24 Dezember 2025

Gottfried Keller: Kleider machen Leute – Eine Auswahl

Zum Buch:
Das Buch „Kleider machen Leute“ enthält ausgewählte Geschichten und Gedichte des Schriftstellers Gottfried Keller. In der titelgebenden Novelle verhilft die Verwechslung mit einem Grafen einem arbeitslosen Schneider zu Ansehen und Wohlstand. Es sind die Umstände und die Menschen um ihn herum, die aus ihm einen anderen machen, als er es ist. Beeinflusst von Äußerlichkeiten, Meinungen, Vermutungen und Ansichten der Leute entsteht die Scheinsituation des Schneiders als Graf. Die Schlussfolgerung: Lerne zuerst einen Menschen richtig kennen, bevor du ihn beurteilst.

Einbandtext:
Es hängt nicht nur von uns selber ab, wie unser Leben verläuft. Zufällige Ereignisse und das Eingreifen anderer – in guter Absicht oder in böser – haben schon manchen in eine schwierige Lage gebracht. Dann aber muß er aktiv werden, muß handeln, sonst gerät er ins Schleudern. Gottfried Keller schildert einen solchen Fall in „Kleider machen Leute“, einer Novelle, die ihren Weg um die ganze Welt gemacht hat. Unser Band enthält daneben noch weitere, ebenso bekannte und beliebte Geschichten des berühmten Schweizer Schriftstellers, so zum Beispiel „Die drei gerechten Kammacher“ oder „Pankraz, der Schmoller“, und auch Gedichte wurden aufgenommen. Obwohl Keller sie vor über hundert Jahren geschrieben hat, gilt ihre Botschaft von der Stärke des Menschenherzens und der Kostbarkeit des Lebens auch für uns.

Aus dem Buch:
Kleider machen Leute
An einem unfreundlichen Novembertage wanderte ein armes Schneiderlein auf der Landstraße nach Goldach, einer kleinen reichen Stadt, die nur wenige Stunden von Seldwyla entfernt ist. Der Schneider trug in seiner Tasche nichts als einen Fingerhut, welchen er, in Ermangelung irgendeiner Münze, unablässig zwischen den Fingern drehte, wenn er der Kälte wegen die Hände in die Hosen steckte, und die Finger schmerzten ihn ordentlich von diesem Drehen und Reiben. Denn er hatte wegen des Falliments irgendeines Seldwyler Schneidermeisters seinen Arbeitslohn mit der Arbeit zugleich verlieren und auswandern müssen. Er hatte noch nichts gefrühstückt als einige Schneeflocken, die ihm in den Mund geflogen, und er sah noch weniger ab, wo das geringste Mittagbrot herwachsen sollte. Das Fechten fiel ihm äußerst schwer, ja schien ihm gänzlich unmöglich, weil er über seinem schwarzen Sonntagskleide, welches sein einziges war, einen weiten dunkelgrauen Radmantel trug, mit schwarzem Samt ausgeschlagen, der seinem Träger ein edles und romantisches Aussehen verlieh, zumal dessen lange schwarze Haare und Schnurrbärtchen sorgfältig gepflegt waren und er sich blasser, aber regelmäßiger Gesichtszüge erfreute. Solcher Habitus war ihm zum Bedürfnis geworden, ohne daß er etwas Schlimmes oder Betrügerisches dabei im Schilde führte; vielmehr war er zufrieden, wenn man ihn nur gewähren und im stillen seine Arbeit verrichten ließ; aber lieber wäre er verhungert, als daß er sich von seinem Radmantel und von seiner polnischen Pelzmütze getrennt hätte, die er ebenfalls mit großem Anstand zu tragen wußte.
Er konnte deshalb nur in größeren Städten arbeiten, wo solches nicht zu sehr auffiel; wenn er wanderte und keine Ersparnisse mitführte, geriet er in die größte Not. Näherte er sich einem Hause, so betrachteten ihn die Leute mit Verwunderung und Neugierde und erwarteten eher alles andere, als daß er betteln würde; so erstarben ihm, da er überdies nicht beredt war, die Worte im Munde, also daß er der Märtyrer seines Mantels war und Hunger litt, so schwarz wie des letztern Sammetfutter.
Als er bekümmert und geschwächt eine Anhöhe hinaufging, stieß er auf einen neuen bequemen Reisewagen, welchen ein herrschaftlicher Kutscher in Basel abgeholt hatte und seinem Herren überbrachte, einem fremden Grafen, der irgendwo in der Ostschweiz auf einem gemieteten oder angekauften alten Schlosse saß. Der Wagen war mit allerlei Vorrichtungen zur Aufnahme des Gepäcks versehen und schien deswegen schwer bepackt zu sein, obgleich alles leer war. Der Kutscher ging wegen des steilen Weges neben den Pferden, und als er, oben angekommen, den Bock wieder bestieg, fragte er den Schneider, ob er sich nicht in den leeren Wagen setzen wolle. Denn es fing eben an zu regnen, und er hatte mit einem Blicke gesehen, daß der Fußgänger sich matt und kümmerlich durch die Welt schlug.
Derselbe nahm das Anerbieten dankbar und bescheiden an, worauf der Wagen rasch mit ihm von dannen rollte und in einer kleinen Stunde stattlich und donnernd durch den Torbogen von Goldach fuhr. Vor dem ersten Gasthofe, zur Waage genannt, hielt das vornehme Fuhrwerk plötzlich, und  ......

