Jeder kennt die Ringparabel aus Lessings „Nathan, der Weise“ oder sollte sie kennen. Nun sagt uns die literarische Legende, dass Moses Mendelssohn Vorbild für den jüdischen Kaufmann Nathan sein soll oder auch ist. Das kann stimmen und es ist sogar sehr wahrscheinlich, weil Lessing und Mendelssohn eng befreundet waren aber eigentlich ist es vollkommen unwichtig. Wer war nun dieser Moses Mendelssohn, den uns hier Heinz Knobloch in seinem lockeren Erzählstil vorstellt? Alle Fakten, Hintergründe und Jahreszahlen kann man bei Dr. Google oder in einem Lexikon nachschlagen und deswegen werde ich damit nicht auch noch langweilen. Aber fangen wir bei Heinz Knobloch an und schauen uns sein umfangreiches literarisches Werk an. Leider sind von diesen Büchern nur wenige in den gesamtdeutschen Buchmarkt gerettet worden und im Augenblick sind nur zwei Bücher („Geisterbahnhöfe“ und „Herr Moses in Berlin“) überhaupt lieferbar, was ich sehr schade finde. Heinz Knobloch war ein oft ausgezeichneter deutscher Schriftsteller, in Dresden 1926 geboren und in Berlin 2003 verstorben, der vielleicht am ehesten noch durch seine Feuilletons in der Morgenpost (Zeitschrift in der DDR) bekannt ist. Weniger bekannt sind seine Bücher über die Stadtgeschichte Berlins („Stadtmitte umsteigen - Berliner Phantasien“, „Berliner Grabsteine“ oder auch „Im Lustgarten - ein preußischer Garten im Herzen Berlins“ und verschiedene Monographien z. B. über Mathilde Jacob, die Sekretärin Rosa Luxemburgs („Meine liebste Mathilde“), den SA-Mann Horst Wessel („Der arme Epstein“) oder auch vorliegendes Buch über den jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn. Versetzen wir uns in die Zeit der Aufklärung und spannen gleichzeitig einen Bogen in unser aktuelles Leben. In den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts macht sich der junge Moses aus Dessau der Sage nach zu Fuß auf die Reise nach Berlin, um dem Lehrer Rabbi Fränkel an die neu gegründete Talmudschule zu folgen. Schon seine erste Begegnung mit preußischen Wachleuten am Stadttor zeigen ihm deutlich, auf welches Abenteuer er sich eingelassen hat. Nach sieben Jahren als Bettelstudent wird er Hauslehrer bei einem jüdischen Seidenhändler und bald darauf Buchhalter in dessen Fabrik. Er lernt den gleichaltrigen Gotthold Ephraim Lessing kennen, wird sein Freund und dieser führt in die aufgeklärte Berliner Gedankenwelt ein. Moses Mendelssohn veröffentlicht auf Vermittlung Lessings eine erste, noch anonyme, Publikation in deutscher Schrift. In den „Philosophischen Gesprächen“ beweist er schon früh sein enormes Wissen und seine gedankliche Aufgeklärtheit. In seiner jüdischen Gemeinde war und blieb er der einfache Rabbi, in der „weltlichen Welt“ wurde er zum Vater der jüdischen Aufklärung. Mendelssohn versuchte zeit seines Lebens die Beziehung zwischen Juden und Christen zu verbessern. Er kämpfte für Toleranz und Menschlichkeit, argumentierte, dass durch die Vernunft alle Menschen religiöse und philosophische Wahrheiten entdecken könnten. In vieler Hinsicht war er seiner Zeit voraus und wenn wir einen gedanklichen Sprung mit diesem Gedankengut im Gepäck in die aktuelle Situation wagen würden, müssten wir sagen, wieso kann Mendelssohn nicht heute leben und uns aufzeigen, wie engstirnig, kleingeistig und hilflos es ist, wenn sich verschiedene Ethnien, Religionen und wirtschaftliche Systeme bekriegen, töten, Hass, Neid und Untoleranz predigen und sich langsam in den Abgrund treiben lassen.
Das Buch aus dem Jaron-Verlag, obwohl die erste Auflage von 1979 im Buchverlag Der Morgen ist, ist also aktueller denn je.
Hans-Georg Fischer, 06618 Naumburg
Fischers Bücherstube Freyburg (Unstrut) - www.fischerbuch.de
Bücher und Schriftsteller, die in der DDR gelesen wurden. Schaut bitte nicht nur danach, ob hier jeden Tag Beiträge auflaufen, nutzt diesen Blog auch wie ein Lexikon. Er ist ein Langzeitprojekt, da ist es sicherlich verständlich, wenn zwischendurch immer mal wieder pausiert wird. Sei es, um nicht die Lust daran zu verlieren, aber auch, weil die Beiträge auch regelmäßig vorbereitet werden müssen. Wir wünschen Euch viel Spaß beim Stöbern und Erinnern oder neu entdecken.
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