Und wenn ich irgendwie dem alten Andersen wieder begegne, will ich nicht nur den Hut abnehmen, sondern mich auch in dankbarer Verehrung näher um ihn erkundigen; denn er ist ein merkwürdiger, einfacher und reiner Mensch gewesen, wie mir scheint. Das wenige, was man erfährt, stimmt zu dem Märchenmann vortrefflich. In Armut aufgewachsen, früh begönnert und abhängig, reiselustig, ehrgeizig, aber immer so wie der ausziehende Sohn im Märchen, endlich berühmt und wohlhabend, aber nie in Wärme und Fülle, sondern immer im Herzen darbend, in jeder Liebe unglücklich – so hat der seltene Mann gelebt. Und er war so sehr Kind, dass er in seiner Enttäuschung und Einsamkeit sich zu den Kleinen setzte und Märchen für sie ausdachte, und schließlich sind von ihm, der seinen Ruhm zumeist anderen Werken verdankte, eigentlich nur diese Märchen übriggeblieben, denn sie haben die Art der unvergänglichen Dinge.“ – Hermann Hesse (1910)
Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1. Auflage, 1988
Taschenbibliothek der Weltliteratur
Titelbild von Christen Købke „Die Schwester des Künstlers“ (Detail)
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