Inhalt:
An Johann Müller .. .. .. 5
Gewitter im Mai .. .. .. 8
Der Taugenichts .. .. .. 9
Pankraz, der Schmoller .. .. .. 12
Auf dem Berge .. .. .. 76
Jung gewohnt, alt getan .. .. .. 79
Kleider machen Leute .. .. .. 81
Waldlied .. .. .. 136
Sommernacht .. .. .. 138
Die drei gerechten Kammacher .. .. .. 140
Zur Erntezeit .. .. .. 195
Frau Rösel .. .. .. 196
Morgen .. .. .. 198
Die Berlocken .. .. .. 199
Abendlied .. .. .. 220
Ein Kenner des menschlichen Herzens - Nachwort des Herausgebers .. .. .. 221
Zeittafel .. .. .. 228
Worterklärungen und Anmerkungen .. .. .. 233
Quellennachweis .. .. .. 239

Herausgegeben und mit einem Nachwort von Hans Richter
Illustrationen von Bernd Günther
Für Leser von 13 Jahren an

Der Kinderbuchverlag Berlin
Reihe:
Die Goldene Reihe
1. Auflage 1986
2. Auflage 1987
3. Auflage 1989

23 Dezember 2025

Dominique Fernandez: In der Hand des Engels

Klappentext:
In der Nacht vom 1. zum 2. November des Jahres 1975 wird ein Mann am Strand von Ostia ermordet aufgefunden, dessen Leben ebenso skandalös und widersprüchlich war wie die Umstände, die zu seinem Tod führten. In der Tat, wovon der Ich-Erzähler Pier Paolo seinem jungen Neapolitaner Freund Gennariello berichtet, ist das Schicksal eines Außenseiters. 1922 in Bologna als Sohn eines faschistischen Offiziers geboren, aufgewachsen im ländlichen Friaul, der Heimat seiner innig geliebten Mutter, zerbricht die Idylle jäh, als seine Neigung zum gleichen Geschlecht publik wird. Moralisch untragbar, politisch verdächtig, wird er aus dem Schuldienst entlassen. Unter den Asozialen, den kleinen Dieben und Strichjungen der römischen Vorstädte entdeckt er jene »Ragazzi di vita«, die er zu den Helden seines ersten Romans macht. Das Buch wird beschlagnahmt, seinem Verfasser ein Prozeß wegen Verstoßes gegen die guten Sitten angehängt. Das ist der Beginn einer Kampagne, die nunmehr unablässig gegen den Schriftsteller und Filmregisseur, den kompromißlosen Kritiker des italienischen Wirtschaftswunders und des aufkommenden Neofaschismus, den scharfen Polemiker gegen jegliche Art von Diskriminierung, entfesselt wird. Verleumdet, verachtet, verfolgt, sein Name zum Schimpfwort herabgewürdigt, sollte der »Traum von einer Sache«, der Traum von einem besseren, gerechteren Leben, für ihn wie für seinesgleichen unerfüllt bleiben.
Fiktives und Authentisches vermischen sich in dieser Romanbiographie des Franzosen Dominique Fernandez zu einem faszinierenden Bild des Mannes. der zu einer der hervorragendsten Gestalten der italienischen Literatur- und Filmgeschichte der Gegenwart zählt: Pier Paolo Pasolini.

