoch die Brutalität des Verbrechens zu verharmlosen oder zu verschweigen.

Seit 1962 veröffentlichte sie neun Kriminalromane - u. a. "Ein Spiel zuviel" (1962), "Tod im weißen Häubchen" (1971), "Der schwarze Turm" (1975), "Tod eines Sachverständigen" (1977) und ,,Ende einer Karriere" (1982) - , die ihr den Ruf einbrachten, die "Kronprinzessin der Agatha Christie" zu sein.

ex libris, Volk und Welt, 1. Aufl., 1988
Reihenentwurf: Lothar Reher
Gestaltung: Sieghard Hawemann
Aus dem Englischen von Wolfdietrich Müller

Öivind Bolstad: Der Profitör


Zur Einführung

 Oivind Bolstad, am 1. Februar 1905 in Vadsö (Norwegen) geboren, war zunächst als kaufmännischer Angestellter tätig, bis er 1930 zu schreiben begann. Er verfaßte eine Reihe von Hörspielen, denen 1938 das Schauspiel "Patrioten" folgte, das in einem besetzten Norwegen spielt und die Entwicklung der nächsten Jahre schon damals richtig voraussah. Bolstads erster Roman "Die goldenen Fesseln" durfte wegen seines Eintretens für Frieden und Völkerverständigung während des Krieges nicht erscheinen und wurde erst 1945 veröffentlicht. Zwei Jahre später erschien der Roman "Der Profitör", der den Kampf zweier Fronten im Norwegen der Nachkriegszeit schildert: auf der einen Seite die Kriegsgewinnler, die während der faschistischen Okkupation Millionen verdienten und sich jetzt wieder den imperialistischen, neofaschistischen Mächten zur Verfügung stellen - auf der anderen Seite die Arbeiterschaft, die sich von diesen "Wirtschaftsführern" befreien will, auch wenn die eigene versöhnlerische Gewerkschaft zum Kompromiß rät. Der Roman ist ein getreues Spiegelbild der gegenwärtigen Verhältnisse auch in anderen kapitalistischen Ländern, vor allem aber in Westdeutschland. Hier wie dort können wir die Entwicklung der gerade noch entwischten Kriegsverbrecher zu wieder anerkannten Industriekapitänen verfolgen - hier wie dort markieren die rechtsorganisierten Gewerkschaftler Opposition, während sie in Wirklichkeit zu Handlangern einer amerikahörigen Clique geworden sind.

Buchbeginn

Tora Kram war damit beschäftigt, für die Festtafel am Abend Blumen zu ordnen. Das war eine Tätigkeit, der sie sich sonst mit großer Freude hingab. Sie liebte es, mit fertigen Farben der Natur zu hantieren, und sie liebte es, die Menschen ihre Kombinationsgabe rühmen zu hören. Blumen an sich liebte sie nicht, aber es machte ihr Freude, wenn die Menschen glaubten, sie habe sie gern. Sie liebte auch Bücher in großen Regalen, las aber selten darin. Im übrigen las sie viel, Zeitungen und Magazine mit vielen Bildern. Sie besaß einen anschlägigen Kopf von seichtem Wissen, dazu eine nüchterne Lebensauffassung. Sie haßte müßige Stunden, aber Pflichten kamen ihr aufdringlich vor. Für tatkräftige starke Männer hingegen schwärmte sie mit primitiver Lust. Ihre Stellung im Dasein war einfach und klar. Sie war selber ein Blumenarrangement, aus den fertigen Farben der Natur ein für allemal zusammengestellt und an Ort und Stelle gesetzt. Ibsens Mann mit dem Gießlöffel würde schwerlich etwas Wesentliches aus ihr machen, weder im Guten noch im Bösen...

Verlag der Nation, 1953
Roman für alle Nr. 26
Aus dem Norwegischen von Elsa Jacobsen

Heli Busse: Es gibt keine Wunder mehr oder Warum Onkel Karl abbrannte


 Obwohl mein Verhältnis zu Onkel Karl nicht besonders gut war, hatte ich mich entschlossen, ihm zum Geburtstag ein Feuerzeug zu schenken. Der Mann war ein starker Raucher und lebte insofern gefährlich, als er zum Zigarettenanzünden Streichhölzer benutzte. Ich selber war dabei, als ihm so ein Holz beim Anreißen mitten durchbrach, die brennende Hälfte in die Gardine flog, dort hängenblieb und im nu vom Fußboden bis zur Gardinenstange eine Feuersbrunst erzeugte. Dann fiel das ganze Flammenmeer von der Stange runter und hinter den Schreibtisch, der am Fenster stand. Die Tante und ich gossen einige Eimer Wasser drauf, und die Sache war für diesmal ausgestanden, aber bei einem Tageskonsum von zwanzig Zigaretten konnte es nur eine Frage der Zeit sein, wann der Onkel vollends abbrennen würde. Als seine Verwandte fühlte ich mich den übrigen Hausbewohnern gegenüber verpflichtet, ihm etwas Harmloseres in die Hand zu geben, als es Streichhölzer waren.

Erstaunlicherweise gibt es bei uns trotz sonst hoher Spezialisierung im Handel noch kein Feuerzeugspezialgeschäft. Diese wichtigen, Brände vermindernden Geräte werden so nebenbei in Tabakwaren- und Spirituosenläden verkauft, so daß man nicht auf eine fachgerechte Bedienung und Beratung hoffen kann. Ich merkte dies gleich, als ich meinen Wunsch äußerte, ein Feuerzeug kaufen zu wollen. „Es soll für einen älteren ...

