Dies sind die Bilder des Zeugen Schattmann: Kinderjahre in einer versinkenden Welt, die Freundschaft zur kleinen Esther, beschauliche und bereichernde Stunden in der Gemäldegalerie des alten Sanitätsrats Marcus; Geschichten um den Studienrat Fucht und den Klassenkameraden Martin Verbenik, der sein Freundeswort bricht, weil der Sekundaner Frank Schattmann plötzlich Frank Israel Schattmann heißen muss, einen gelben Stern trägt, in die Fabrik geht zur Zwangsarbeit ... Bilder vom Leben des assimilierten jüdischen Bürgertums im Berlin der dreißiger Jahre, vom Widerstandskampf deutscher Antifaschisten, danteske Bilder aus Polizeikellern, Gestapozellen, der Aschenfelder von Birkenau. Und dann Eindrücke einer anderen, aufsteigenden Welt: die ergreifende Liebesgeschichte von Frank und Esther Schattmann, die Ballade f-Moll im Chopin-Park von Zelazowa Wola, das Gelöbnis von Auschwitz, die Suche nach dem polnischen Kameraden Wladek, das Wiedersehen mit dem Genossen Namenlos. Bilder schließlich, die den Maler Frank Schattmann mit seinem neuen Berlin, mit unserem neuen Leben verbinden; auch das Porträt der jungen Lehrerin Andrea, das lange nicht fertig wird, da noch immer das Antlitz Esthers davorsteht ... Aus der Erinnerung gegrabene farbengesättigte Impressionen, Zyklen, episch breite Friese, zusammengesetzt zu dem großen und erschütternden Gemälde eines vierzigjährigen Lebens.
Frank Schattmann, als Zeuge vorgeladen im Globe-Prozess, überdenkt seine Aussagen, er prüft sein Leben auf Bewährung und Versagen, hält Umschau unter den wenigen, die gleich ihm überlebt haben, hört Stimmen der Gegner, die dort weitermachen, wo "Bewältigung der Vergangenheit" zu einer maskierenden Vokabel geworden ist.
In einem großangelegten Roman, dessen Rahmenhandlung vier Bücher umschließt, hat Peter Edel Menschenschicksale gezeichnet, die dem Leser im Gedächtnis bleiben, wenn er längst das Buch zugeklappt hat. Die emotionale Wirkung erwächst aus der gestalterischen Intensität, den spannungsvoll miteinander verknüpften Erzählweisen, und sie liegt nicht zuletzt im autobiographisch-dokumentarischen Anteil, den der Autor seinen Personen und Handlungen beigegeben hat. So ist ein Buch entstanden, das Unbekanntes bekannt macht und Bekanntes auf neue Art zeigt, ein Werk von hoher Aktualität: ein Roman über deutsche Vergangenheit und Gegenwart.
Verlag der Nation Berlin
4. Auflage 1972
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