Dominique Fernandez, französischer Romanschriftsteller, Essayist, Literaturkritiker und Übersetzer, Sohn des Schriftstellers Ramon Fernandez, wurde 1939 in Paris geboren. Nach dem Studium der italienischen Sprache und Literatur folgte er 1957 einer Berufung ans Institut Français in Neapel, von dem er jedoch auf Grund unerwünschter Äußerungen nach kurzer Zeit wieder verwiesen wurde. Nach Verteidigung seiner Doktorarbeit über den italienischen Schriftsteller Cesare Pavese (L'Echec de Pavese, 1968) ist er seither als Dozent für Italienisch und als Literaturkritiker tätig. Als hervorragender Kenner der italienischen Geschichte, Literatur und Kultur greift er in seinen Romanen, Essays und Reiseberichten immer wieder diesen Gegenstand auf. Zu seinen wichtigsten Werken gehören die Romane Les Enfants de Gogol (1971), Porporino ou les mystères de Naples (1974. ausgezeichnet mit dem Prix Mèdicis, dt. »Porpo rino oder die Geheimnisse von Neapel, 1976), und L'Etoile rose (1978), die Essays Le Roman italien et la crise de la conscience moderne (1958), L'Echec de Pavese (1968), L'Arbre jusqu'aux racines (1972), Eisenstein (1975), sowie die Reiseberichte Mère Méditerranée (1965, dt. Süditalienische Reises, 1969), Les Evénements de Palerme (1966) und Les Siciliens (1977). Mit seinem neuesten Werk, der Romanbiographie »In der Hand des Engels« (Dans la main de l'ange, 1982, ausgezeichnet mit dem Prix Goncourt), wird Dominique Fernandez erstmals in der DDR vorgestellt.

Einbandentwurf: Gerhard Medoch
Originalausgabe: Dans la main de l'ange; © 1982, Editions Grasset & Fasquelle
Aus dem Französischen von Egon Wiszniewsky

Verlag Volk und Welt, Berlin
1. Auflage 1985 

Karl-Heinz Jakobs: Beschreibung eines Sommers

Klappentext:
Tom Breitsprecher ist sich seines Könnens und seines Wissens völlig bewußt. Für ihn gibt es die Musik und die Formeln der Mathematik, sein Selbstbewußtsein und die Frauen, bei denen er sich seines Erfolges stets sicher zu sein glaubt. Auch bei der jungen Maschinistin Grit, die er auf der Baustelle in Wartha kennenlernt: Als einer der fähigsten jungen Bauingenieure seines Stammbetriebes ist Tom hierhergekommen; er arbeitet vorbildlich und reißt die Jugendbrigaden mit. Als aber aus dem Spiel mit Grit zum erstenmal in seinem Leben Ernst wird, gerät nicht nur die Selbstsicherheit des jungen Mannes ins Wanken ... Liebe in unserer Zeit, Probleme der Generation, die, 1945 vor einen neuen Anfang gestellt, im Hier und Heute tätig ist – das rückt Karl-Heinz Jakobs kühn und eigenwillig in den Mittelpunkt dieses Romans.


