13 Februar 2021

Walter Püschel: Das Schulschwein

Einbandtext:
Der frischgebackene Neulehrer Hadubrand Wolke kommt im Frühjahr 1946 in ein märkisches Glasmacherdorf, um den Schulbetrieb wieder aufzunehmen. Er steckt voller Illusionen, unter anderem hofft er, eine Schulspeisung aufbauen zu können. Einen brauchbaren Tip für die erste Mahlzeit liefert das Mädchen Olly; sie weiß, wo Wildschweine zu finden sind. Um so ein schwarz gefangenes Schwein rankt sich die Geschichte.

Buchanfang:
Hadubrand Klauert war jung, noch keine zwanzig Jahre alt. Trotzdem war alles an ihm umgearbeitet. Seine Hose war aus einer amerikanischen Militärhose zurechtgeschneidert, das Jackett aus einer Uniformjacke, die noch vor einem Jahr im Soldatenjargon „Kaiserwilhelmgedächtnisrock“ geheißen hatte, weil sie bis hoch zum Halse mit Paradeknöpfen bestückt war, am Kragen und an den Ärmeln mit Paspeln und Silberstreifen verziert, einem Adler auf der Brust, also ein rechtes Schmuckstück. Für den, der sie anziehen mußte, war sie eine Zwangsjacke, und als Hadubrand Gelegenheit dazu fand, trennte er die Hälfte der Silberknöpfe ab und nähte sich einen bequemen Kragen. Die Gelegenheit fand er im Kriegsgefangenenlager; dort bekam er auch einen taubenblauen Fliegermantel. Um nach seiner Entlassung aus dem Lager nicht wie ein bunter Hund herumlaufen zu müssen, ließ Hadubrand Hose, Rock und Mantel schwarz färben. Die Mütze war schon schwarz, sie entstammte dem Arsenal einer Panzertruppe. Der feldgraue Holzkoffer war aus einer Munitionskiste umgearbeitet. Mit den Schuhen hatte er Glück, es waren dieselben, die man ihm Ende 1944 in der Kaserne verpaßt hatte, nur die Sohlen waren zweimal erneuert, zuletzt hatte ihm ein Dorfschuster für Zigaretten Stücke alter Autoreifen aufgenagelt. Hadubrand, nach Militärmaß nur einssiebenundsechzig, war nach dieser Umarbeitung genau einssiebzig; darauf war er stolz. Am stolzesten aber war er auf die Umarbeitung in seinem Kopf, die sogenannte Bewußtseinsveränderung. Es war tatsächlich auch die wichtigste Umarbeitung, denn Hadubrand war auf dem Wege nach Dubrauke, um in die Köpfe der Kinder neue Gedanken einzupflanzen. Da mußte man zuvor schon selbst neue Gedanken im Kopf haben.
Im Zug hatte Hadubrand von einem Frühstück aus Rühreiern mit Zwiebeln geträumt, jetzt träumte er von Spiegeleiern mit Bratkartoffeln. Dieser Traum half ihm, ein Bein vors andere zu setzen, die Traghand für den Koffer im Gehen zu wechseln und der Schlaflust zu widerstehen. Beharrlich träumte er sich nach vorn, Dubrauke zu.
„Dort lebst du wie die Made im Speck“, hatte der Schulrat gesagt. Der Vergleich gefiel Hadubrand nicht; denn eine Made kroch, und er wollte seinen Mann stehen. Satt sein, ja, das wollte er, auch .....

Illustrationen von Erich Gürtzig
Für Leser von 10 Jahren an

Der Kinderbuchverlag Berlin
1. Auflage 1981
2. Auflage 1982
3. Auflage 1985
4. Auflage 1986
5. Auflage 1989

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