20 August 2021

Sepp Plieseis: Partisan der Berge

"In diesen Tagen, es war Mitte April 1945, fand in Bad Ischl eine Besprechung sämtlicher an der Einlagerung der Kunstschätze beteiligten Experten statt, und dabei erklärte SS-Hauptsturmführer von Hummel ausdrücklich, es seien Vorkehrungen getroffen worden, die Sammlung ,auf keinen Fall den Alliierten und damit dem jüdischen Kunsthandel in die Hände fallen zu lassen'. Er wurde direkt gefragt, ob an eine Sprengung der Lagerräume gedacht sei. Er drückte sich um diese Antwort herum, doch Carl Sieber, der Bildrestaurator vom Salzberg in Altausee, hatte durchaus den Eindruck, daß ein solches Vorhaben bereits detailliert geplant sei...
Die Leitung der Widerstandsgruppe ,Salzberg' aber war bereits im Bilde. Nick hatte aus sicherer Quelle erfahren, daß die angeblichen Marmortransporte schwere Bomben waren. Freiheitskämpfer waren daraufhin, ungeachtet der verstärkten Wachen und der Lebensgefahr, durch einen Verbindungsstollen heimlich in den Lagerraum der verdächtigen Kisten vorgedrungen und hatten den Inhalt untersucht. Dabei hatten sie festgestellt, daß sich tatsächlich in den Kisten kein Marmor, sondern amerikanische Fliegerbomben von je 750 Kilogramm Gewicht befanden. Und zwar handelte es sich um Blindgänger, aus denen die Zünder entfernt waren. Mittels dieser Explosivkörper sollten die Schatzkammern im Salzberg in die Luft gesprengt werden. Hätte man dann später versucht, die Ursachen der Explosion festzustellen, so wäre herausgekommen, daß es amerikanische Bomben gewesen waren, die den Zusammenbruch der Sinkwerke und der Galerien bewirkt hatten. So versuchten die braunen Kulturbarbaren, ihre Schandtat zu tarnen."

Sepp Plieseis schildert das tagelange Ringen zwischen den Faschisten und den Mitgliedern der Widerstandsorganisation im Salzkammergut, österreichischen Arbeitern, die ihre ganze Findigkeit und ihren Mut einsetzten, um unersetzliche Werte europäischen Kunstgutes vor der Vernichtung zu retten.


 Ebenso eindringlich schreibt er über die vorangegangenen Stationen seines kampferfüllten Lebens: nationalrevolutionärer Krieg in Spanien, Internierungslager in Frankreich, KZ Dachau. Aus Plieseis' Zeilen spricht ein Mensch zu uns, dessen Lebensweg durch die internationale Auseinandersetzung zwischen demokratischen Kräften und Faschismus bestimmt wurde, der stets auf der richtigen Seite gekämpft hat und keine Anstrengungen scheute, um der gerechten Sache zum Siege zu verhelfen. Jedes Kapitel dieses Lebens und dieses Buches kündet von der Macht der Solidarität, ist ein Stück Geschichte des proletarischen Internationalismus und der Kraft der Arbeiterklasse.

Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 3. Auflage 1978

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