Umschlag- und Einbandentwurf: Regine Schulz

Verlag Das Neue Berlin, Berlin
1. Auflage 1980 

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Verlag der Nation, Berlin
Reihe:
Roman für Alle; Nr. 134
1. Auflage 1962 
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Verlag Volk und Welt, Berlin
Reihe:
Roman-Zeitung 270
1. Auflage 1962 
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Verlag Neues Leben, Berlin

1. Auflage 1961
2. Auflage 1962
3. Auflage 1962
4. Auflage 1963
5. Auflage 19??
6. Auflage 19??
7. Auflage 1964
8. Auflage 1965
9. Auflage 1967
10. Auflage 1969
11. Auflage 1970
12. Auflage 1973
13. Auflage 1975
14. Auflage 1976
15. Auflage 1977
16. Auflage 1978
17. Auflage 1979


Weitere Cover der Ausgaben im Verlag Neues Leben

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22 Dezember 2025

Sergej Eisenstein: Das dynamische Quadrat – Schriften zum Film

Einbandtext:
Für Sergej Eisenstein (1898-1948) war Film „eine junge Kunst, ‚geboren vor unseren Augen’. Aber er sah sie tief verbunden mit der Kulturtradition aller Kunstgattungen, die sie gewissermaßen in sich vereinigte. Das Herausarbeiten des Spezifischen verstand Eisenstein mehrschichtig mit der Untersuchung des synthetischen Charakters zu vereinen. Auf noch heute suggestive Weise diente ihm der Vergleich mit Frühphasen einzelner Kulturdimensionen (etwa Bau der Sprache, Technik des Theaters, Zahlensysteme oder Kompositionsprinzipien der Malerei) zur Aufhellung der neuen ästhetischen Gesetze des Films und zur Reflexion seiner universellen Möglichkeiten. ‚Ein Gegenstand muß so ausgewählt werden, so gedreht und mit solchem Kalkül im Blickfeld räumlich untergebracht werden, daß neben der Abbildung ein Assoziationskomplex entsteht, der der emotionalgedanklichen Fracht der Sequenz eine zweite Stimme hinzuliefert’, schrieb Eisenstein über seine Montageauffassung. Dieses Prinzip der ‚zweiten Stimme’ ... ist die Grundstruktur wohl aller wesentlichen Autorentexte Eisensteins. Auch die hier gebündelten Texte haben eine Fülle von Bezugspunkten. Sie sind vergnüglich durch geistige Originalität und anspruchsvoll durch gedankliche Opulenz. Ihre Vorbildwirkung noch heute für alle Künste ist unbestritten.“ (Fred Gehler)

Buchanfang:
Die Manuskripte des Moskauer Eisenstein-Archivs könnten bequem eine 20bändige Ausgabe füllen. Verlockung und Bedrängnis für jeden Herausgeber zugleich.
Unsere Auswahl bringt Texte des Filmtheoretikers Eisenstein.
Das erste Kapitel – AUSDRUCK UND EINWIRKUNG – verfolgt die Wandlungen der Attraktion in Theater und Film. Das zweite – DENKPROZESS UND FILMFORM – faßt Aufsätze zusammen, in denen Film als Sprache, im Verhältnis zu anderen Sprachen und anderen Zeichensystemen, untersucht wird.
Im dritten Kapitel – TECHNIK UND KINO – betrachtet der Regisseur Eisenstein das technische Phänomen Film aus kulturgeschichtlicher Perspektive. Als eine Kunst, die das zu lösen vermag, was in den Schranken der alten Künste nur erschwert und partiell zu leisten war.
Im 20. Jabrbundert übernahm der Film die beschreibend-ausmalende Diktion der Belletristik. In Ermangelung eines technisch ausgereiften Farbmaterials, das seinen Ideen „gehorchen“ würde, fixierte Eisenstein die Farbe auf dem Papier. So klingen diese Notate wie schon nicht mehr mögliche Literatur.
Eisensteins Sätze gleichen rhythmisch organisierter Prosa. Sein Absatz – der Zusammenprall zweier Zeilen – widerspiegelt die Kollision einer Montagekopplung. Gedankenpunkte und -striche fungieren als Vorbote einer theoretischen Attraktion. Die Übersetzung ins Deutsche vermag nur bedingt die innere Dynamik des Eisensteinschen Ideenflusses zu vermitteln, da gleich nach der Attraktion das Verb aufzutauchen hat – in gebeugter Form und außer Atem –, während es im Original dort steht, wo der Autor sich die größte Wirkung verspricht. Eisenstein nannte seinen Satzbau „eine schlechte Übersetzung aus dem Deutschen“, was den umgekehrten Vorgang keineswegs erleichtert.


