11 September 2022

Kerstin Ekman: Bannkreise

Mit der Errichtung der Bahnstation in einer abgelegenen schwedischen Ortschaft beginnt gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch dort die Gründerzeit. Eine an Zahl und Vornehmheit stetig zunehmende Honoratiorenschaft, bestehend aus Bahnbeamten, Fabrikaten und Verwaltern, verdrängt die Misthaufen und Schlammlöcher aus dem Sichtbereich und verbreitet "Zivilisation" um sich. Vor diesem Hintergrund wächst Tora Lans auf. Ihr Leben als Dienstmädchen scheint genauso vorherbestimmt und festgelegt wie das ihrer Mutter und Großmutter. Doch Tora Lans lehnt sich gegen dieses Schicksal auf, will es nicht als selbstverständlich hinnehmen. Praktischer Verstand, erwachtes Selbstvertrauen und trotziger Lebenswille sind ihre einzigen Mittel, um das ersehnte Ziel zu erreichen, verleihen ihr die Kraft, den Kampf um ein bißchen privates Glück aufzunehmen. 

Historische Frauenromane sind neuerdings in allen Ländern Europas begehrt. Häufig folgen sie der Nostalgiewelle und verklären die Vergangenheit. Ebenso häufig setzen Frauen sich mit dem Schicksal von Frauen in früherer Zeit auseinander. Dies hat auch Kerstin Ekman (geboren 1933) im vorliegenden Buch unternommen. Sie ist in Schweden vor allem durch Kriminalromane bekannt geworden. In diesem Buch fügt sie viele markante Episoden und Geschichten zu einem detailreichen und atmosphärisch dichten Gesellschaftsporträt zusammen, das chronikartig eine ganze Epoche zu erfassen versucht. 

Buchbeginn
An einem Tag zu Beginn der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts machte sich die Soldatenfrau Sara Sabina Lans auf den Weg nach Isaksson Kramladen und Gasthof, um Kümmel zu verkaufen. Es war ein Septembernachmittag in Sörmland. Die Sonne stand schon so tief, daß die Spiegelscherben, die im Stallfenster lagen, Reflexe auf die widerliche Alte warfen. Der Liebstöckel an der Hausecke war verblüht und roch nicht mehr so abstoßend. Die Bäume wollten die Farbe wechseln, alle bis auf die große Birke, unter der sich die Hütte an den Erdboden duckte. Selten ließ sie ein Blatt vor Allerheiligen fallen - das lag daran, daß eine weiße Schlange unter ihrer Wurzel wohnte.
In dem großen Moor zwischen Äppelrik und Jettersberg sprang die Soldatenfrau von Stein zu Stein, einen Kissenbezug voll frisch ausgedroschenem Kümmel in den Armen. Hinter ihr ging Frans, der es dann mit dem Hals bekam und im Winter starb, dem Winter nach dem ungewöhnlich langen und milden Herbst. Edla kam hinterhergesprungen.

Verlag Volk und Welt Berlin, 1. Auflage 1978

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