03 Januar 2021

Peter Kaiser, Norbert Mochte, Heinze Peter Zierholz: Ein schöner Sarg und keine Leiche - Berliner Pitaval


 

Warum erschlugen vor mehr als sechshundert Jahren aufbegehrende Berliner den Bernauer Propst; weshalb wird der Münzmeister des Kurfürsten in die Folterkammer des Berliner Rathauses gesteckt; was veranlaßt König Friedrich II., sich eines diebischen Rekruten anzunehmen, und wie versucht ein armer Schneider, sich an einer betrügerischen Versicherungsgesellschaft zu rächen?

Die Sachbuchautoren Kaiser, Moc und Zierholz folgen noch einmal den Spuren vergangener Rechtsprechung, rufen die Betroffenen erneut in den Zeugenstand und fällen ihr Plädoyer aus heutiger Erfahrung.

In diesem Pitaval vereinen sie dreizehn Rechtsfälle aus der wechselvollen Geschichte Berlins, die zu ihrer Zeit größtes Aufsehen erregten. Sie bieten nicht nur ein Stück Berliner Kriminal-, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte dieser Stadt.

Der Platz und die Straßen rings um Rathaus und Gerichtslaube waren voll von Menschen, die nur eines im Sinn hatten, sich einen möglichst guten Standort zu erobern, von dem aus die Hinrichtung mit dem Schwert genau zu verfolgen war. Die Gerichtslaube, in deren Obergeschoß es eine Ratsstube gab, besaß an der Vorderfront drei hohe Säulen. An der rechten war eine Phantasiefigur - halb Vogel, halb Mensch - zu sehen, der Kaak. Unmittelbar darunter befand sich der Pranger, an den heute die Frau mit der doppelten Zunge gestellt werden sollte. Gemeinhin schlug man "eynen man oder eyne frouwe to kake di gestolen hebben", und zwar Dinge gestohlen, die weniger als drei Schillinge wert waren. Überstieg das Diebesgut diesen Richtsatz, so drohte bereits der Tod.
Und aus vielen Gesichtern waren die Leidenschaften abzulesen, als der Büttel die Frau in die Hals- und Armlöcher des Prangers steckte und diesen verschloß. Wieviel Wollust angesichts des schrecklichen Schicksals anderer, wieviel Mordgier und Verkommenheit blitzten aus den Augen Tausender, klang aus den Worten und Schmährufen, die über den Platz hallten. Hier putschte man die Menge auf für die noch ausstehenden Ereignisse auf dem Galgenberg. Nur bei einem solchen Erlebnis konnte man für den Augenblick seine Sorgen und Nöte vergessen...

Verlag Tribüne Berlin 1987
Illustrationen: Peter Ruhner

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.