Inhalt:
Armer Salieri .. .. .. 7

AUSDRUCK UND EINWIRKUNG
Montage der Attraktionen .. .. .. 10
Montage der Filmattraktionen .. .. .. 17
Konstanza .. .. .. 46
Die beiden Schädel Alexanders des Großen .. .. .. 52

DENKPROZESS UND FILMFORM
Perspektiven .. .. .. 58
Jenseits der Einstellung .. .. .. 72
Die vierte Dimension im Film .. .. .. 90
Rede auf der Allunionskonferenz sowjetischer Filmschaffender .. .. .. 109

TECHNIK UND KINO
Die Zukunft des Tonfilms .. .. .. 154
Das dynamische Quadrat .. .. .. 157
[Erster Brief über die Farbe] .. .. .. 177
[Farbkonzeption zum Film „Die Liebe des Dichters"] .. .. .. 184
Über den Raumfilm .. .. .. 196

Anhang
Oksana Bulgakova: Bruch und Methode. Eisensteins Traum von einer absoluten Kunst .. .. .. 262
Anmerkungen .. .. .. 325
Zur Biographie .. .. .. 388
Personenregister .. .. .. 393
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Aus dem Russischen
Übersetzt und herausgegeben von Oksana Bulgakova und Dietmar Hochmuth
Im Anhang der Aufsatz von Oksana Bulgakova: „Bruch und Methode. Eisensteins Traum von einer absoluten Kunst"
Mit 38 Abbildungen
Umschlaggestaltung: Friederike Pondelik

Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig
Reihe:
Reclams Universal-Bibliothek Band 1206 | Kunstwissenschaften | Mit Abbildungen
1. Auflage 1988
2. Auflage 1991

