28 Januar 2022

Heinrich von Kleist: Der Zweikampf. Erzählungen

Der Begriff des "Spannenden" ist mit dem der Erzählung eng verbunden. Mit Recht: erzählen heißt spannen, und des Erzählers Kunst ist, zu unterhalten noch mit dem, was eigentlich langweilig sein müßte, zu spannen selbst mit dem der Sache nach Altvertrauten, dessen Verlauf und Ausgang jeder schon kennt. Nicht dieser Art ist die Spannung, die Kleist, der Erzähler, erzeugt. Er hält es mit dem Wortsinn des Namens "No velle", der "Neuigkeit" heißt.

Was er mit unbeweglicher Miene vorbringt, sind Neuigkeiten, unerhört; und die Spannung, in der sie den Leser halten, hat etwas unheimlich Spezifisches. Sie ist Besorgnis, Schrecken, das Grauen vor dem Rätselhaften, Zwiespalt der Vernunft, der ängstliche Eindruck, daß Gott sich irrt - "Verwirrung des Gefühls". Es ist nicht zuviel gesagt: Er weiß auf die Folter zu spannen - und es fertigzubringen, daß wir's ihm danken. - Thomas Mann (1954)

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1983
Abbildung: "Das Turnier mit dem Simsonteppich" von Lucas Cranach (Detail)
Taschenbibliothek der Weltliteratur (TdW)
Anmerkungen von Peter Goldammer

 

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