01 Mai 2020

Georges Simenon: Der kleine Heilige

Georges Simenon, der heute Achtzigjährige, macht noch immer von sich reden. Zwar erscheinen nun keine Maigrets mehr, nachdem eine Zeitlang jeder neue Roman als sein endgültig letzter angekündigt worden war, doch veröffentlichte er 1980 seine umfangreichen "Intimen Memoiren". Ein Simenon, der nicht mehr schreibt, ist schlecht vorstellbar, am wenigsten ihn selbst, der von sich sagt: "Ich bin kein bewußter Schriftsteller. Ich bin kein Intellektueller. Ich schreibe, weil ich schreiben muß. Ich denke nie darüber nach, wie ich schreibe."

Zu den Bewunderern dieses "Balzac des 20. Jahrhunderts" gehörten André Gide, Francois Mauriac und Jean Cocteau. Alfred Andersch hat das Phänomen Simenon treffend charakterisiert: "Da legt er Jahr für Jahr ein paar neue Modelle feinster psychologischer Schilderung, unheimlicher Seelenkenntnis und dichtester Zeichnung von Umwelt und Epoche hin, in einer Sprache ohne Sentimentalität, wenn auch von großer Humanität, in einem hämmernden, schmucklosen, von knisternder Spannung erfüllten Stil, an dem er viele Jahre seines Lebens bis zur Vollendung gearbeitet hat - es nützt ihm nichts... er kommt nicht in die Literaturgeschichte."

Simenon, der schnell berühmt und reich wurde, der über Westeuropa und Amerika verteilt einunddreißig Wohnsitze sein eigen nannte und immer ein großes Haus führte, kennt dennoch sehr gut das Milieu der kleinen Leute. Seine Kriminalromane und seine zahlreichen psychologischen oder Non-Maigret-Romane legen dafür Zeugnis ab, auch das vorliegende Buch. Es ist die Geschichte eines Malers und zugleich die Geschichte einer Pariser Familie aus den untersten sozialen Schichten, außerdem auch ein wenig die Geschichte des Pariser Hallenviertels und der Rue Mouffetard, wo der "kleine Heilige" seine Kindheit verlebt, die ihm unvergeßlich bleibt und die sich später auf seinen ungewöhnlichen Bildern wiederfindet.

Aufbau-Verlag 1984
bb-Reihe Nr. 533

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