Eulenspiegel Verlag, 4. Aufl., 1989
Illustrationen von Andreas J. Mueller

23 August 2021

Egon Erwin Kisch: Das tätowierte Porträt – Auswahl von Reportagen


 Buchbeginn

Von den Balladen des blinden Methodius

Mag es auch klingen wie eine Geschichte aus der Zeit der Romantiker, so muß doch damit begonnen werden, daß der blinde Methodius in unserem Hof eine Art von Balladen singt. Der Flur, der in diesen Hof mündet, ist breit und gewölbt und dennoch voller Dunkelheiten, Eisentüren rechts und links verschließen vier nie betretene Verliese. Am Kellereingang baumelt ein Eisenring mit dem Rest einer geheimnisvollen Kette, und im Keller selbst wissen wir einen Rittersaal mit Nebenräumen, aus denen einstmals zwei Gänge zum Rathaus führten und zur Teinkirche. Wenn wir erwachsen sind, werden wir diese längst verschütteten Gänge wieder freilegen, sie bewaffnet durchschleichen und etwas Großes vollführen, das ist sicher…

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, (1987)

Karel Čapek: Das Jahr des Gärtners


 Dieses vergnügliche Büchlein, dieser Jahreskranz der Mühen, Freuden und Hoffnungen eines Gärtners, ist erfüllt von der Liebe seines Verfassers zu der sich immer wieder erneuernden und mit sanfter Gewalt ins Künftige strebenden Natur, ist erfüllt von der Liebe zu den in ihr wurzelnden und um sie besorgten Menschen. Und jener behutsamen und wissenden Liebe, getragen von Wunsch und Gewißheit, entspringt der Humor, die Ironie, welche das Vergnügliche zum Vergnügen steigert; man spürt, daß ein tiefer Ernst in all der heiteren Gelassenheit steckt. So wächst dieses kleine Meisterwerk des Feuilletonismus über den vordergründigen Gegenstand hinaus. Die sich unversehens einstellende Erinnerung an Gedanken, mit denen Vertreter der bürgerlichen Aufklärung am Vorabend der Französischen Revolution die Begriffe „Gärtner“ und „Gärtner sein“ verbanden, drängt sich nicht von ungefähr auf…

Gustav-Kiepenheuer-Verlag, Leipzig und Weimar, 2. Auflage, 1985
Mit Illustrationen von Karel Čapek

Rudolf Harnisch: Der Tod des Erwin Rebsch


 Bei einem Spähtruppunternehmen an der Ostfront wird der Gefreite Rebsch im Sommer 1941 durch einen Rückenmarksteckschuß schwer verwundet. Als er endlich im Feldlazarett auf den Operationstisch kommt, ist es für einen chirurgischen Eingriff bereits zu spät. Seine Agonie wird jedoch zugleich zum Prozeß der Selbsterkenntnis. Erwin Rebsch begreift die Sinnlosigkeit seines Sterbens und sein falsches Verhalten in den letzten Jahren. Aus seiner Einsicht erwächst eine in der deutschen Wehrmacht unerhörte Begebenheit. In der Stunde des Todes geht Rebsch den Weg zurück zur Klasse seiner Herkunft und findet an die Seite seiner Klassenbrüder in den Uniformen der Roten Armee.

Verlag Kultur und Fortschritt 1961
Die bunte Reihe

Leonidas Jacinevičius: Tee um fünf Uhr früh


Taurus ist ein junger Schriftsteller. Drei Jahre lang nutzte er jede freie Minute zum Schreiben - nun blickt er mit Freude auf den kleinen Band Erzählungen, der ihm ersten Erfolg beschert. Doch sein Stolz vermischt sich bald mit der bitteren Erkenntnis, daß der Preis, den er dafür zahlen muß, zu hoch war: seine Ehe ist in die Brüche gegangen, seine Freunde hat er verloren, und ist er nicht am eigentlichen Leben vorbeigegangen?
Leonidas Jacinevičius hat bereits mit zahlreichen Erzählungen sein bemerkenswertes literarisches Talent bewiesen. Mit diesem polemischen Künstlerroman sucht der litauische Autor nach der eigenen Selbstbestimmung und wirft interessante Fragen auf, die die Position des Schriftstellers in der Gesellschaft betreffen.

Verlag Volk und Welt Berlin
Aus dem Litauischen von Irene Brewing
244 Seiten
Ganzleinen 7,20 M

 

Karl Kraus: Polemiken, Glossen, Verse und Szenen

Karl Kraus (1874-1936), geboren in Jicin (Böhmen), gestorben in Wien, Sohn eines jüdischen Fabrikanten, nach Jura- und Philosophiestudien sowie gescheitertem Debüt als Schauspieler Journalist und freier Schriftsteller. 1899 gründete er "Die Fackel" (Mitarbeiter u.a. Wedekind, Liliencron, Wilhelm Liebknecht), deren alleiniger Autor er ab 1911 war. Als Sprach-, Kultur- und Gesellschaftskritiker von aggressiver bürgerlich-humanistischer Haltung kämpfte er gegen Sprachverlotterung, im Namen des "Geistes" gegen den "Ungeist", gegen Verlogenheit und Verfall der bürgerlichen Kultur. Als Dramatiker schuf er mit den "Letzten Tagen der Menschheit" (1922) das dokumentarische Totalbild vom Untergang der österreichischen Vorkriegsgesellschaft. Als Übersetzer, Bearbeiter und Rezitator auf Vortragsabenden in Wien und Berlin interpretierte er Aristophanes, Shakespeare, Offenbach und Nestroy. In der "Dritten Walpurgisnacht" (1933/34, postum 1952 veröffentlicht) formulierte er seine Abrechnung mit dem Hitlerfaschismus. Den "ersten Schriftsteller unserer Zeit" hat ihn Bertolt Brecht genannt.

