Philipp Otto Runge: Die Begier nach der Möglichkeit neuer Bilder

Philipp Otto Runge (1777-1810) war unter den bildenden Künstlern der Frühromantik einer der bedeutendsten; er war der einzige unter ihnen, der den Anspruch an eine neue Kunst immer wieder in Worte faßte, dessen bildnerisches Werk ständig begleitet war von der Anstrengung, neue Prinzipien und Haltungen zu finden, sie zu behaupten und zu begründen. Nicht zurück in die Idylle oder das Pathos des Klassizismus sollte der Weg führen, sondern vorwärts in Bereiche, die dem Selbstverständnis neue, universale Bezüge zu Natur und Kosmos eröffneten: "Kann ich den fliehenden Mond nicht ebenso festhalten wie eine fliehende Gestalt, die einen Gedanken in mir erweckt, und wird jenes nicht ebenso ein Kunstwerk? Und welcher Künstler, der dieses in sich fühlt, den die Natur, die wir nur noch in uns selbst, in unsrer Liebe und an dem Himmel rein sehen, erweckt, wird nicht nach dem rechten Gegenstande greifen, um diese Empfindung an den Tag zu legen? wie könnte ihm da der Gegenstand mangeln?"

Reclams Universal-Bibliothek Band 762
1. Auflage 1978
Kunstwissenschaften