Buchanfang
Gestern abend gegen halb acht habe ich sie zum erstenmal gesehen. Sie lehnte an einem der Betonpfeiler, die das Dach des größten der drei Lagerhäuser unten am Kai tragen. Sie war lahm.
Jemandem, der nicht solch ein Gebrechen hat, wäre das unmöglich aufgefallen, aber ich kenne diese Stellung zu gut, um mich täuschen zu lassen, ich nehme sie selbst ein, wenn ich am Ende bin und mich ein paar Minuten ausruhen muß. In den ersten Monaten nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus stand ich oft so da. Jetzt kommt das seltener vor, und das ist gut; ich brauche diese kleine Finte nicht mehr, um mich unter anderen Leuten aufrecht zu halten, denn wie ich endlich begriffen habe, kriegen sie ja doch deutlich mit, daß ich beträchtlich hinke, sobald ich mich in Bewegung setze, und daß meine rechte Hand auf eine Weise lädiert ist, die sie untauglich macht, Zärtlichkeiten oder Schläge auszuteilen.
Ich stand völlig still, trotzdem mußte sie etwas gemerkt haben, denn plötzlich wandte sie mir das Gesicht zu, und erst da entdeckte ich, daß die linke Partie anders war als die rechte, gewissermaßen grindig und blauviolett wie von einer gutartigen Hautgeschwulst.
Übersetzt a. d. Norwegischen von Udo Birckholz
Schutzumschlag Dieter Heidenreich
Verlag Volk und Welt Berlin
1. Auflage 1982
2. Auflage 1985
Verlag Volk und Welt, Berlin
1989 | Roman-Zeitung 477
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