29 September 2020

Irina Grekowa: Die Hotelchefin


Im Mittelpunkt ihrer Erzählung "Die Hotelchefin" steht gleichfalls eine Frau - Wera Platonowna Butowa, die sich in langen Ehejahren damit abfindet, dass ihr der Mann nur ein Recht zugesteht - sich von ihm lieben zu lassen, während er selbst mit schöner Selbstverständlichkeit bedeutend mehr Rechte in Anspruch nimmt ... Erst als Wera gezwungen ist, auf eigenen Füßen zu stehen, zeigt sich, welche Fähigkeiten bislang in ihr brachlagen. Nun widmet sie sich voll Hingabe einem Beruf, der sie mit den verschiedensten Menschen zusammenführt. Und sie versteht es, umsichtig ihre Erfahrungen nutzend, die ihr Unterstellten feinfühlig anzuleiten, zeigt Verständnis für die Sorgen und Freuden der meist älteren schlecht bezahlten Frauen. Sie bemüht sich, selbst in unklug abgefassten Instruktionen ein Körnchen Wahrheit zu entdecken, denn eine neue Vorschrift ist für sie keine Bürde, sondern eine Aufgabe, die nach schöpferischer Lösung verlangt. Und sie ist stolz, im Alter von sechzig Jahren auf ein erfülltes Leben zurückblicken zu können.

Irina Grekowa wählte nicht zufällig die mathematische Unbekannte y (russisch igrek) als Schriftstellerpseudonym. Sie ist Professorin für angewandte Mathematik mit dem Spezialgebiet Operationsforschung und unter ihrem Namen Jelena Sergejewna Wentzel auch Mathematikern und Kybernetikern in der DDR ein Begriff - drei ihrer zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen liegen in deutscher Übersetzung vor. Als Erzählerin ließ sie bei uns vor allem durch die ENT-Ausgabe "Ein Sommer in der Stadt" aufhorchen, in der sie verhalten und scharfsinnig Frauenschicksalen aus unseren Tagen nachspürt und zeigt, wie das neue Verhältnis zur Arbeit auch die private Sphäre verändert.

Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1. Auflage 1979
bb Band 421
Übersetzung von Hans-Joachim Lambrecht

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