09 September 2022

Alessandro Manzoni: Die Verlobten - Teil 1

Ich habe Ihnen zu verkünden, daß Manzonis Roman alles überflügelt, was wir in dieser Art kennen. Ich brauche Ihnen nichts weiter zu sagen, als daß das Innere, alles was aus der Seele des Dichters kommt, durchaus vollkommen ist, und daß das Äußere, alle Zeichnung von Lokalitäten und dergleichen, gegen die großen inneren Eigenschaften um kein Haar zurücksteht ... Der Eindruck beim Lesen ist der Art, daß man immer von der Rührung in die Bewunderung fällt, und von der Bewunderung wieder in die Rührung, so daß man aus einer von diesen beiden großen Wirkungen gar nicht herauskommt. Ich dächte, höher könnt man es nicht treiben. In diesem Roman sieht man erst recht, was Manzoni ist. Hier kommt sein vollendetes Innere zum Vorschein, welches er bei seinen dramatischen Sachen zu entwickeln keine Gelegenheit hatte ... Manzonis innere Bildung erscheint hier auf einer solchen Höhe, daß ihm schwerlich etwas gleichkommen kann; sie beglückt uns als eine durchaus reife Frucht. Und eine Klarheit in der Behandlung und Darstellung des Einzelnen wie der italienische Himmel selbst.

Goethe zu Eckermann, 18. Juli 1827

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1985
TdW Taschenbuch der Weltliteratur
Abbildung: "Bildnis einer jungen Frau", Meister H. F. (?) signiert (Detail)
Mit einem Nachwort von Horst Heintze

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