Georg Piltz: Magdeburg - Stadt am Strom

Georg Piltz beschreibt anschaulich das Schicksal der Stadt Magdeburg ab der Zeit von Karl dem Großen (um 805) bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Buchanfang:
Die Lage am Strom prägte das Antlitz der Stadt. Von Westen her bleibt sie ohne Profil: Ihre Vororte, die sich, Fangarmen gleich, der weiten Ebene der Börde entgegenstrecken, unterscheiden sich in ihrer Nüchternheit nicht von denen anderer deutscher Großstädte. Eine Insel verstellt den Blick von der östlichen Niederung. Erst vom Ufer des Stromes aus offenbart die Stadt ihre Eigenart. In einer weiten Bewegung schiebt sich ein niedriger Höhenzug an die Elbe heran. Und auf dieser breiten Felsbarre, der letzten, die der Strom vor seinem Eintritt in die Norddeutsche Tiefebene zu durchbrechen hat, aus der glatten Wasserfläche gleichsam hervorwachsend, erhebt sich die Masse der Häuser und Kirchen, erhebt sich Magdeburg.
Die Stadt drängt zum Strom. Die einzige Hauptstraße, die sie bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein besaß, der Breite Weg, folgt dem Lauf der Elbe. Von hier aus streben die eng umbauten, licht- und luftlosen Gassen der Altstadt dem Ufer zu. Die stromabwärts gelegenen Viertel zwischen dem Alten Markt und dem Tränsberg gehörten bis 1945 zu den dichtestbesiedelten Gebieten Deutschlands. Eine geräumige Ostwest-Verbindung fehlt noch heute: Der Drang, der großen Ernährerin Elbe nahe zu sein, ließ selbst die lebenswichtige Straße zu den Brücken verkümmern. Das Verlangen, auf das andere Ufer des Stromes hinüberzugreifen, hat diese Stadt nie gespürt. Erst die militärische Notwendigkeit, den stärksten Waffenplatz des preußischen Staates auch gegen Osten zu sichern, führte 1731 zur Gründung der Friedrichstadt, des heutigen Brückfelds.
Magdeburg, sagt man, sei eine reizlose Stadt. Aber das ist falsch. Ihre Schönheit ist nur von besonderer Art, und die Entdeckung des Verborgenen erfordert Arbeit und Spürsinn. Der oberflächliche Betrachter wird das Gewinkel der altstädtischen Gassen vielleicht öde und die eigenartige Silhouette lediglich sonderbar finden. Die Tatsache, daß das äußere Bild eines Gemeinwesens stets Spiegelung seiner Geschichte ist, wird ihm verborgen bleiben. Grundriß und Silhouette sind für ihn leblose Dinge oder bestenfalls Gegenstände ästhetischer Betrachtungen. Die Geschichte ist der einzige Schlüssel zum Verständnis der Magdeburger Eigenart. Der einzige, denn das mittelalterliche Magdeburg ging im Feuersturm der Zerstörung von 1631 zugrunde. Was erhalten blieb, war der von einem tausendjährigen historischen Geschehen geformte mittelalterliche Stadtplan mit seiner eigentümlichen Gruppenbildung. Es sind im Grunde zwei Städte, die sich innerhalb der alten Mauern und Wälle gegenüberstehen, und die bis ins siebzehnte Jahrhundert gebrauchte Ratsformel von der „Oldenstadt to Magdeborch“ ist juristischer Ausdruck dieser Trennung. Zwei Städte: Im Süden der Dom, die Stiftskirche St. Sebastian und das Kloster Unser Lieben Frauen; im Norden, durch einen weiten Zwischenraum unmißverständlich abgegrenzt, die Pfarrkirchen St. Johannis, St. Ulrich, St. Katharinen, St. Jakob, St. Peter und die Augustinerkirche. Zwei Städte: Im Süden, um den weiträumigen Domplatz gruppiert, die Stiftsfreiheit, einst Sitz der geistlichen Feudalherren; im Norden, mit dem Zentrum Alter Markt, die Bürgerstadt. Bis ins vierzehnte Jahrhundert waren beide Siedlungen durch Ketten voneinander getrennt, auf dem Domplatz galt ein anderes Recht als auf dem Alten Markt, .....

Umschlag- und Einbandentwurf: Erich Weber

Sachsenverlag Dresden
1. Auflage 1954
2. Auflage 1955

21 Dezember 2025

Werner Lindemann: Das Pflaumenbäumchen

Da war ein Pflaumenbäumchen, schmächtig, krumm.
Der Heiner sprach: „Du trägst nicht, Baum, warum?"

Das Bäumchen rauschte: „Sieh, ich steh auf Sand,
ich bin so dürr, weil ich kein Wasser fand."


Illustration von Inge Gürtzig
12-seitiges Pappkinderbuch
Für Kinder von 3 Jahren an


Verlag für Lehrmittel Pößneck
1. Auflage 1980
2. Auflage 1982
3. Auflage 1985

Gerd Eggers, Erika Baarmann: Zirkus

In diesem Buch sind verschiedene Szenen aus einem Zirkus dargestellt. Ein Clown beim Späßemachen, eine Artistin auf dem Seil, ein Bär beim Rollerfahren... Zu jeder Szene gehört ein Vierzeiler, der leicht verständlich und zu behalten ist. Das Buch eignet sich wunderbar zum gemeinsamen Betrachten.

Buchanfang:
Im Zirkus gibt es viel zu lachen,
deshalb dachten wir uns aus,
wie wir Zirkus selber machen,
auf dem Spielplatz und im Haus.
- - -
Hoch auf dem Seil zu balancieren,
das ist einfach nur im Traum,
laßt es uns zuerst probieren
auf einem umgekippten Baum.

Text von Gerd Eggers
Illustrationen von Erika Baarmann
Für Kinder von 3 Jahren an

Verlag Karl Nitzsche, Niederwiesa

Lizenz des Der Kinderbuchverlag, Berlin
1. Auflage 1977
2. Auflage 1978
3. Auflage 1979
4. Auflage 1981
5. Auflage 1990