Reclams Universal-Bibliothek Band 358, 1. Auflage 1971
Sprache und Literatur
Kritik
 

Alexandre Dumas: Das Halsband der Königin

 Alexandre Dumas der Ältere hat so viele historische Romane geschrieben, daß man ihre genaue Zahl nicht weiß. Die Zeit Napoleons hatten die Nachlebenden sich zu Legenden verklärt, die Wirklichkeit empfand man als die der „verlorenen Illusionen“; wie sehr man nach dem Wunderbaren lechzte, beweisen die Massenerfolge Dumas‘. Die Zeitungsverleger hatten als unfehlbares Mittel, ihre Auflagen zu steigern, den Fortsetzungsroman soeben entdeckt, und kein Autor steigerte sie unfehlbar wie Dumas. Er hätte am liebsten die ganze Weltgeschichte in eine Romankette verwandelt. Man sieht – und denkt an Balzac -, die gigantischen Pläne waren damals nicht einmalig. Mit den Eigenschaften seiner prachtvollen Musketiere selber begabt, dazu mit sicherem Theaterinstinkt und gewaltiger Arbeitskraft, der einige gute literarische Mitarbeiter assistierten – so inszenierte er immerhin die französische Geschichte. „Es ist eine Geschichte, die nicht ganz wahrheitsgetreu, aber auch nicht ganz falsch ist, und sie ist in jedem Augenblick wunderbar dramatisch“ (André Maurois in „Die drei Dumas“).

Die Halsbandaffäre, die in der Tat die Vorgeschichte der Revolution eröffnete und seit der man, laut Napoleon, den Tod der Königin hat voraussehen können, wird mit einer schmerzlichen Liebesgeschichte verbunden, und Marie-Antoinette erscheint weniger als die allzu leichtfertige Herrscherin, die sie war, denn als eine unglückliche Frau. Cagliostro alias Joseph Balsamo, der dem Leser aus dem ersten Band dieser Romanfolge („Der Ratschluß des Magiers“) bekannt ist und der in Wirklichkeit ein Scharlatan war, wirkt im Hintergrund als geheimnisvoller Lenker der Geschicke und geschworener Diener der Geschichte. Im übrigen stimmen die Ereignisse ungefähr mit der Historie überein. Die Abenteurerin Jeanne de La Motte, die Königin, der Juwelier Boehmer, der Kardinal Louis de Rohan, der Fälscher Réteaux de Villette, das Mädchen Oliva waren nach den überlieferten Prozeßakten tatsächlich und etwa in der dargestellten Weise Akteure in diesem Kriminalfall. Wo Dumas vornehmlich aus kommerziellen Gründen – er bezog hohes Zeilenhonorar – seine Handlung allzusehr gedehnt hat, haben wir ein wenig „Luft herausgelassen“, damit auch das moderne Publikum mit André Maurois sagen kann: „Regt Dumas zum Denken an? Selten. Zum Träumen? Nie. Zum Weiterlesen immer.“

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1981
Bearbeitet und übersetzt von Christel Gersch
bb 476

20 August 2021

Paul Körner-Schrader: Die silbernen Kugeln


 Sie waren allgegenwärtig in den Kinderzimmern: „Die kleinen Trompeterbücher“. Diese Kinderbuch-Reihe aus dem „Kinderbuchverlag Berlin“ für Leser ab 8 Jahren, erfreute sich großer Beliebtheit. Die Bücher im Format 15 x 10,5 kosteten 1,75 Mark bzw. 2,40 Mark für den Doppelband.

„Die silbernen Kugeln“ von Paul Körner-Schrader mit Illustrationen von Horst Bartsch erschien 1960 als Band 12 der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“ im „Kinderbuchverlag Berlin“.

Der Autor verarbeitet in seinen Romanen oft sein eigenes Erleben aus der Zeit des Kaiserreichs bis zum Zweiten Weltkrieg. Das Buch „Die silbernen Kugeln“ spielt im Kaiserreich, also zu einer Zeit, als es noch keine Republik gab und Monarchie herrschte.

Emil und Elfriede haben keine leichte Kindheit. Die Mutter ist schwer krank und liegt im Siechenhaus, der Vater ist weg. Wo der Vater ist, wird uns Elfriede später erzählen. Die Kinder leben mit ihrer Großmutter am Existenzminimum. Um satt zu werden, sammeln sie Grünzeug von der Wiese: Brennnesselsuppe, Otterzungen und Brunnenkresse. Noch ist Sommer, aber was soll der Winter bringen? Etwas liebt Elfriede ganz besonders: Liebesperlen, die sie immer aus einem Glas abfüllen lässt. Manchmal hat man Glück und erwischt eine Silberkugel oder auch mehr. Diese Silberperlen sollen Glück bringen.

Ihr Vater ist Bergmann und braucht regelmäßig Petroleum für seine Grubenlampe. Wo das Petroleum am billigsten ist, wird das Petroleum gekauft. Doch plötzlich ändert sich alles. Die Bergleute dürfen ihre Grubenlampe nicht mehr mit nach Hause nehmen, müssen ihre Lampen im Werk füllen. Dort ist das Petroleum sehr viel teurer, weil auch der Bergherr daran verdienen will. Die Petroleumgesellschaften haben sich zusammengeschlossen zu einem Monopol.

