25 April 2021

Nikolai Leskow: Liebe in Bastschuhen

Nikolai Leskow kam erst als Dreißigjähriger zur Literatur, wohlausgerüstet nicht mit Buchwissen, sondern mit gründlicher Kenntnis vom Leben des russischen Volkes. Er suchte und fand seine Helden in den Schneefeldern des Nordens, in den südlichen Steppen, in den Gemächern des Klerus und in Altgläubigensiedlungen, in Kasernenhöfen und Kaschemmen, in Ministerpalästen und Bauernkaten. Er sah und schilderte den Hunger nach Freiheit, nach Selbstverwirklichung, die Willkür der wirtschaftlich Starken und der Bürokratie, die Sehnsucht der Ärmsten der Armen nach Liebe, nach einem menschenwürdigen Dasein. In einer Zeit, da viele Liberale dazu neigten, die Lage im russischen Dorf zu idealisieren, da die Slawophilen die Dorfgemeinde als Keimzelle für eine traditionsverpflichtete Zukunft betrachteten, prangerte Leskow die Zustände auf dem Land an, wo drei Generationen in einem Raum leben mußten, "Schwiegervater-Schwiegertochter-Ehen" und Teufelsaustreibungen nichts Außergewöhnliches waren und die Habgier ein Bäuerlein wie Kostik bewegte, die leibliche Schwester an einen Schwachkopf zu verschachern...


Nikolai Leskow (1831-1895) arbeitete als Schreiber beim Kriminalgericht und am Kameralhof in Kiew; gab nach dem Krimkrieg seine Stellung auf und reiste für eine englische Handelsfirma kreuz und quer durch Rußland; übersiedelte 1860 nach Petersburg mit der Absicht, Berufsschriftsteller zu werden; war ab 1874 im Ministerium für Volksbildung tätig; wurde wegen satirischer Erzählungen über die Korruptheit des Klerus jedoch 1880 aus dem Staatsdienst entlassen; arbeitete in den achtziger Jahren an dem Verlagsunternehmen Posrednik mit, dessen Anliegen es war, dem Volk gute Literatur nahezubringen.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1977
Aus dem Russischen: Günter Dalitz
bb Nr. 380

 

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