27 April 2023

Luise Dornemann: Jenny Marx

Was eine solche Frau, mit so scharfem und so kritischem Verstande, mit einem politisch so sicheren Takt, mit solch einer leidenschaftlichen Energie, solch großer Kraft der Hingabe, in der revolutionären Bewegung geleistet, das hat sich nicht an die Öffentlichkeit vorgedrängt, ist niemals in den Spalten der Presse erwähnt worden. Was sie getan hat, wissen nur die, die mit ihr gelebt haben. Aber ich weiß, daß wir oft ihre kühnen und klugen Ratschläge vermissen werden – kühn ohne Prahlerei, klug, ohne der Ehre je etwas zu vergeben. Von ihren persönlichen Eigenschaften brauche ich nichts zu sagen. Ihre Freunde kennen diese Eigenschaften und werden sie niemals vergessen. Wenn es jemals eine Frau gab, die ihr größtes Glück darin gesehen hat, andere glücklich zu machen, so war es diese Frau.

Friedrich Engels

Vorwort:
Die Zeit, in der Jenny Marx lebte und wirkte, ist nicht arm an bedeutenden Frauen. Erweckt und begeistert durch den Ruf des revolutionären Bürgertums nach Freiheit und Gleichheit, begannen die besten Frauen sich aufzulehnen gegen die jahrhundertelange Unterdrückung des weiblichen Geschlechts und stürmisch ihr Recht auf Teilnahme am gesellschaftlichen und politischen Leben zu fordern. Den großen Bannerträgern der Französischen Revolution, wie Olympe de Gouges und Théroigne de Méricourt, und den Tausenden namenloser Frauen und Mädchen, die an den Erhebungen ihres Volkes teilnahmen und sich in revolutionären Frauenklubs organisierten, folgten andere hervorragende Frauen: amerikanische Vorkämpferinnen für die Negerbefreiung wie Harriet Beecher-Stowe und Lucy Stone, Reformerinnen wie die Engländerinnen Florence Nightingale – beiläufig Jenny Marx' Lieblingsgestalt unter den Frauen – und Elizabeth Fry, Kämpferinnen für soziale Gerechtigkeit wie die Französin Flora Tristan und nicht zuletzt die Kommunardinnen und die russischen Revolutionärinnen der Volkstümlerbewegung.
Auch in der deutschen Revolution von 1848 haben Frauenpersönlichkeiten eine Rolle gespielt. Die Freiheitskämpferinnen Emma Herwegh und Amalie von Struwe, die Demokratin und Humanistin Malwida von Meysenbug sind ebenso wie Luise Otto-Peters, die Vorkämpferin der deutschen bürgerlichen Frauenbewegung, unvergessen.
Jenny Marx hat nicht auf den Barrikaden gekämpft und auf keiner Rednertribüne gestanden; sie hat nicht selbständig in das gesellschaftliche Leben eingegriffen. Sie hat als Gattin und Kampfgefährtin des Begründers des wissenschaftlichen Kommunismus an der Seite ihres großen Mannes in der Stille gewirkt. Doch sie war die erste Frau in der Geschichte, die die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung verstand, von der Kraft und der historischen Sendung der Arbeiterklasse überzeugt war und bewußt ihr Leben mit dem revolutionären Kampf für den Sozialismus verband. Als geschulte Marxistin stand sie auf der Höhe der geschichtlichen Erkenntnis ihrer Zeit. Darum gehört sie zu den großen Frauen der Geschichte und steht uns von den Frauen des 19. Jahrhunderts als Wegbereiterin einer neuen Zeit am nächsten. Bescheiden und zutiefst verbunden mit den einfachen Menschen, hat Jenny Marx nie ein Wesen davon gemacht, was sie als Mitarbeiterin ihres Mannes und als Mitstreiterin für die sozialistische Bewegung leistete. Dabei war ihr Anteil am Kampf um die Herausbildung und Entwicklung der marxistischen Bewegung beträchtlich. In der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ wird sie mit vollem Recht als eine der bedeutendsten Vorkämpferinnen der revolutionären Arbeiterbewegung bezeichnet.
Es kann uns nicht wundern, daß die aus bürgerlicher Feder stammende Literatur über die Frauen des 19. Jahrhunderts der Kommunistin Jenny Marx keine Lorbeeren geflochten hat. Bedauerlicherweise ist aber das Leben und Wirken dieser großen deutschen Frau und Sozialistin, die von ihren Mitkämpfern hoch verehrt wurde, lange Zeit auch in der Arbeiterbewegung nur wenig beachtet worden. Wohl haben ihr Franz Mehring und Clara Zetkin in verschiedenen Arbeiten ehrenvolle Denkmäler gesetzt. Ihnen folgte 1933 die sowjetische Autorin P. Winogradskaja. Doch der mit dem Imperialismus aufkommende Revisionismus, der die Lehre von Marx und Engels entstellte und die Leistungen der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus herabsetzte, hat auch das Bild der Lebensgefährtin von Karl Marx verdunkelt.
Heute, da die Lehre von Karl Marx auf einem Drittel der Erde verwirklicht wird und die Namen Marx, Engels und Lenin heller denn je der Menschheit voranleuchten, hat das Wirken von Marx' Gattin und Kampfgefährtin volle und gerechte Würdigung gefunden. Hunderttausende Frauen in allen Ländern lieben und verehren Jenny Marx als Vorkämpferin unserer neuen, sozialistischen Gesellschaft, als große Humanistin, edle Frau und Vorbild einer sozialistischen Gattin und Mutter.
Die Verfasserin konnte bereits im Jahre 1953 ein kleines Buch über das Leben von Jenny Marx vorlegen, das weit über die Deutsche Demokratische Republik hinaus viele Freunde fand. Möge diese auf der Grundlage umfangreichen, zum Teil neuen Materials geschriebene Biographie helfen, weitere Kreise namentlich unserer Frauen und Mädchen mit dem Leben dieser großen Deutschen bekannt zu machen.
Ich möchte allen denen meinen herzlichen Dank aussprechen. die mir bei der Arbeit kameradschaftliche Hilfe, Beratung und Unterstützung zuteil werden ließen. Er gilt in erster Linie der Leitung und den Mitarbeitern des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, insbesondere den Genossen Oskar Hoffmann und Richard Sperl. Ebenso danke ich den Mitarbeitern des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, namentlich denen des Zentralen Parteiarchivs.
Berlin, im September 1967
Luise Dornemann