Doch auch die Arbeiter organisieren sich und fordern ihre Rechte ein. Als die Bude, in der das Petroleum verkauft wird, abbrennt, wird der Vater der Kinder verhaftet und – obwohl es keine Beweise gibt – zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nur kurze Zeit später stirbt die Mutter und kurz darauf die Oma. Der Onkel nimmt die Kinder bei sich auf, doch das Gericht entscheidet anders. Die Kinder werden getrennt und Elfriede kommt zu einem Schlossermeister, der seine Lehrlinge schlägt und sie auch bestraft, indem er ihnen nichts zu trinken gibt. Auch die Meisterin hat eine lockere Hand und das Mädchen steckt so manche Schläge ein. Elfriede hilft den bestraften Lehrlingen, gibt ihnen heimlich Wasser. Wenn die Lehrlinge manchmal reparierte Sachen zu den Kunden tragen, bekommen sie ein kleines Trinkgeld und geben ihr davon etwas ab. Die Jungen wissen, wie sehr sie Liebesperlen liebt. Tatsächlich bekommt sie beim nächsten Kauf nur silberne Perlen, aber Glück bringen sie ihr nicht. Elfriede wird vom Meister und seiner Frau verdächtigt, das Geld gestohlen zu haben und wird verprügelt. Doch sie verrät die Lehrlinge nicht, weil dann auch sie bestraft würden. Die blauen Flecke in Elfriedes Gesicht sind so angeschwollen, dass Elfriede nicht zur Schule gehen kann. Dann kommt der Onkel und sie beichtet ihm, von wem die Flecken stammen. Gemeinsam gehen sie aufs Gericht und hier erfährt Elfriede auch, dass ihr Vater in den nächsten Tagen wieder nach Hause kommen wird. Genossen haben dafür gesorgt, dass er einen neuen Prozess bekam, den er gewonnen hat. Als sie auf dem Schoß vom heimgekehrten Vater sitzt, erzählt sie von den Silberperlen, die ihr wohl doch Glück gebracht haben. Doch der Vater sagt, dass man sein Glück selbst erringen muss.

Kinderbuchverlag Berlin 1960
Die kleinen Trompeterbücher, Band 12

von annarobert87

Jan O. Fischer: Französische Literatur im Überblick


 „Französische Literatur im Überblick“ will eine Informationsquelle für Schüler, Studenten und alle interessierten Leser sein, die einzelne Werke und Autoren in größere Zusammenhänge eingeordnet und sich vom Fachmann zu intensiverer Beschäftigung anregen lassen möchte. Denn dem ungewöhnlich großen Leserkreis französischer Belletristik fehlt es immer noch an Möglichkeiten, seine Kenntnis der französischen Literatur auch theoretisch zu untermauern.

Wissenschaftler aus der CSSR und der DDR unternehmen hier auf der Grundlage der 1964 im Orbis-Verlag in Prag erschienenen Arbeit „Francouzská Literatura“ den Versuch, die französische Literatur vom Rolandslied bis zum nouveau roman aus marxistischer Sicht auf knappem Raum zu umreißen. Der Akzent liegt auf dem 19. und 20. Jahrhundert, aber auch die französische Klassik wird dem Leser in einer dichten, kenntnisreichen Darstellung nahegebracht. Wo der Überblickscharakter des Unternehmens verbietet, ins Detail zu gehen, gibt eine ausführliche Bibliographie über speziellere Arbeiten Auskunft.

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1977
Kunstwissenschaften

Konstantin Paustowski: Die goldene Rose – Gedanken über die Arbeit des Schriftstellers


 Konstantin Paustowski, dem deutschen Leser durch seinen Roman „Kolchis“, seine Jugenderinnerungen „Ferne Jahre“ und viele Erzählungen bekannt, erleben wir in diesem Buch neu. Es enthält keine theoretischen Erörterungen und kann erst recht kein Leitfaden sein; es will mit lebendigen Schilderungen aus dem Erleben, mit literarischen Bildern, kleinen Allegorien und Erzählungen das schwere Ringen des Schriftstellers um Gestaltung sichtbar und nacherlebbar machen.

Man erfährt Seltsames und Erstaunliches über Gewohnheiten und Eigenarten bedeutender Dichter der Vergangenheit und Gegenwart und folgt mit Interesse den Bemerkungen über die zahllosen, oft viel zuwenig beachteten Einzelheiten der Arbeit eines Literaten – und dies alles ist in einer funkelnden, gefühls- und poesiegeladenen Sprache geschrieben, die durch die Übertragung Alfred Kurellas nichts von ihrem Reiz verloren hat.

Der Charakter des Buches ist fragmentarisch, oft skizzenhaft, doch das verleiht den Gedanken Frische und Lebendigkeit und nimmt ihnen nichts von ihrer Tiefe und Klarheit. „Die Arbeit an solch einem Buch“, so sagte Paustowski selbst, „erinnert an eine Wanderung durch wenig bekannte Länder, wo sich auf Schritt und Tritt neue Fernen auftun und neue Wege zeigen. Sie führen wer weiß wohin, aber sie halten viel Unerwartetes bereit, das Stoff zum Nachdenken gibt. Deshalb ist es verlockend und einfach nötig, sei es auch unvollständig oder, wie man sagt, ins unreine, aber jedenfalls überhaupt an die Entwirrung dieser Wege heranzugehen.“

