26 November 2021

Wolfram und Joachim Adolphi: High-Tech im Land der Samurai - Erlebnisse im Umfeld eines "Wirtschaftswunders"

Spitzentechnologien. In Verkürzung des englischen "high technology" haben die Japaner da für ein knappes Wort parat - "Haitek".

Atemberaubend hat sich Japans Wirtschaft entwickelt: auf das Dreißigfache stieg die Industrieproduktion von 1950 bis 1985. Japan als größter Roboterproduzent und -anwender in der Welt, als größter Hersteller numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen, größter Exporteur von mikroelektronischen Schaltkreisen und PKW, als Inbegriff modernster Computer-, Audio- und Videotechnik - lang ist die Reihe der Superlative.

Ist Japan besonders High-Tech-begnadet? Die Suche nach Antworten führt hin zu geographischen, historischen und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungsfaktoren, berührt wichtige politische Zusammenhänge, und sie führt vor allem und immer wieder in die Lebens- und Arbeitsweise derer, auf deren Leistung all dieser Erfolg beruht– der japanischen Werktätigen.

Die Samurai sind auch in Japan nur noch Legende. Aber ihre Lebensformen haben Spuren hinterlassen: Spuren, die sich wenngleich vermischt mit vielen anderen Einflüssen vielerorts an wichtiger Stelle im Alltag wiederfinden.

Was hier aufgeschrieben ist, ist keineswegs "Das Japan-Buch". Es ist ein Diskussionsbeitrag. Aus dem persönlichen Erleben dort und hier.

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Nehmen wir doch zunächst einen ganz normalen journalistischen Arbeitstag. Aber was heißt denn das, einen ganz normalen"? So viel hat sich verändert zwischen 1980, dem Beginn, und 1985, dem Ende unserer Arbeit in Japan, und manches wird heute selbst im Verhältnis zu 1985 schon wieder so überraschend anders sein ... Fixieren wir ihn also, diesen normalen Arbeitstag des Korrespondenten in Tokio, und zwar auf den Anfang des Jahres 1985.

Ganz neu waren zu diesem Zeitpunkt ein paar der insgesamt etwa ein Dutzend Telefonzellen, an denen wir auf unserem täglichen zehnminütigen Weg von der Wohnung ins Büro vorbeikamen. Man hatte die leuchtend gelben Apparate durch ebenso leuchtend grüne ersetzt, und deren besonderer Clou war zuvor in kurzen Werbefilmen im Fernsehen ausführlich angekündigt und erklärt worden: Es sollte nun auch beim Telefonieren das Kreditkartensystem Einzug halten. Auf Kleingeld, so hieß es, könne man künftig ebenso verzichten wie auf die komplizierten Tarifberechnungen im Falle eines Ferngesprächs. Jeder könne eine mit Personenkennzahl markierte Plastkarte in dem bei den Banken schon seit langem üblichen Kleinformat erwerben, brauche sie nur in den dafür vorgesehenen Schlitz im Telefon zu schieben, und alle weitere Berechnung, Abbuchung und Kontostandsbenachrichtigung übernehme der Zentralcomputer der Telefongesellschaft.

Die Hauptstädter nahmen das Angebot unternehmungslustig an mit unübersehbarer Freude am "Spiel mit dem Unbekannten". Sofort schnellte die Zahl der Telefonkarteninhaber in die Hunderttausende...


Über die Autoren

Wolfram Adolphi, geboren 1951 in Leuna, studierte am Institut für Internationale Beziehungen der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften der DDR in Potsdam-Babelsberg Außenpolitik. 1980 Promotion an der Humboldt-Universität Berlin mit einer Arbeit zu Fragen der internationalen Beziehungen in Ostasien.

Von 1980 bis 1985 Korrespondent des "horizont" in Japan. Seither erneut wissenschaftliche Tätigkeit an der Sektion Asienwissenschaften der Humboldt-Universität.

Zwischen 1977 und 1982 publizierte Wolfram Adolphi Aufsätze zu Themen der Außenpolitik in Ost- und Südostasien in den Zeitschriften "Asien-Afrika-Lateinamerika" und "Deutsche Außenpolitik". Neben den "horizont"-Berichten aus Tokio schrieb er auch Artikel für die "Berliner Zeitung", die "Junge Welt" und andere.

Seit 1985 gehört er zu den Autoren der Wochenzeitschrift "Die Weltbühne". Viele seiner dort veröffentlichten Beiträge haben Problemstellungen des vorliegenden Buches zum Gegenstand.


Joachim Adolphi, Jahrgang 1948, ebenfalls in Leuna aufgewachsen, ist als promovierter Physiker im Kombinat "robotron" in Dresden tätig.

Seine im fünfjährigen Familienbriefwechsel entwickelten Fragen an die japanische Wirtschaftsentwicklung, seine kritische Reaktion auf die Tokio-Artikel des Bruders und sein Bemühen, dessen Japan-Erfahrungen in einen faßbaren Bezug zu unserem Heute in der DDR zu setzen, bildeten den Ausgangspunkt dafür, daß die Autoren dieses für sie beide erste Buchprojekt in Angriff nahmen.

Verlag Neues Leben, Berlin 1988
nl-konkret Nr. 84

 

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