23 Juni 2021

Eyvind Johnson: Träume von Rosen und Feuer

 Eyvind Johnson, der als der größte lebende Romancier Schwedens gilt, Mitglied der berühmten Stockholmer Akademie und einer der aussichtsreichen skandinavischen Nobelpreiskandidaten, hat in seinem historischen Roman über den Hexenprozeß von Loudun ein faszinierendes Kapitel französischer Geschichte des 17. Jahrhunderts geschildert, in dessen Mittelpunkt der männlich schöne, feinsinnige Priester Urbain Grainier steht, ein Rebell gegen Orthodoxie und Enge der Kirchenmoral. Seine Liebe zu Madelaine de Brone, sein Bekenntnis zur Entscheidungsfreiheit der Menschen lässt ihn zum Opfer klerikaler und politischer Intrigen werden.

Dieser Stoff, der eine Anzahl bedeutender europäischer Autoren – Iwaszkiewicz, Feuchtwanger, Aldous Huxley – angezogen hat, wurde von Eyvind Johnson zu einem vielstimmigen Roman komponiert, in dem ich psychologische Detailspiegelung, philiströse Tagebuchnotizen und symbolische Szenerie wechselseitig erhellen und zugleich in die Sphäre des Sexuellen und scheinbar Dämonischen die übergreifenden geschichtlichen Triebkräfte aufdeckt.

Eyvind Johnson, ein hochgebildeter Autor, der die modernen Erzählungspraktiken souverän, aber unaufdringlich anzuwenden weiß, gelang mit „Träume von Rosen und Feuer“ einer der bedeutendsten zeitgenössischen Romane, in dem die Historie nicht nur buntfarbene Kulisse, sondern auch moralisches Prüfungsobjekt für den heutigen Leser wird.

Eyvind Johnson wurde am 29. Juli 1900 als Kind verarmter Bauersleute in Nordschweden geboren. Mit 14 Jahren fing er an, auf eigene Faust sein Brot zu verdienen. Als Gelegenheitsarbeiter (z. B. im Sägewerk, im Kino, beim Elektromonteur, in der Landwirtschaft) konnte Johnson Erfahrungen sammeln und sein politisches Urteil bilden. In den zwanziger Jahren arbeitete er lange Zeit als Journalist in Frankreich und Deutschland, debütierte mit einigen Erzählungen und weckte dann zehn Jahre später mit dem vierteiligen sozialkritischen, stark autobiographischen Olof-Roman (1934 bis 1937) Aufsehen. Während des spanischen Freiheitskampfes und im zweiten Weltkrieg erhob er leidenschaftlich mahnend seine Stimme gegen den Faschismus. Von 1947-1949 hielt er sich (als Mitglied der schwedischen UNESCO-Delegation) vorwiegend in der Schweiz auf und besuchte auch Italien, Frankreich, Deutschland und England. Seitdem pflegt Johnson als literarisches Genre den historischen Roman. Die Stoffe reichen von der Antike bis zur jüngsten Vergangenheit.

Seit 1957 gehört Eyvind Johnson der Schwedischen Akademie an. Er erhielt die Würde eines Dr. phil. h. c. und wurde mehrfach durch Verleihung von Literaturpreisen geehrt. Die Werke dieses Schriftstellers von Weltrang wurden in viele Sprachen übersetzt.

VEB Hinstorff Verlag, 1. Auflage 1965
Aus dem Schwedischen übertragen von Walter Lindenthal
Mit einer Nachbemerkung von Ernst Walter

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