Dietz Verlag Berlin, 1977

Sepp Plieseis: Partisan der Berge

"In diesen Tagen, es war Mitte April 1945, fand in Bad Ischl eine Besprechung sämtlicher an der Einlagerung der Kunstschätze beteiligten Experten statt, und dabei erklärte SS-Hauptsturmführer von Hummel ausdrücklich, es seien Vorkehrungen getroffen worden, die Sammlung ,auf keinen Fall den Alliierten und damit dem jüdischen Kunsthandel in die Hände fallen zu lassen'. Er wurde direkt gefragt, ob an eine Sprengung der Lagerräume gedacht sei. Er drückte sich um diese Antwort herum, doch Carl Sieber, der Bildrestaurator vom Salzberg in Altausee, hatte durchaus den Eindruck, daß ein solches Vorhaben bereits detailliert geplant sei...
Die Leitung der Widerstandsgruppe ,Salzberg' aber war bereits im Bilde. Nick hatte aus sicherer Quelle erfahren, daß die angeblichen Marmortransporte schwere Bomben waren. Freiheitskämpfer waren daraufhin, ungeachtet der verstärkten Wachen und der Lebensgefahr, durch einen Verbindungsstollen heimlich in den Lagerraum der verdächtigen Kisten vorgedrungen und hatten den Inhalt untersucht. Dabei hatten sie festgestellt, daß sich tatsächlich in den Kisten kein Marmor, sondern amerikanische Fliegerbomben von je 750 Kilogramm Gewicht befanden. Und zwar handelte es sich um Blindgänger, aus denen die Zünder entfernt waren. Mittels dieser Explosivkörper sollten die Schatzkammern im Salzberg in die Luft gesprengt werden. Hätte man dann später versucht, die Ursachen der Explosion festzustellen, so wäre herausgekommen, daß es amerikanische Bomben gewesen waren, die den Zusammenbruch der Sinkwerke und der Galerien bewirkt hatten. So versuchten die braunen Kulturbarbaren, ihre Schandtat zu tarnen."

Sepp Plieseis schildert das tagelange Ringen zwischen den Faschisten und den Mitgliedern der Widerstandsorganisation im Salzkammergut, österreichischen Arbeitern, die ihre ganze Findigkeit und ihren Mut einsetzten, um unersetzliche Werte europäischen Kunstgutes vor der Vernichtung zu retten.


 Ebenso eindringlich schreibt er über die vorangegangenen Stationen seines kampferfüllten Lebens: nationalrevolutionärer Krieg in Spanien, Internierungslager in Frankreich, KZ Dachau. Aus Plieseis' Zeilen spricht ein Mensch zu uns, dessen Lebensweg durch die internationale Auseinandersetzung zwischen demokratischen Kräften und Faschismus bestimmt wurde, der stets auf der richtigen Seite gekämpft hat und keine Anstrengungen scheute, um der gerechten Sache zum Siege zu verhelfen. Jedes Kapitel dieses Lebens und dieses Buches kündet von der Macht der Solidarität, ist ein Stück Geschichte des proletarischen Internationalismus und der Kraft der Arbeiterklasse.

Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 3. Auflage 1978

Klára Fehér: Oxygenien

Die vielseitige, ausgezeichnete Schriftstellerin stellt sich hier mit einem phantastischen Roman vor. In der spannenden utopischen Handlung verschlägt es einen schiffbrüchigen Raumfahrer von der Erde auf einen fernen Planeten, nach Oxygenien, wo er voller Bestürzung das seelenlose Leben der "Rüsselträger" beobachtet, die in einer sauerstoffarmen Umwelt schwerste Arbeit verrichten müssen. Von einem ungewöhnlichen jungen Mann erfährt er, daß die einstmals blühende Flora der leichtsinnig betriebenen Umweltverschmutzung früherer Generationen zum Opfer fiel. Zudem machte sich eine Interessengruppe die erschwerten Lebensbedingungen zunutze - und herrscht seither über die Milliarden ausgebeuteter Oxygenier.

Der Erdenbewohner gelangt auch in die mit verschwenderischem Pomp erbaute und eingerichtete Stadt der zahlenmäßig nur kleinen herrschenden Klasse - und nachdem es ihm gelingt, die Geheimnisse des Planeten zu ergründen, kann er nicht nur seine Rückkehr zur Erde, sondern auch die Befreiung der Oxygenier ins Werk setzen. 

Der an spannenden Szenen und überraschenden Wendungen reiche Sci-fi-Roman ist eine Warnung an die Menschheit, der Umweltverschmutzung Einhalt zu gebieten, damit der Erde das Schicksal von Oxygenien erspart bleibt.


 Táncsics Kiadó, Budapest 1974

Eberhard Panitz: Phosphorblume


 Er hörte seine Schritte - weiße Fliesen, weißes Linoleum und keine watteweichen Träume und Alpträume mehr. Ein alter Mann schob eine Bahre in den Fahrstuhl und fragte: "Sind Sie Herr Edwards?" Er blieb wie erstarrt stehen.
Die Bahre war mit einem Leichentuch bedeckt, nur eine verkrampfte Hand lag frei. "Da geradeaus", sagte der Alte, "wo die Leuchtschrift ist, da melden Sie sich."
Die Glaskabine schloß sich lautlos, und langsam sank die Totenbahre hinab. Es war nicht Margrets Hand gewesen. Er hätte sich nicht täuschen lassen, von keinem Millimeter ihrer Haut, keiner Krümmung ihrer Hand, keiner Fingerkuppe. Wie gehetzt lief er weiter, Neonlicht knisterte hinter einer offenen Tür. "Wo ist meine Frau?" fragte er heiser.

Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, 1. Auflage 1985
Umschlaggestaltung: Hans-Jörg Kotulla
Das Taschenbuch

19 August 2021

Steffie Spira-Ruschin: Trab der Schaukelpferde

Wenn eine Schauspielerin, die aus einer Schauspielerfamilie stammt, bereits als Kind auf der Bühne stand, mit sechzehn auf die Schauspielschule kam und mit siebzehn das erste Engagement erhielt, wenn diese Schauspielerin ihr geschultes Gedächtnis befragt und Erinnerungen erzählt, so werden Theatergeschichten jeglicher Art nicht fehlen. Doch die Anekdoten, die Begegnungen mit den Kollegen auf der Bühne und hinter den Kulissen – mit Heinrich George oder Alexander Granach, mit Elisabeth Bergner, Helene Weigel und vielen anderen – und auch die eigenen Rollen spielen bei Steffie Spira eher beiläufig mit.

