21 Oktober 2024

Martin Viertel: Bollerbock – Sein fünffacher Aufstieg und sein merkwürdiges Verschwinden

Klappentext:
Der Bergmann Hannes Moltentau ist einem Mädchen begegnet, der angehenden Journalistin Katrin Braunschweig. Es passiert die uralte, ewig neue Geschichte, aber daß sie auf Bollerbock aufbaut, macht sie ungewöhnlich.
Wer war Bollerbock, von dem ein Bericht aus den fünfziger Jahren hinterläßt, er sei fünffach aufgestiegen aus dem Schacht ein Held oder eine Legende?
Mit kriminalistischem Gespür versucht Katrin hinter sein Geheimnis zu kommen, und sie gerät dabei dicht an die heute Lebenden. Aber wo sie auch anklopft, sie begegnet undurchsichtigen Mienen und sonderbaren Reaktionen. Recht merkwürdig benimmt sich Hannes Moltentau, als ob er etwas zu verbergen hätte.

Buchanfang:
Nicht jeder Maimorgen schmeckt nach Salzbrezeln, aber wenn es schon Gebackenes sein muß, dann sollen frische Brötchen auf den Tisch. Sagte sich Hannes Moltentau und trank auf nüchternen Magen einen halben Liter kalte Buttermilch. Er trank ihn wie jeden Morgen im Stehen, in wenigen Zügen und mit vollem Genuß. Dazu schluckte er eine Summavit, tat dies alles in der Absicht, daß sich seine Gedanken entfilzten und rascher in Bewegung gerieten. Was der Nachtschlaf an dumpfen Gefühlen hinterlassen hatte, sollte sich so schnell wie möglich aus seinem Kopf und seinen Gliedern verflüchtigen. Hannes Moltentau streckte sich genüßlich zur Decke und beugte sich zum Boden hinab. Dann holte er tief und geräuschvoll Atem, betrachtete sich im Spiegel und belächelte dabei die selbsterdachte Buttermilch-Summavit-Prozedur. Er hatte sich aber so an sie gewöhnt, daß er nie und nimmer davon gelassen hätte. Er kreiste nochmals seine Arme, und dann, so schien ihm, war er endgültig munter geworden. Er fühlte sich ausgeruht und frisch und ganz auf den Tag eingestimmt.
Hannes Moltentau wickelte sein Stullenpaket ein und steckte es mit ein paar Flaschen Selters in seine lederne Tragetasche. Sieben Uhr fünfunddreißig! vermeldete mit glockenreiner Stimme die Ansagerin im Rundfunk, doch bevor sich der nächste Schlager in Moltentaus Gefühle einmischen konnte, schaltete er das Radio ab.
Aus der Speisekammer holte er einen mittelgroßen Präsentkorb hervor. Er betrachtete den Korb von allen Seiten, die Ananasbüchse darin und die Dose mit den portugiesischen Ölsardinen, die Butterkekse aus Wurzen und den ostthüringischen Möhrensaft, die Zigarillos unter Glanzpapier ........

Schutzumschlag: Michael de Maiziére

Verlag Neues Leben, Berlin
1. Auflage 1986
2. Auflage 1987

erschienen auch im
Buchclub 65
Lizenz d. Verl. Neues Leben, Berlin
1. Auflage 1987

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