10 Mai 2020

Brigitte Reimann in ihren Briefen und Tagebüchern

Ein Jahr nach ihrem Tod erschien der Roman "Franziska Linkerhand". Er wurde, obwohl unvollendet, ihr größter Erfolg. Wer war Brigitte Reimann?
In ihren Briefen und Tagebucheintragungen tritt sie uns entgegen: leidenschaftlich und empfindsam, voller Neugier und voller Zweifel; angestrengt bis zur Erschöpfung arbeitend, streitbar die Auseinandersetzung führend und immer auch auf der Suche nach Liebe. So lernen wir es kennen, das kurze konfliktreiche Leben dieser liebenswerten Autorin, ein Leben, ebenso interessant und packend vielleicht wie das ihrer inzwischen so berühmt gewordenen Romanheldin, der sie viel von ihren Empfindungen und Erfahrungen mitgegeben hat.

"Merkwürdigerweise gewöhnt man sich an den Gedanken, ein womöglich kurzbefristetes Leben zu führen: Es ist nicht mal eine dramatische Situation, der Alltag geht halt so weiter, wir gehen einkaufen, planen Sommerferien, haben die üblichen Geldsorgen... Wahrscheinlich liegt es auch an dem ständigen Umgang mit Ärzten: sie haben ganz andere Schicksale zu bieten, und der Tod, auch der eigene Tod, hat keine Schrecken für sie, und nach einem Tag im OP finden sie weder Bücher noch Schriftsteller noch deren Probleme sehr wichtig, und da wir ohnehin erzogen sind, uns wie unartige Kinder oder Geranien am Podium zu fühlen, habe ich tatsächlich oft ein schlechtes Gewissen, wenn ich abends mit meinem Eheliebsten und seinen Freunden zusammen bin, die sich tagsüber damit beschäftigt haben, menschliches Leben zu erhalten, während ich über einem Blatt Papier über den Sinn des Lebens meditiert habe."
Brigitte Reimann, 14.12.70

buchclub 65 Berlin, 1988

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