07 Juli 2020

Erik Neutsch: Der Friede im Osten

Ein Apriltag des Jahres 1945. An einer Panzersperre erleben Achim Steinhauer und Frank Lutter als Hitlerjungen das Ende des Krieges. Aber war wirklich zu Ende, was sie mit Blut beschworen hatten?

Achim Steinhauer wird es nicht leicht haben, seinen Weg aus den Verstrickungen der geschlagenen Welt des Faschismus in eine neue Zeit zu finden. Er begegnet schwierigen Situationen, er erkennt seine künftigen Freunde nur schwer, etwa Matthias Münz, den Kommunisten, der aus dem KZ kommt. Auch Frank, der sich bald den antifaschistischen Kräften anschließt, versteht er zunächst nicht. Und schwierig wird für ihn die Zeit im Gefängnis, wo ihm schließlich der sowjetische Oberst Koschkin zu sich selbst und zur Freiheit verhilft.

Bewähren und bestehen muß er die Station der Schule, wo man ihn, den Arbeiterjungen, anfeindet, und vor allem wird ihn seine Liebe zu Ulrike Jaro in konfliktreiche Situationen führen.

Wie wird er das alles bestehen, und wie werden es seine Freunde bestehen? Davon erzählt Erik Neutsch in außerordentlich bewegenden und packenden Menschenschicksalen im ersten Buch seines Romans „Der Friede im Osten“.

Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1974



So begegnen wir ihnen wieder: Frank Lutter ist Student der Journalistik, Achim Steinhauer studiert Biologie in Leipzig. Beide – jeder auf seine Art – haben nicht geringe Konflikte, Fragen, Zweifel zu bewältigen auf dem Weg durch das Studium. Sie durchleben den stürmischen, ereignisvollen, problemreichen „Frühling mit Gewalt“ der Jahre 1951 bis 1953 und werden mit brisanten weltanschaulichen, wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und entscheidenden politischen Ereignissen konfrontiert. Was ist Objektivismus in der Wissenschaft dieser Zeit? Ist Widerruf legitim? Ein Plan wird vorfristig erfüllt: Wo liegen die Grenzen zwischen Taktik und Betrug?

Wir begegnen auch Münz, dem Genossen und Freund, der mittlerweile Chefredakteur einer Parteizeitung geworden ist, und Erich Höllsfahrt, der als Arbeiter an einer schwierigen Phase des Aufbaus einer neuen Industrie teilnimmt. Und neue Gestalten kommen ins Bild, wie der faszinierende Biologieprofessor Beesendahl. In den Kämpfen und Konflikten gilt es, Standpunkte zu erwerben, zu prüfen und zu behaupten. Und nicht wenige Episoden des turbulenten Studentenalltags zeigen sich auch in ihrer heiteren Dimension.


Was bleibt nur Symbol und worin besteht der tatsächliche geschichtliche Sinn, wenn in den Niederschachtöfen von Eisenstadt „die Feuer verlöschen“? Ein Werk, mit seiner Produktion einst lebensnotwendig für den jungen Arbeiter-und-Bauern-Staat, wird „umprofiliert“, verschrottet. Dieser Prozeß greift tief in die Schicksale, bis in die intimsten Beziehungen jener Figuren ein, die dem Leser bereits aus Erik Neutschs vorangegangenen Büchern seines großangelegten Romanwerkes „Der Friede im Osten“ bekannt sind: Achim Steinhauer und seine Frau Ulrike, Erich Höllsfahrt und Frank Lutter. Und andere treten neu in die Handlung, so der Parteisekretär Kühnau und der Werkleiter Diepold, die, jeder auf seine Art, von den Konflikten bis an die Grenze ihrer physischen Existenz getrieben werden.

Überzeugend wird sichtbar, unter welcher Anspannung die Menschen am Ende der fünfziger und zu Beginn der sechziger Jahre um den Aufbau der neuen Gesellschaft kämpfen, wie sie die Macht der Arbeiter und Bauern verteidigen. Dabei erweist sich Erik Neutsch wiederum als ein Erzähler mit großem Atem, Sachkenntnis und geistig-moralischem Anspruch, dem es stets auch auf die „Profilierung“ seiner Helden in erregenden Bewährungssituationen ankommt.


Nahe der Grenze zur CSSR, in den Wäldern des Erzgebirges, begegnen wir Achim Steinhauer wieder, dessen Lebensweg eine überraschende Wendung genommen hat: Vom Drang nach Selbstbehauptung erfüllte Jahre als Gleisbauer, Fernfahrer und Mitarbeiter einer Vogelwarte liegen hinter ihm seit jenem Abschied aus Eisenstadt. In dieser Zeit hat er zu schreiben begonnen, eine Erzählung wurde publiziert, die er mit Soldaten und Offizieren in einem Feldlager der NVA nach den Ereignissen vom August 1968 diskutiert.

Doch in diesen Tagen erfuhren er und Ulrike auch von Ilse Lutters plötzlichem Tod. Was ist geschehen?

Ins Zentrum des neuen Romans von Erik Neutsch, des Vierten Buches seines Zyklus‘ „Der Friede im Osten“, rückt die Geschichte um Frank Lutters Ehe. Er hat promoviert und befindet sich im Aufstieg. Bohrend sind die Fragen, wieweit ihm dabei seine Frau, seine Kinder und Lina Bonk, die Journalistin, zu helfen vermögen und – hat die Freundschaft zwischen ihm und Achim Steinhauer noch eine Chance?

Nahe der Grenze – der Titel des Buches wird zum Bild für die inneren und äußeren Vorgänge, die der Leser miterlebt.


Der fünfte Teil der Reihe erschien nicht mehr in der DDR. Er soll aber trotzdem seinen Platz hier finden.

Der Romanzyklus „Der Friede im Osten“ ist das erklärte Hauptwerk Erik Neutschs. Vierzig Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Romans liegt nun das fünfte und letzte Buch vor, an dem der Autor bis zu seinem Tode arbeitete.

Die Geschichte geht weiter: Achim Steinhauer muss in seiner mikrobiologischen Forschungsarbeit eine Niederlage hinnehmen. Gleichzeitig erfährt er als Schriftsteller Anerkennung, eine seiner Erzählungen wird verfilmt. Beteiligt am Drehbuch, gerät er in die Sphäre der Kulturpolitik. Er nimmt am VIII. Parteitag teil und erlebt Ulbrichts Absetzung. Als er sich bei den Dreharbeiten in die junge Schauspielerin Barbara Witte verliebt, steht seine Ehe mit Ulrike auf der Kippe. Doch noch ein Schatten fällt auf das Leben Achim Steinhauers: Die gespannt erwartete Premiere seines Films wird zum Skandal.


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