02 Mai 2023

Gerhard W. Menzel: Lessing und andere - Dichter-Geschichten

Geschichten von drei Dichtern erzählt Gerhard W. Menzel (1922-1980), der Leipziger Autor, der sich mit historisch-biografischen Romanen einen Namen gemacht hat. Gestaltete er in seinen Romanen die Schicksale Heines, Schillers, Bruegels und Molières, so stellt er in den Mittelpunkt der Erzählungen Christian Reuter, Lessing und den Freiherrn Friedrich von Hardenberg, der sich Novalis nannte. Dichter-Geschichten: Warum Christian Reuter, der Vater des »Schelmuffsky«, 1697 von der Leipziger Universität geworfen und der Stadt verwiesen wurde, davon handelt die erste. Die zweite berichtet darüber, wie sich Lessing, allen Widrigkeiten zum Trotz, in seinem letzten Lebensjahrzehnt als Wolfenbütteler Bibliothekar zu behaupten wußte. Die dritte schließlich führt den Dichter Novalis mit einem Dorfschulmeister in Goseck und mit dem Ehepaar Schlegel in Jena zusammen: unterschiedliche Auffassungen und Temperamente prallen aufeinander – man lebt in der bewegten Zeit der französischen Revolution.
Nur diese drei von fünf geplanten Erzählungen hat der Autor vollenden können. Eine Forster-Novelle blieb Bruchstück, von einer Herder-Erzählung existiert faktisch nichts. Dagmar Winklhofer gibt in einem ebenso instruktiven wie einfühlsamen Nachwort Auskunft über das Gewollte und das Erreichte.

Vor-Satz des Autors:
Lessing und andere, was verbindet sie? Die Literatur? Menschliche Bewährung? Ihr tragisches Geschick und Lebensläufe, die oft vorzeitig endeten? Haltung, achtbare, tapfere Haltung? Das alles auch und wohl noch etwas mehr, dessen Gemeinsames nicht mathematisch zu erfassen ist. Vertraut man auf das Voranschreiten in der Geschichte, so ist da immer auch ein Schritt mit solchen Namen wie Lessing oder Forster oder etlichen anderen streitbaren Männern der Literatur verbunden. Es mag wohl nützlich sein, zu wissen, daß es zu Zeiten des poetischen Schwulstes und der spätbarocken Scholastik hierzulande Männer gab, die sich – wie der Professor Thomasius oder wie Christian Reuter – der Sprache des Volkes bedienten und damit dem Volke Sprache verliehen. Auch wäre es gut, sich öfter zu besinnen, daß zur gleichen Zeit, da Lessing erbittert um Wahrheit und um Klarheit stritt, der berühmte deutsche König mit dem Krückstock an seinem Hofe nur französisch parlierte und die deutsche Sprache en canaille behandelte. Mögen andere den Krückstock ehren, wir meinen, Lessings Feder habe mehr bewegt. Selbst die Romantiker fühlten sich in ihrer frühesten Zeit noch als Aufklärer vom Geiste Lessings, und sie begrüßten infolgedessen die Revolution der Franzosen. Wie und warum sich das änderte – es steht auf einem anderen Blatt (in diesem Buche), und somit kann es auch geschehen, daß unversehens ein Dorfschulmeister oder Caroline Schlegel zu den wahren »Helden« der Geschichte werden.
Lessing und andere, was verbindet sie? Nicht nur die Literatur. Soviel ist also schon gewiß...

Mitteldeutscher Verlag Halle Leipzig
1. Auflage 1985
Mit Illustrationen von Ellen Willnow
Herausgegeben und mit Nachbemerkungen versehen von Dagmar Winklhofer

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wichtiger Hinweis

Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.

Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.