18 August 2021

Achim von Arnim: Die Majoratsherren – Erzählungen

Achim von Arnims Dichtungen sind – wie sein Leben – geprägt „von allen ernsten Erfahrungen der Zeit“. Französische Revolution und Befreiungskriege, Bildungsreisen und das zurückgezogene Gutsherrendasein in Wiepersdorf hinterließen literarische Spuren. Symbolträchtig, voll fabulierfreudiger Phantasie, aus älteren Überlieferungen wie autobiographischen Reminiszenzen schöpfend, erzählt Arnim ungewöhnliche Geschehnisse und absonderlich-groteske Begebenheiten: Francoeur, der toll gewordene Invalide, hält drei Tage lang die Bewohner einer Stadt mit der Drohung in Atem, den Pulverturm des Forts zu sprengen; Julie verlobt sich mit einem „feindlichen“ Offizier, ohne zu ahnen, daß er auf dem Schlachtfeld aus Geltungsdrang und Ehrgeiz ihren Vater getötet hat; der Majoratsherr beobachtet die schöne Esther in ihrem unheimlich anmutenden Traumsalon bei Gesellschaftskomödien mit eingebildeten Gestalten und Stimmen, zu denen auch seine eigene gehört; Rivalität und Haß der beiden holländischen Philologen Hemkengriper und Zahnebreker führen am Ende zu einer Pestkatastrophe. Solcherart merk-würdige, meist tragisch endende Schicksale wundersamer Gestalten spiegeln die kritische Sicht des Dichters auf die politischen und sozialen Umwälzungen jener Epoche – Historie und Zeitgeschehen werden in gleichsam poetischen Verwandlungen vorgeführt.

In der Einleitung zu seinem unvollendet gebliebenen Roman schrieb Arnim: „… wer die Geschichte zur Wahrheit läutert, schafft auch der Dichtung einen sichern Verkehr mit der Welt. Nur darum werden die eignen unbedeutenden Lebensereignisse gern ein Anlaß der Dichtung, weil wir sie mit mehr Wahrheit angeschaut haben, als uns an den größern Weltbegebenheiten gemeinhin vergönnt ist.“

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1985
bb 545

 

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