20 Mai 2021

Eva Lippold: Haus der schweren Tore

 Sie können sie nicht verstehen. Hat ein junges Mädchen, das noch dazu hübsch ist und klug, nichts Besseres zu tun, als für eine verbotene Partei zu arbeiten?

Hella weiß, von den Richtern des nazistischen Reichskammergerichts kann sie kein Verständnis erwarten.

Dennoch, neun Jahre Zuchthaus übersteigen ihre Vorstellungskraft. Sie durchlebt die tiefe Verzweiflung eines Menschen, der gefangengehalten wird. Und sie erlebt die Erschütterung, die in dieser Situation ein Zeichen von draußen oder auch nur eine menschliche Geste auszulösen vermag. Aber mit bewunderungswürdiger Energie nimmt sie den Kampf gegen die Körper und Geist gefährdende Zuchthaustrostlosigkeit auf – und übersteht. Eine zerbrechlich anmutende junge Frau wächst über sich hinaus und erweist sich als stark genug, ein ungewöhnliches Schicksal zu bewältigen.

Aus der bitteren Erfahrung einer nichtgelebten Jugend erzählt Eva Lippold hier die Geschichte des Mädchens Hella.

Dieser Roman gehört zweifellos zu den ergreifendsten und menschlichsten Büchern, die zum Thema Widerstand geschrieben wurden.

Buchverlag Der Morgen, Berlin, 6. Auflage 1989


Die Lyrikerin Eva Lippold hat ihre erregenden Erlebnisse zu einem Prosawerk verdichtet, das eine Lücke in unserer Gegenwartsliteratur ausfüllt. Hier könnte auch das Wort „Widerstandsliteratur“ stehen. Aber „Leben, wo gestorben wird“, ebenso wie ihr erstes Buch „Haus der schweren Tore“, ist heute geschrieben, ein Vierteljahrhundert nach der Zeit des Widerstandes. Aus damaliger und heutiger Sicht. Von einer Autorin, die elf Jahre hinter Hitlers Zuchthausmauern nicht vegetiert, sondern gewacht, gedacht, gehandelt, gelitten und gesiegt – also gelebt hat. Von einer Autorin aber auch, die dieses Vierteljahrhundert mitgestaltet hat. Was sie schreibt, ist damals und ist heute: Es ist Hella Lindau, die Heldin des Romans, damals und Eva Lippold heute. Und gerade das Einfließen heutiger Erkenntnisse, heutiger Sicht in damaliges Geschehen, der von Nachdenken in Handlung und von Handlung in Nachdenken immerwährend hinüber- und herübergleitende Stil packt den Leser von der ersten Seite und entläßt ihn nach der letzten mit dem Wunsch, mehr von Hella Lindau und Eva Lippold zu erfahren.

Dies ist nicht schlechthin das „Erinnerungsbuch“ einer schönen, lebenslustigen jungen Kommunistin, der die braune Barbarei die Jugend stahl, das ist es auch; es ist auch ein psychologisch feinnerviger Bericht über den ihr jahrelang aufgezwungenen Umgang mit Mörderinnen, Prostituierten, Diebinnen, mit Wärterinnen und Gefängnisbeamten, nazistischen und solchen, die es nicht gewesen sein wollen. Vor allem aber sind Eva Lippolds Bücher kluge Bücher, voll Lebensweisheit.

Buchverlag Der Morgen Berlin, 1980


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