19 Mai 2023

Wolfgang Hildesheimer: Mozart

 „Dem Wolfgang sei – so die Nachwelt – alles leicht geworden, es habe sich ihm, dem Lieblingskind zwar der Musen, nicht aber der Mitwelt, alle Eingebung widerstandslos umgesetzt...“
Sehen wir Mozart nicht in der Tat so vor uns: als das „ewige Wunderkind“, ein schwebend leichtes Lächeln im Gesicht? Und hören wir nicht zugleich jene „berückende Melodie“, dies „typisch Mozartsche“, das uns einlädt, „im Heiteren“ zu verweilen? Brauchen wir ein Buch wie das vorliegende, das jene Vorstellung als eine trügerische zu erkennen gibt?
Wolfgang Hildesheimer (geb. 1916) bietet dem Leser ungewöhnlich viel: bissige Polemik gegen die uferlose Mozart-Literatur, Neues oder bisher kaum Bekanntes aus den Lebensdokumenten des berühmten Tonschöpfers, verblüffende Neuinterpretationen Mozartscher Musik, provozierende Entdeckungen von Zusammenhängen zwischen dem vergangenen Leben eines Künstlers und selbstgefälliger später Verehrung für ihn...
In der spannungsgeladenen Atmosphäre einer assoziationsreichen Prosa deckt dieser Entwurf von Leben und Werk Mozarts Probleme auf, die nicht nur den Musikfachmann und Mozart-Verehrer in genießerisches Nachdenken versetzen. Vor allem wendet sich Hildesheimer an jene Leser, die das Schöpferische jeder menschlichen Tätigkeit als Widerspruch zwischen schmerzhafter Auseinandersetzung mit der Realität und lustvollem Selbstgenuß zu begreifen bereit sind.

DIESES BUCH ist die vierte, somit also dreimal und diesmal um ein mehrfaches erweiterte Fassung eines Vortrages aus dem Mozartjahr 1956. Aus den vorbereitenden Überlegungen für eine Auftragsarbeit entstand, zunehmend und sich schließlich potenzierend, eine Art innerer Drang, dessen Fluchtcharakter als Motivation nicht geleugnet werden soll, dessen wahre Wurzeln jedoch in einer niemals nachlassenden aktiven Verehrung Mozarts liegen, in der ich bekanntlich nicht der einzige bin. Bekanntlich bin ich auch nicht der einzige im Wunsch nach Dokumentation dieser Verehrung. Zwar ist Mozarts Größe nicht meßbar, doch ist ihre Wirkung feststellbar; ihr Niederschlag als Interpretation, quantitativ überwältigend, bietet ein augenfälliges Beispiel des ewig Scheiternden: des Versuches, die überragende Gewalt des Werkes eines Menschen zu vermitteln, ihrer Eigenart und Einzigartigkeit deutend beizukommen, ihr Geheimnis zu ergründen.
Dieses Scheitern ist denn auch das gemeinsame Element zwischen meinem und allen anderen Versuchen, Mozart als Gestalt erstehen zu lassen; nur eben; Ich habe es in meine Arbeit einkalkuliert; sie ist nach drei Anläufen das endgültige Resultat meines Wunsches, zu dem Konzert unterschiedlichster Stimmen beizutragen und es zugegeben durch diese eine Stimme zu verändern. Hiernach gebe ich das Thema an die Zunft zurück, dies ist meine letzte Version. Sie macht so wenig Hehl aus der Wiederholung einiger Passagen früherer Fassungen ....

Verlag Volk und Welt, Berlin
ex libris Volk und Welt

1. Auflage 1980
2. Auflage 1981
3. Auflage 1988 / 1. Auflage ex libris

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