17 Juni 2020

Friedrich Dürrenmatt: Es steht geschrieben / Die Wiedertäufer - Zwei Dramen


Zur Einführung
Friedrich Dürrenmatt, Schweizer des Jahrgangs 1921, hat wenige seiner Arbeiten ungeschoren gelassen. Verschiedene Fassungen seiner Bühnenwerke, oft von einer Inszenierung zur anderen verändert, Umsetzungen vom Hörspiel in die Prosa, vom Film in den Roman beweisen das. Dürrenmatts Werk lebt auch in dem Verständnis, daß selbst das einmal an die Öffentlichkeit Gestellte nicht endgültige Aussage transportiert. Die Kategorie des Spiels, der in Dürrenmatts Ästhetik eine entscheidende Stellung zukommt, des Spiels als der systematischen Erprobung von Möglichkeiten legt eine wiederholte Beschäftigung des Autors mit der einmal geformten Materie nahe, ja provoziert sie. Dürrenmatts Äußerung, er habe in den „Wiedertäufern" „noch einmal das alte Spiel bewußter jetzt durchgespielt", deutet auf die Konsequenz eines Systems hin, das Weiterarbeit am scheinbar Fertigen fordert. Wenn nicht die Notwendigkeit solchen Vorgehens behauptet werden kann, so muß doch die vom Autor gern genutzte Möglichkeit betont werden.
Besonders augenfällig ist die Schaffensmethode, einmal Gestaltetes wieder in Frage zu stellen, an den beiden Fassungen des Wiedertäuferstoffs, die in diesem Band vereint sind. Zwischen der Uraufführung des Stücks „Es steht geschrieben" am 19. April 1947 am Züricher Schauspielhaus und der Premiere des Stücks „Die Wiedertäufer" am 16. März 1967 am selben Theater liegen zwanzig Jahre, ausgefüllt mit immer wieder, namentlich mit theatralischen Mitteln unternommener Musterung und Demonstration von drängenden Daseinsproblemen. Die Lektüre der beiden Dramen wird erweisen, in welchem Maße Friedrich Dürrenmatt im Lauf von zwanzig Jahren nicht nur an Reife gewonnen hat, einen historischen Stoff dramatisch zu gestalten; auch seine unterschiedlichen Positionen zur Welt der Realitäten werden deutlich ablesbar.

Verlag Volk und Welt Berlin, 1. Auflage 1972
Mit erläuternden Betrachtungen von Karl Heinz Berger
Spektrum Nr. 45

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.