17 Mai 2021

Gustav Schwab: Das Goldene Vlies


 Gustav Schwab schrieb im Vorwort zur ersten Ausgabe seiner "Schönsten Sagen des klassischen Altertums" 1838: "Es ist eine schöne Eigentümlichkeit der Mythen und Heldensagen des klassischen Altertums, daß sie für die Blicke des Forschers und für das Auge der Einfalt einen zwar verschiedenartigen, aber doch gleich mächtigen Reiz haben. Während der Gelehrte in ihnen den Anfängen alles menschlichen Wissens, den Grundgedanken der Religion und Philosophie, der ersten Morgendämmerung der Geschichte nachgeht, entzückt den unbefangenen Betrachter die Entfaltung der reichsten Gestalten, das Schauspiel einer gleichsam noch in der Schöpfung begriffenen Natur und Geisterwelt; er sieht mit Lust und Bewunderung die Erde mit Göttern und Göttersöhnen aus dem Chaos emporsteigen und in raschen Bilderreihen den Prometheusfunken im Menschen den Kampf mit der Barbarei beginnen, die Kultur der Wildnis, die Bildung der Barbarei, die Vernunft oder die Notwendigkeit der Leidenschaft den Sieg abringen. Die innere lebendige Kraft dieser Bilder ist so groß, daß dieselbe nicht von der vollendeten Kunstgestalt abhängig erscheint, in welcher wir einen guten Teil jener Gebilde von den größten Dichtern verarbeitet besitzen, sondern daß die schlichteste Darstellung genügt, ihre Größe auch vor denjenigen zu entfalten, für welche die Kunstform eher ein Hemmnis als eine Förderung des Verständnisses sein muß."

Die antiken Stoffe vom Göttersohn Prometheus, vom Raub der Europa, von den Taten der Argonauten und des Herakles, vom Kampf der Söhne des Ödipus um Theben sind bis heute wertvolles humanistisches Bildungsgut, das Gustav Schwab in einfacher, klarer und einprägsamer Form vermittelt. Seine Nach- und Neuerzählung der antiken Sagen, die sich vor allem an "die Jugend im Beginn ihrer klassischen Bildung" richtete, ist selbst längst klassisch geworden.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1974
bb-Reihe Nr. 288

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