Buchanfang:
Die menschlichen Teufel
Das Geschehen in der EM-Gruppe 1
Die Rollen sind leicht überschaubar: Belgien und Schottland muß man in dieser Gruppe als die haushohen Favoriten betrachten, die Schweiz und die DDR dagegen sind gegen die WM-Endrundenteilnehmer von Spanien lediglich Außenseiter. Zu dieser Einschätzung kommt jeder, der sich im internationalen Fußball auch nur oberflächlich auskennt. Aber jeder weiß ebenfalls, daß der Fußballsport auch daher seinen Reiz bezieht, daß oft die Kleinen über sich hinauswachsen, in der Lage sind, den Großen ein Bein zu stellen, und Verdienste von gestern nur noch statistischen Wert haben. Auf den nächsten Seiten wollen wir nachvollziehen, wie sich das reizvolle Spiel in dieser Gruppe vollzieht, und dabei einige Lehren aufstellen.
1. Du sollst auch in Niederlagen Stil bewahren.
An einem kühlen Herbsttag des Jahres 1982 wird der Reigen der zwölf Gruppenspiele in Brüssel eröffnet. Belgien gegen Schweiz steht auf dem Programm, und die Eidgenossen reisen voller Hoffnungen in die Höhle des Löwen. „Wir kennen den Gegner, und wir fürchten ihn nicht“, macht Paul Wolfisberg sich und den Seinen Mut. Aus gutem Grund. Von den dreizehn Spielen, die unter seiner Leitung bisher absolviert wurden, haben sie lediglich gegen Ungarn und gegen Spanien verloren; England, die Niederlande, die CSSR sind unter den Geschlagenen, und gegen Brasilien und Italien werden Unentschieden erreicht. Das hat das Selbstvertrauen der Fußballer des Alpenlandes ungemein gestärkt, Claudio Sulser gibt die Losung aus: „Wir wollen möglichst lange unbeachteter Außenseiter bleiben und dann zuschlagen, um die Endrunde zu erreichen.“
In Belgien kennt man derartige Sprüche, und man bleibt gelassen. Auch dann, als ein letztes Übungsspiel gegen den eigenen Nachwuchs nur 3:3 endet. „Aber es waren fünf Pfostentreffer dabei“, wehrt Guy Thys hier und dort aufkommende Unruhe ab. Er baut auf die Wände des Heysel-Stadions, in dem zuletzt zwölf Siege herausgeholt wurden. Seit 1979 absolviert Belgien seine Heimspiele ausschließlich in diesem Stadion, denn Stadt und Verband haben einen Vertrag geschlossen, nach dem durch die Kommune siebentausend weitere Sitzplätze überdacht werden und der Verband keine Steuern mehr zu zahlen hat.
Das Spiel hat kaum begonnen, da ist es schon entschieden. Nach 84 Sekunden fälscht Lüdi einen harmlosen Freistoß Vercauterens unglücklich ins eigene Netz ab. Das 0:1 zwingt die Schweizer in die Offensive. „Und hier wurden ihre Schwächen offensichtlich“, urteilt der sachliche Jan Ceulemans, „weil sie über keinen Spielmacher verfügen, der ihr Spiel ordnet. Barberis hat's versucht, doch er kann das nicht, wenn er keine Hilfe erhält.“ Der belgische Fußballer des Jahres 1980 besitzt ein gutes Urteilsvermögen, und er bleibt maßvoll in jeder Hinsicht. Der 1,88 m große Mann, der sich mehr und mehr zum Dirigenten entwickelt, hat bisher hochdotierte Verträge mit dem AC Mailand ausgeschlagen. „Viel Geld zu haben, das beruhigt wohl“, meint er dazu, „doch ein Käfig ist ein Käfig, auch wenn er vergoldet ist.“ Deshalb ist er bisher dem FC Brügge treu geblieben, „weil einem die Freunde niemand ersetzen kann.“
Inhalt:
V. Europameisterschaft
5 Die menschlichen Teufel
Das Geschehen in der EM-Gruppe 1
26 Das böse Erwachen hoher Favoriten
Vom Geschehen in den EM-Gruppen
Die EM-Endrunde
49 Gruppe 1: Frankreich, Dänemark, Belgien, Jugoslawien)
64 Gruppe 2: Spanien, Portugal, BRD, Rumänien
77 Das Halbfinale
87 Das Finale
Nachwuchs- und Junioren-EM
90 Reifeprüfungen
DDR-Vertretungen in der Nachwuchs- und Junioren-EM
Cup der Meister
98 Beim halben Dutzend bleibt's
Der Europapokal der Landesmeister 1980-1983
112 Der dritte Stopp durch einen EP-Sieger
Die DDR-Mannschaft im Europapokal der Landesmeister 1980-1983
125 Zum zweitenmal ist Rom Erfolgspflaster
Der Europapokal der Landesmeister 1983/84
Cup der Pokalsieger
135 Beständig ist allein der Wechsel
Der Europapokal der Pokalsieger 1980-1983
150 Traum und Realität
Die DDR Mannschaften im Europapokal der Pokalsieger 1980-1983
164 „Alte Dame“ Juventus am Ziel
Der Europapokal der Pokalsieger 1983/84
UEFA-Cup
174 Für Außenseiter ist Platz
Der UEFA-Pokal 1980-1983
188 Im Achtel spätestens Finale
Die DDR Mannschaften im UEFA Pokal 1980-1983
201 Der Wechsel ist die Regel
Der UEFA-Pokal 1983/84
211 Namen und Zahlen
Autoren: Horst Friedemann, Wolf Hempel, Klaus Schlegel, Günter Simon
Illustrationen: Edward Alaszewski
Einband: Dieter Gröschke
Sportverlag Berlin
1. Auflage 1984
2. Auflage 1985
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wichtiger Hinweis
Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.
Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.