Für sie, die sich mit achtzehn in der Gewerkschaft der Schauspieler engagierte, mit dreiundzwanzig der KPD beitrat, bedeuteten die Bretter, auf denen sie voller Spielfreude und mit aller Leidenschaft stand, dennoch nicht die ganze Welt. Schon in jungen Jahren ein politisch denkender, ein politisch handelnder Mensch, wollte sie zuerst wirken mit ihrer Kunst in ihrer Zeit. Bis zum Februar 1933 spielte sie mit der „Truppe 1931“ gegen den Faschismus gerichtetes politisches Theater. Mitte März mußte sie, knapp fünfundzwanzig Jahre alt, emigrieren.

Steffie Spira schreibt keine Memoiren, sie erzählt ein paar Erinnerungen. An Kindheit und Jugend. An das Leben mit Günter Ruschin. An acht Jahre Berliner Theater. An vierzehn Jahre Exil. Eine Schauspielerin erzählt: Szenen und Abläufe. Immer geht es bei ihr dramatisch zu. Örtlichkeiten, Umstände, Details bekommen Farbe und Geruch der Bühne, Farbe und Geruch von Zürich, Paris, Marseille, Mexiko-Stadt.

Erinnerungen an Paris: die Arbeit mit dem SDS, das Kabarett „Die Laterne“, die Brecht-Uraufführungen, den bal négre, die Sorge ums tägliche Brot und um den 1933 geborenen Sohn. Erinnerungen an das unholde Frankreich: die Trennung von Mann und Kind, das Gefängnis La Roquette, das Frauenlager Rieucros, die Furcht vor der Auslieferung, die Visa-Jagd in Marseille, die Flucht der Familie über die Pyrenäen. Erinnerungen an Mexiko: das freundliche Gastland, den Heinrich-Heine-Klub, die Truppe aus sechs deutschsprachigen Berufsschauspielern, die zehn Inszenierungen, die fremden Landschaften, die exotischen Früchte, die Welt der Indios. Ereignisse, Erlebnisse, Eindrücke und viele, viele Freundschaften: die älteste und engste mit Anna Seghers, von der Steffie Spira ganz eigen und lapidar berichtet.

Paßt das Bild, das sie für den Titel wählt, auf solch ein Leben? 1947, während der Heimreise auf einem sowjetischen Frachtschiff, stellt Steffie Spira die Frage, ob nun der Trab der Schaukelpferde zu Ende geht, und sie zitiert das Motto ihres Buches: Wir, so gut es gelang, haben das Unsre getan.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1984

 

Hans Pischner: Premieren eines Lebens

Knisternde Spannung, Lampenfieber, gleich geht der Vorhang auf. Natürlich denken wir sofort an das Theater. Hans Pischner bekennt: „Ein jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens seine Premieren, sie markieren wichtige Entwicklungsstationen.“ Für ihn, den international geachteten Cembalisten und Musikwissenschaftler, der langjährig auch als stellvertretender Minister für Kultur in der DDR Verantwortung trug, schließen sie das Glück ein, über zwei Jahrzehnte ein so bedeutendes Haus wie die Deutsche Staatsoper Unter den Linden zu leiten. Sein lebendiges, von künstlerischer Sensibilität durchdrungenes Erzählen eröffnet originäre Einblicke in die Werkstatt des Musiktheaters. Das persönliche Bekanntsein des Verfassers mit einer großen Zahl hervorragender Persönlichkeiten unserer Zeit verleiht seiner Schilderung nicht nur ein hohes Maß an authentischer Intimität, sondern erweitert die eigene Biographie zur Sicht auf die Epoche. Der Lebensgang dieses Mannes, sein komplizierter Reifeprozeß vom Nur-Musiker und sich neutralistisch dünkenden Leutnant der faschistischen Wehrmacht zu einem geistigen Repräsentanten unserer Republik – erwähnt sei sein Wirken als Präsident des Kulturbundes der DDR -, beansprucht gewiß das besondere Interesse des Lesers.

Verlag der Nation Berlin, 1986

 

Günther Feustel: Wir aus der 2a

Sie waren allgegenwärtig in den Kinderzimmern: „Die kleinen Trompeterbücher“. Diese Kinderbuch-Reihe aus dem „Kinderbuchverlag Berlin“ für Leser ab 8 Jahren, erfreute sich großer Beliebtheit. Die Bücher im Format 15 x 10,5 kosteten 1,75 Mark bzw. 2,40 Mark für den Doppelband. Einige wurden sogar verfilmt.

„Wir aus der 2a“ von Günther Feustel mit Illustrationen von Erich Gürtzig erschien 1961 als Band 17 in der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“ im „Kinderbuchverlag Berlin“.


Die 2a, das sind sechszehn Jungen und zwölf Mädchen, die gerne zur Schule gehen. Elke, die uns die Erlebnisse schildert, ist eine Schülerin der 2a. Sie hat einen älteren Bruder, der die siebente Klasse, die 7a, besucht. Da die Älteren den Jüngeren nichts zutrauen, erwächst daraus ein gewisser Konkurrenzkampf. Doch es gibt auch noch andere Erlebnisse rund um die 2a. Ein wirklich schön geschriebenes Kinderbuch!

Wie wir die 7a besiegten: Die Schule braucht eine neue Turnhalle und die Schüler der 7a prahlen damit, dass sie fleißig sammeln. Gleichzeitig ärgern sie die Zweitklässler, dass sie zu solchen Taten noch viel zu klein wären. Ganz offiziell fordern die Schüler der 2a die Großen heraus. Sieger ist der, der als Erster 100 Mark für die Turnhalle gesammelt hat. Und tatsächlich schaffen es die Kleinen, und besiegen die Großen, denen das Respekt abverlangt.