Inhalt:
Vorwort .....5
Karl und Jenny Marx .....9
Jugendjahre .....12
Die Braut .....30
Die junge Kampfgefährtin .....52
An der Seite der Arbeiterklasse .....71
In der Revolution von 1848 .....103
„...ich ließ den Mut nicht sinken" .....140
Von Liebe, Freundschaft und Solidarität .....192
Die Lehre von Marx beginnt die Welt zu erobern .....224
„O Deutschland, meine ferne Liebe“ .....241
Noch einmal im Sturm .....255
Ruhigere Jahre .....290
Noch im Todesringen unbesiegt .....318
Quellen- und Literaturnachweis .....327

Dietz Verlag Berlin 

Auflagen:
1. Auflage 1968
2. durchges. Auflage 1969
3. durchges. Auflage 1970
4. Auflage 1971
5. überarb. u. erg. Auflage 1975
6. Auflage 1976
7. überarb. u. erg. Auflage 1978
8. Auflage 1980
9. Auflage 1982
10. Auflage 1984



Ein Buch über Jenny Marx, der Frau und besten Kameradin des größten deutschen Wissenschaftlers und Revolutionärs. Es stellt die erste zusammenhängende Veröffentlichung über Jenny Marx dar, jener großen Frau, deren Leben bisher nur wenigen Menschen bekannt wurde. Die Schrift ist durch ihr reichhaltiges, authentisches Material besonders wertvoll.

Deutscher Frauenverlag Berlin 1953



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.