20 November 2021

Bohumil Hrabal: Wollen Sie das goldene Prag sehen?

Eine skurrile Gesellschaft bevölkert diese Erzählungen: Versicherungsvertreter, Billettabreißer, Zugabfertiger, Kneipenwirte, Papierpacker, Leichenwäscher und Kulissenschieber – alles etwas kauzige, im Kern aber realistische Gestalten, die ihren Ahnherrn Schwejk nicht verleugnen. Sie bekommen vom Leben nichts geschenkt, diese „Bambini di Praga“, die mit Mutterwitz und Selbstvertrauen den Widrigkeiten des Alltags begegnen. Sie lieben die Kunst, die ihnen die Orientierung in den verworrenen Kriegs- und Nachkriegsjahren erleichtert, etwa jener Lokomotivführer, der seine selbstgemalten Bilder auf der fauchenden Maschine zur Besichtigung freigibt, oder der Bestattungsunternehmer Bamba, dessen Sargmagazin einem surrealistischen Happening dient. Ein plebejischer Wirklichkeitssinn bestimmt die Weltsicht dieser Menschen, so schnurrig sie mitunter anmuten mag, ein unverwüstlicher Optimismus, den sie aber nur ungern verraten, um nicht zuviel Gefühl preiszugeben.

Aus eigener Anschauung kennt dieser typische Prager Autor die Welt der sogenannten kleinen Leute, denen die Liebe zum Leben „einen Ozean schöner Visionen“ beschert: Bohumil Hrabal wird nicht müde, nach der kleinen Perle der Menschlichkeit am Grunde ihrer Seelen zu forschen.

Verlag Volk und Welt Berlin 1981

 

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