19 April 2023

Jiri Marek: Panoptikum alter Kriminalfälle

Gewiß werden Sie, lieber Leser, bei der Lektüre dieses Buches dazu neigen, diese amüsanten, manchmal gruseligen Geschichten für pure Erfindung des Autors zu halten. Der gesunde Menschenverstand gibt Ihnen da recht, denn welche feine Dame verschenkt schon aus Rachsucht Dynamitpatronen, wer gipst schon eine Leiche in einem Backtrog ein, und wo gibt es in unserem sachlichen Zeitalter Spione, die so zerstreut sind, daß sie Aktentaschen mit furchtbar geheimen Mobilmachungsplänen auf dem Flugplatz stehenlassen?
Aber der erste Eindruck täuscht. Alle diese Geschichten, so kurios sie auch anmuten, haben sich tatsächlich einmal zugetragen. Nicht genauso, versteht sich, denn Jiri Marek hat mancherlei dazu beigesteuert - die ironische Pointe zum Beispiel oder die verblüffende Lösung. Er hat diese alten Kriminalfälle beim Durchblättern vergilbter Zeitungen entdeckt, und er fand sie so ausgefallen und belehrend, daß er sie Ihnen, verehrter Leser, nicht vorenthalten wollte. Und bei genauerem Hinsehen stellt man fest, daß diese Geschichten so absonderlich gar nicht sind. Sie zeigen, wenn auch im Zerrspiegel, ein Stück wirklichen Lebens aus der k. u. k. Monarchie und aus der bürgerlichen Tschechoslowakei - eben so, wie sich der Alltag aus Polizeirevieren und in Kripokanzleien darbietet.

Jiri Marek, 1914 in Prag geboren, hängte den mehrere Jahre lang ausgeübten Lehrerberuf 1948 an den Nagel, um Redakteur beim Rudé právo und anderen tschechischen Tageszeitungen zu werden. Von 1954 bis 1959 war er Direktor des Tschechischen Staatsfilms und arbeitet seither als Dozent für tschechische Literatur an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag. Daneben ist er ein vielbeschäftigter Schriftsteller, der sich nicht nur als Romanautor einen Namen gemacht hat, sondern auch für Film und Fernsehen schreibt.
Schon während des Krieges begann Jiri Marek mit psychologischer Kurzprosa und verfaßte seitdem zahlreiche Prosawerke, wie den Partisanenroman "Männer gehn im Dunkeln" (1946), Erzählungen über die schwierigen Aufbaujahre, Jugendbücher und Reportagen, z. B. "Land unter dem Äquator" (1956). Seine Automärchen "Der Skoda und die Fee Waldine" (1966) und sein humorvoller Roman "Mein Onkel Odysseus" (1975) erschienen auch in der DDR, desgleichen seine ironisch-skurrilen Detektivgeschichten "Panoptikum alter Kriminalfälle" (1968), "Panoptikum sündiger Leute" (1971) und "Panoptikum der Altstadt Prag" (1979). Bücher von Jiri Marek wurden in mehrere Sprachen, u. a. ins Russische, Polnische, Ungarische, Rumänische und Bulgarische, übersetzt.

Verlag Volk und Welt Berlin
6. Auflage 1982

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