Wie Teddy Franz zu uns kam: Die Großen zeigen den Schülern der 2a die roten Halstücher, die sie von Pionieren aus Leningrad – ihren Brieffreunden – bekommen haben. Jetzt wollen die Zweitklässler ihnen gleichtun. Sie schreiben einen Brief…aber sie haben keine Adresse! Was also tun? Am Bahnhof treffen sie durch Zufall auf einen russischen Offizier und erfahren, dass er eine Tochter namens Walja hat. Das ist die Lösung! Und tatsächlich, der Offizier nimmt den Brief, um ihn seiner Tochter zu geben. Eines Tages übergibt der Postbote der Klasse ein Päckchen. Darin liegen ein Teddy, ein rotes Halstuch und ein Brief. Die Kinder aus Omsk wollen jetzt immer schreiben und die 2a hat es wieder geschafft.

Der Weihnachtsbaumwald in Oma Friedrichs Garten: Weihnachtszeit voller Freude. Es schneit dicke Flocken. Die Pioniere der 2a überlegen, wie sie Oma Friedrich zu Weihnachten eine Freude machen können, schließlich lebt sie allein. Da man sich nicht abspricht, kommt es am Weihnachtsabend zu einer besonderen Weihnachtsüberraschung. Micha und Elke beschließen für Oma Friedrich einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Als beide – als Weihnachtsmann verkleidet – am Weihnachtabend zu Oma Friedrich kommen, erleben sie eine Überraschung: In der Wohnstube sitzen sechs Weihnachtsmänner rund um den Tisch herum, und vier kleine Weihnachtsbäume stehen im Zimmer. Wenig später kommen noch eine Schneeflocke und ein Zwerg hinzu. Und sie waren nicht die Letzten. Die Freude ist groß, aber wohin mit den ganzen Bäumen? Einer bleibt auf dem Tisch stehen und die anderen Bäume werden in den Schnee gepflanzt. Jetzt hatte Oma Friedrich einen eigenen Weihnachtsbaumwald.

Von der armen Katze vor der Schule: Schneeflocke ist eine weiße Katze, die immer auf den Stufen sitzt, wenn die Kinder zur Schule kommen. Und das kam so: Ganz mager und schmutzig und ein bisschen blutig am Schwanz finden die Kinder die Katze. Nachdem die Katze in der Klasse für einige Scherben und Verwirrung gesorgt hat, bringt man sie in den Heizungskeller. Der Hausmeister ist zunächst nicht begeistert, sorgt sich aber auch um die Katze, die sich durch die gute Pflege bald erholt hat. Dann die Überraschung: Die Katze bekam fünf Katzenkinder, die bald neue Besitzer fanden.

Wie Rosi rechnen lernte: Rosi hat es nicht leicht. Oft wird sie von den älteren Kindern geärgert, weil sie eine Brille trägt. Sie schuppsen Rosi und nennen sie Brillenschlange. Doch gute Pioniere sehen nicht tatenlos zu: Günther ist sehr stark, was man ihm auch ansieht. Er redet mit den schuppsenden Kindern und irgendwie wirken sie eingeschüchtert und versprechen, Rosi nicht mehr zu ärgern. Doch das ist nicht Rosis einziges Problem. Rosi kann nicht rechnen. Aber die Kinder helfen. Sie spielen regelmäßig das Hütchenspiel und Lotto und schon bald kann Rosi richtig gut rechnen. Wer will denn verlieren, nur weil er nicht rechnen kann?! Als Dank spielt Rosi Kasperletheater, was sie wirklich sehr gut kann und ist jetzt auch viel fröhlicher.

Wie wir den Lehrertag feierten: Der Lehrertag steht vor der Tür. Die Kinder überlegen, wie sie ihrer Lehrerin Frau Gräbner eine Freude machen können. Dann sagt Frau Gräbner „Immer, wenn die Sonne so scheint und es nach Erde riecht, bekomme ich Sehnsucht nach Groß-Kimmeritz.“ In Groß-Kimmeritz ist sie geboren und hat Heimweh. Die Schüler wissen, was sie ihr schenken wollen: Eine Fahrt nach Groß-Kimmeritz. Und tatsächlich gelingt es ihnen. Sie organisieren einen Bus und ab geht die Fahrt.  

Kinderbuchverlag Berlin 1961
Die kleinen Trompeterbücher, Band 17

annarobert87

 

Valentin Rasputin: Leb und vergiß nicht


 Buchbeginn

Es hatte sich mit einem milden Winter angelassen in dieser Gegend, das Jahr fünfundvierzig, letztes Jahr des Krieges, doch die Fröste um das Dreikönigsfest blieben nichts schuldig, krachten vierzig Grad hin und darunter, wie es sich gehörte. Eine Woche lang biß der Rauhreif in die Bäume, dann ließ er ab, und der Wald stand wie tot. Der pulvrige Schnee knirschte unter den Füßen, die Luft morgens war starr und spröd, nur schwer zu atmen. Ein-, zweimal ließ der Frost noch nach, und im offenen Gelände verharschte die Schneedecke beizeiten…

Verlag Volk und Welt Berlin, 1978
Roman-Zeitung 340

Lion Feuchtwanger: Jud Süß

Lion Feuchtwanger brachte es mit seinem epischen Erstling „Jud Süß“ zu Weltruhm, nachdem ein bereits 1916 verfaßtes Schauspiel mit gleichem Titel kaum beachtet worden war. 1922 bot er „Jud Süß“ renommierten deutschen Verlegern an, doch die Kenner des Marktes und des Publikumsgeschmackes prophezeiten diesem historischen Roman, zumal mit einem jüdischen Thema, keinerlei Erfolg. 1925 erschien er und fand völlig überraschende Resonanz. In einem Jahr wurden über hunderttausend Exemplare verkauft. Da dieses Buch, wie auch andere Werke Feuchtwangers, eindringlich vor dem Antisemitismus warnte, wurde er folgerichtig 1933 verboten. Dennoch versuchten die Nazis aus dem Weltruhm des Werkes für sich Kapital zu schlagen. „Jud Süß“ hieß auch der antisemitische Hetzfilm, den Starregisseur Veit Harlan in Goebbels‘ Auftrag drehte, wobei er Motive des Romans raffiniert verfälschte.

