09 Mai 2020

Alfred Kurella: Unterwegs zu Lenin - Erinnerungen

Auf der Mauer des Moskauer Kremls, zwischen den hohen Schwalbenschwanzzinnen, gerade über der Stelle, wo heute das Lenin-Mausoleum liegt, stand am 1. Mai 1919 ein junger Deutscher und blickte auf den Roten Platz hinab. Dieser junge Deutsche war mehr als einem halben Jahrhundert der sozialistische Kulturpolitiker, Schriftsteller und Übersetzer Alfred Kurella. In autobiographischen Aufzeichnungen hat er Erlebnisse und Erfahrungen von seiner ersten Reise in die Sowjetunion dargestellt, von seiner Reise "Unterwegs zu Lenin" ... "Es trifft für mich buchstäblich zu, daß mein ganzer Lebensweg durch die Begegnung mit Lenin bestimmt worden ist. Damit meine ich sogar die allererste Begegnung. Denn sie hatte zur Folge, daß ich auf eine Bitte und die Empfehlung Lenins hin damals in Moskau blieb, an der Ausarbeitung der Dokumente für die geplante Gründung einer Kommunistischen Jugendinternationale teilnahm, als Vertreter des russischen Komsomol und der von Lenin bestätigten Dokumente nach dem Westen zurückfuhr und im November des gleichen Jahres in das Exekutivkomitee der neuen Internationale gewählt wurde. Damit war sozusagen mein Schicksal besiegelt. Ich wurde zum ,berufsmäßigen' Organisator, Agitator, Propagandisten und Journalisten der internationalen kommunistischen Bewegung..."

Berliner Zeitung

Verlag Neues Leben Berlin 1967


Am 20. März 1919 setzen sich drei junge Leute in Berlin in den Zug nach Königsberg. Sie wollen nach Moskau. Zu Lenin. Über die litauische Grenze, durch Lettland. Dort kämpfen deutsche Baltikumer und litauische Weißgardisten gegen die Rote Armee. Man lese selbst: die Husarenstreiche der drei, die Brenzligkeit des Unternehmens. Sie gelangen nach Moskau am Ostersonntag, dem 20. April. Sie haben Lenin zwei chiffrierte Briefe zu überbringen. Der Kurier ist Alfred Kurella, Jugendfunktionär aus München, Mitglied der eben gegründeten, eben verbotenen KPD. Kurella ist für Lenin Quelle aus Deutschland, und Lenin setzt Vertrauen in ihn und gibt ihm Aufgaben. Kurella lebt dreieinhalb Monate in Moskau, hilft mit, die Gründung der kommunistischen Jugendinternationale vorzubereiten. Die geistige und politische, theoretische und praktische Welt Lenins gibt einem jungen Deutschen einen starken, entscheidenden Lebensimpuls. Ein romantischer Jugendlicher wird ein ernster Mensch – Alfred Kurella, 72, schreibt, wie er mit 24 war. Es ist gut, von seinem Unterwegs zu erfahren.

Verlag Neues Leben Berlin 1967

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