30 August 2023

Dietrich Ebener: Kreuzweg Kalkutta


 Dieser große Liebesroman spielt in Indien, zur Zeit des zweiten Weltkrieges. Mit allen Mitteln – Arbeit, Bettelei und Diebstahl – sucht sich die Familie des Schlossers Rathakara aus dem „Kehrichtwinkel“ der Riesenstadt herauszuwinden. Dies wird erst recht zum alles beherrschenden Ziel, als ihr Sohn Satya geboren wird. Er soll es einmal besser haben. Sie erwerben ein Haus und eine Reparaturwerkstatt; aber läßt sich das Glück zwingen, womöglich im Alleingang? Rathakara vergißt die alten Mitstreiter für die Freiheit Indiens, er kämpft um sein bißchen Wohlstand und begeht Verbrechen aus Angst vor Erpressung. Sein Sohn wird ihm gestohlen und beinah des Augenlichts beraubt, um als Bettler abgerichtet zu werden. Der Vater befreit ihn und auch das Mädchen Paschyanti, dem die Blendung schon widerfuhr und die dennoch eine „Sehende“ ist. Die bei allem Realismus zarte, farbige Liebesgeschichte der jungen Menschen läßt uns der Autor tief miterleben.

Buchbeginn

Niemand wußte genau, woher das schräge Dach stammte, das sich an den Erdaufwurf lehnte und acht ausgestreckt liegenden erwachsenen Personen auch vor starkem Regen Schutz gewährte. Die einen hielten es für ein wirkliches ehemaliges Dach, das einst so ausgesehen habe, wie jetzt noch das Dach des winzigen Verkaufshäuschens aussah, dort vorn, wo die Landstraße, vom Flugplatz kommend, in die Midnapur Street einmündete. Andere wieder meinten, es sei die Bohlenlage vom Kasten eines Lastkraftwagens gewesen, den ein angetrunkener weißer Fahrer an der großen Biegung der Landstraße in den Sumpf gejagt habe; die Seele des seinerzeit jämmerlich im Schlamm Erstickten geistere heute noch in bestimmten Nächten um die Unfallstelle und statte nicht selten auch dem verschleppten Teile des Fahrzeugs einen schaudererregenden Besuch ab, bei dem man es stöhnen und gurgeln und fluchen und kläglich wimmern höre. Und dann gab es noch andere, die, wenn von Rathakaras Dach die Rede war, geringschätzig den Mund verzogen und zu berichten wußten, es sei gar nichts Besonderes damit, die Bohlen seien einzeln und von verschiedenen Stellen her mühselig zusammengestohlen und daraufhin mit Seilen und Drähten, mit Eisenstreifen und Wellblechstücken zu dem jetzigen stattlichen Gebilde vereinigt worden.

Über den Autor

Dietrich Ebener, 1920 in Berlin geboren, legte 1938 die Reifeprüfung ab. Erst nach einer Verwundung im Kriege konnte er das Studium der alten Sprachen, der Geschichte und Philosophie beginnen – ein Semester lang. Seit 1946 arbeitete er zunächst in Cottbus, später in Potsdam als Lehrer für Russisch, Geschichte, Griechisch und Latein und legte beide Lehrerprüfungen ab. Zu gleicher Zeit nahm er sein Studium wieder auf und beschloß es mit dem Staatsexamen, promovierte 1953 in Berlin und habilitierte sich 1956 in Halle. Seit 1959 ist er als Professor der Klassischen Philologie an der Universität Greifswald tätig. Er übersetzte die erhaltenen Tragödien des altgriechischen Dramatikers Euripides; in seiner Jugend schrieb er selbst einige Dramen, 1954 den historischen Roman „Landsknecht wider Willen“. Eine Reise nach Indien im Jahre 1959 veranlaßte ihn zu seinem Roman „Kreuzweg Kalkutta“.

VEB Greifenverlag zu Rudolstadt
Illustrationen von Hainz Hamisch

Auflagen

1. Auflage / 1965
2. Auflage / 1985

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