27 Juni 2020

Hans Fallada: Der eiserne Gustav



Buchvorstellung von Anne-Marit Strandborg

Als ich das Buch gelesen habe, war das Thema brandaktuell. Fängt die Geschichte doch zu Beginn des Ersten Weltkriegs an. Passende Bücher liegen in den Läden aus, das Fernsehprogramm ist voll von Dokumentationen und die Museen zeigen passende Ausstellungen. Den eisernen Gustav gab es wirklich. Nur hieß er Gustav Hartmann. Am 2. April 1928 startete er mit seiner Droschke und dem Wallach Grasmus nach Paris (über 1000 Kilometer). Der Zeitungsreporter Hans Hermann Theobald begleitete ihn. Am 4. Juni 1928 kamen sie dort an. Da um diese Zeit die Anzahl der Autos auf den Straßen stetig zunahm, war diese Reise als Aktion gegen den Niedergang des Droschkengewerbes gedacht. Dabei hatte, anders als die Romanfigur, Hartmann nichts gegen Autos. Ganz im Gegenteil: zurzeit seiner Reise nach Paris besaß er selbst ein Taxi.

Hans Fallada beschreibt in seinem Buch die Geschichte Gustav Hartmanns. Wir lernen ihn als Gustav Hackendahl kennen. Hackendahl ist das gestrenge Oberhaupt seiner Familie. Einst Wachtmeister bei den Pasewalker Kürassieren haben seine Frau und die fünf Kinder zu parieren. Sein Wort ist Gesetz. Er führt einen gut florierenden Droschkenbetrieb, hat mehr als 30 Pferde in den Ställen und beschäftigt Droschkenkutscher. Doch plötzlich muss er erfahren, wie seine Familie zusammenfällt. Die Kinder gehen ihre eigenen Wege, und es sind nicht immer die besten.

Fast zeitgleich fallen Schüsse in Sarajevo und es wird mobil gemacht. Der Erste Weltkrieg beginnt. Die Kinder zieht es aus dem Haus. Otto in den Krieg, Erich macht krumme Geschäfte, Heinz strauchelt, fängt sich aber wieder, und Eva, mal des Vaters Lieblingskind gewesen, verliert sich an einen Zuhälter. Es bleibt halt auf immer haften, wenn ein Mensch ohne Liebe großgezogen wird. Aber der eiserne Gustav sieht das nicht so. In seinen Augen hat er immer das Richtige getan. Seinen Kindern aber tat das nicht gut. Ebenso nicht seiner Frau, die ewig Geduckte.

Die Geschichte hätte weitergehen müssen. Oder ein zweiter Teil hätte nicht geschadet. Beim Lesen hatte man schon so eine Ahnung, wie sich die Figuren eventuell zur Zeit des Nationalsozialismus verhalten würden. Diese Entwicklung mitzuerleben, wäre sehr interessant. Auf jeden Fall hat mich Fallada mit diesem Buch wieder sehr berührt.

Berlin Aufbau 1967

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