24 Mai 2022

Jan Petersen: Unsere Straße

Jan Petersens Aufzeichnungen aus den Jahren 1933/34 waren noch nicht erschienen, als eine Rede, gehalten auf dem Internationalen Schriftstellerkongreß zur Verteidigung der Kultur 1935 in Paris, die Welt aufhorchen ließ: Ein Mann mit schwarzer Maske klagte in deutscher Sprache die Machthaber des "Dritten Reiches" unerhörten Terrors, schrecklicher Mißhandlungen und grausamer Morde an. Als Augenzeuge bestätigte er die Berichte deutscher Emigranten, die von den Nazis als "Greuelmärchen" diffamiert worden waren. Dieser Mann, ein Illegaler aus Berlin, Sprecher des unerschrocken weiterkämpfenden deutschen Proletariats, war Jan Petersen. Sein in Deutschland unter Lebensgefahr niedergeschriebener Bericht erschien 1936 in Bern und in Moskau mit folgendem Vorwort: "Dieses Buch, unter den größten Schwierigkeiten in Deutschland geschrieben, ist eine Chronik der Ereignisse in der Wallstraße in Berlin-Charlottenburg. Sie wird trotz ihrer lokalen Begrenzung nicht nur die Geschichte einer Arbeiterstraße im faschistischen Deutschland sein. Ähnlich hat sich der Faschismus in den Arbeitervierteln aller deutschen Städte ausgewirkt. Die beigefügte Personenliste enthält die Namen der ermordeten Antifaschisten Charlottenburgs. Sie ist authentisch, jedoch sicher nicht vollständig, und dabei sind es nur die Opfer dieses einen westlichen Berliner Stadtbezirks.

Dieses Buch soll ein Vermächtnis der Charlottenburger Toten sein. Ein Denkmal aller vom Faschismus Ermordeten. Es soll berichten von der Tapferkeit Tausender, Zehntausender namenloser Helden. Vom Henkerbeil, vom Kerker bedroht, führen sie ihren Kampf unerschrocken weiter. Den Kampf um die endliche Befreiung des deutschen Volkes. Um den Sozialismus!"

Jan Petersens "Chronik" erreichte bisher eine Gesamtauflage von 800.000 Exemplaren. Sie erschien, in zwölf Sprachen übersetzt, 1938 in London, nach dem Krieg unter anderem in Warschau (1949/50), Prag (1951), Budapest (1955), Peking (1959) und Tokio (1964). Vor den Augen der ganzen Welt hat sie die faschistischen Mörder entlarvt. Uns bleibt das Buch Denkmal für die Helden und Opfer dieser Tage und erschütternde Mahnung an ihr Vermächtnis.

Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1. Auflage 1974
 

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