Die Geschichte dieses Romans, der inzwischen in 22 Sprachen und etwa 3 Millionen Exemplaren existiert, ist so wechselvoll wie das Schicksal seiner Titelgestalt: Württemberg 1733. Prinz Karl Alexander hat die Erbfolge angetreten und läßt sich von seinem Finanzier, dem Juden Josef Süß Oppenheimer, die Geschäfte führen. Als deklassierter Außenseiter von besonderem Ehrgeiz besessen, perfektioniert er die Auspressung des Landes und verschafft dem Fürsten immer mehr Geld, Soldaten und Frauen. Die Wut der Ausgebeuteten schlägt in Rachsucht um und trifft den Verhaßten mit Wucht. Karl Alexanders Versuch, die Tochter Oppenheimers zu mißbrauchen, treibt diese in den Tod. Der Schmerz um den einzigen geliebten Menschen wandelt Jud Süß, er besinnt sich auf sein verschüttetes besseres Ich und gibt seinem Leben eine überraschende Wende.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1984
bb 525

 

Karl Mundstock: Meine tausend Jahre Jugend – Erinnerungen


 Wie ein abenteuerreicher Roman lesen sich Karl Mundstocks Erinnerungen. Kraftvoll und spannend erzählt der Autor vom Berliner Hinterhof-„Milljö“, von seinem Wandervogelleben und der Zeit auf der Reformschule „Insel Scharfenberg“. Der Augenzeuge von Klassenschlachten der 20er Jahre und spätere Jungkommunist schildert episodenreich den illegalen Kampf gegen den Faschismus, seine Haftzeit in Nazigefängnissen, sein Arbeiterdasein im Vorkriegsdeutschland. Tragische und komische Menschenschicksale passieren Revue, die Schicksale von Freunden und Feinden.

Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig, 1981

18 August 2021

Norbert Gierschner: Düne, Meer und Tintenfisch


 In den frühen 1970er Jahren wurde sie ins Leben gerufen: die Serie „Mein kleines Lexikon“, eine Reihe von populärwissenschaftlichen Nachschlagewerken, die sich an Leser ab 9 Jahren richtete. Dabei handelt es sich um Einführungen in verschiedene Wissensgebiete, die wesentliche Begriffe in alphabetischer Reihenfolge verständlich und unterhaltsam erklären. Jeder der insgesamt 41 erschienenen Bände widmet sich speziell einem Thema und kostete 5,80 Mark.

„Düne, Meer und Tintenfisch – Mein kleines Lexikon“ von Norbert Gierschner mit Illustrationen von Wolfgang Leuck erschien 1976 im „Kinderbuchverlag Berlin“.

„Düne, Meer und Tintenfisch – Mein kleines Lexikon“ führt in die Tier – und Pflanzenwelt des Meeres ein. Es zeigt, wie der Mensch den „blauen Kontinent“ erforscht und wie er ihn nutzt.

Kinderbuchverlag Berlin 1976
Mein kleines Lexikon

Achim von Arnim: Die Majoratsherren – Erzählungen

Achim von Arnims Dichtungen sind – wie sein Leben – geprägt „von allen ernsten Erfahrungen der Zeit“. Französische Revolution und Befreiungskriege, Bildungsreisen und das zurückgezogene Gutsherrendasein in Wiepersdorf hinterließen literarische Spuren. Symbolträchtig, voll fabulierfreudiger Phantasie, aus älteren Überlieferungen wie autobiographischen Reminiszenzen schöpfend, erzählt Arnim ungewöhnliche Geschehnisse und absonderlich-groteske Begebenheiten: Francoeur, der toll gewordene Invalide, hält drei Tage lang die Bewohner einer Stadt mit der Drohung in Atem, den Pulverturm des Forts zu sprengen; Julie verlobt sich mit einem „feindlichen“ Offizier, ohne zu ahnen, daß er auf dem Schlachtfeld aus Geltungsdrang und Ehrgeiz ihren Vater getötet hat; der Majoratsherr beobachtet die schöne Esther in ihrem unheimlich anmutenden Traumsalon bei Gesellschaftskomödien mit eingebildeten Gestalten und Stimmen, zu denen auch seine eigene gehört; Rivalität und Haß der beiden holländischen Philologen Hemkengriper und Zahnebreker führen am Ende zu einer Pestkatastrophe. Solcherart merk-würdige, meist tragisch endende Schicksale wundersamer Gestalten spiegeln die kritische Sicht des Dichters auf die politischen und sozialen Umwälzungen jener Epoche – Historie und Zeitgeschehen werden in gleichsam poetischen Verwandlungen vorgeführt.

In der Einleitung zu seinem unvollendet gebliebenen Roman schrieb Arnim: „… wer die Geschichte zur Wahrheit läutert, schafft auch der Dichtung einen sichern Verkehr mit der Welt. Nur darum werden die eignen unbedeutenden Lebensereignisse gern ein Anlaß der Dichtung, weil wir sie mit mehr Wahrheit angeschaut haben, als uns an den größern Weltbegebenheiten gemeinhin vergönnt ist.“

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1985
bb 545