Richard Sorge
An unsere Leser
Die Geschichte hat einen scharfen Blick.
Unter den Namen, die von der Geschichte bewahrt werden, ist auch Richard Sorge. Das ist ein Mann, der durch seinen Edelmut, durch die Größe seiner Heldentaten unsere Bewunderung auslöst.
Was hat Richard Sorge eigentlich vollbracht?
Ab 1929 erfüllte er einen äußerst wichtigen staatlichen Auftrag in China und später in Japan. Er leistete einen großen Beitrag zum Sieg der sowjetischen Streitkräfte im Großen Vaterländischen Krieg.
Nach der Niederlage des militaristischen Japans konnten sich die Amerikaner, die dieses Inselreich besetzt hatten, der Dokumente bemächtigen, die die Tätigkeit der als „Ramsay“ verschlüsselten Gruppe Sorge zum Teil aufdecken. Die Nachrichten über die Arbeit dieser Gruppe lösten im Westen eine Sensation aus, in diesem Zusammenhang erschien ein ganzer Strom van Artikeln und Büchern. Richard Sorge und seine Kameraden wurden in diesen Publikationen, die übrigens von Erdichtungen strotzten, äußerst tendenziös als typische Kundschafter von der Art hingestellt, an die die westliche Literatur und Presse gewohnt sind. Ja, die Geschichte kennt solche Kundschafter wie Lawrence, Mata Hari und Reilly. Sie dienten eifrig der kapitalistischen Welt, ihre Tätigkeit beruhte auf Gewalt, Erpressung, Treubruch, Bestechung, Sabotageakten und anderen schmutzigen Methoden, die die Spionagedienste der imperialistischen Mächte kennzeichnen. Richard Sorge und seinen Genossen waren diese Methoden zutiefst fremd, und sie hatten nichts mit ihrer Tätigkeit gemein. Richard Sorge konnte mit vollem Recht sagen:
„Meine Kundschaftertätigkeit in China und später in Japan hatte einen ganz neuen, originellen und zudem schöpferischen Charakter... Ich habe keinerlei strafbare Handlungen begangen. Ich griff nie zu Drohungen oder zu Gewalt.
Meine Gruppe und ich kamen keineswegs als Feinde Japans in dieses Land. Der Sinn, der im gewöhnlichen Begriff „Spion“ steckt, hat nichts mit uns zu tun. Personen, die zu Spionen solcher Länder wie England oder die Vereinigten Staaten geworden sind, suchen Japans politische, wirtschaftliche oder militärische schwache Stellen und richten ihre Schläge gegen diese Stellen. Als wir Informationen über Japan sammelten, gingen wir keineswegs von solchen Absichten aus... Wir hatten von der Zentrale die Instruktion, durch unsere Tätigkeit die Möglichkeit eines Krieges zwischen Japan und der UdSSR abzuwenden. Und als ich in Japan war und mich der Kundschaftertätigkeit widmete, hielt ich mich von Anfang bis Ende fest an diese Anweisungen.
Natürlich meine ich durchaus nicht, daß die Beziehungen zwischen Japan und der USSR nur dank der Tätigkeit unserer Gruppe lange Jahre friedlich waren, doch bleibt es eine Tatsache, daß diese Tätigkeit dazu beitrug.“
Prolog
Ringsum rauhe Steinmauern. Ganz oben, fast an der Decke, der sehr schmale Fensterschlitz. Das Sonnenlicht dringt widerwillig ein und verdrängt die Dämmerung auch zur Mittagszeit kaum. Doch dieser Schlitz genügt, um die Zelle bis zum Rand mit feuchter, zermürbender Schwüle zu füllen.
Die Luft ist so feucht, daß man sie scheinbar nur in der Faust zusammenzupressen braucht, damit sie zu tropfen beginnt. Die Schwüle und Feuchtigkeit läßt die Kleidung am Körper festkleben, und die Mauern selber scheinen sich mit klebriger Nässe zu bedecken. Gibt es tatsächlich irgendwo kühlen Wind und blendend klaren Himmel?
Aber man kann sich an alles gewöhnen. Auch an dieses Halbdunkel. Und an diese erbarmungslose Hitze Tag und Nacht. Und an die grimmige Kälte in der Zelle, wenn der Winter anbricht. Er ist es schon gewohnt. Ach, wenn es nur Hitze und Kälte wären! Er hat alles durchstanden, was ein Mensch durchstehen und nicht durchstehen kann. Er hat es vermocht. Und jetzt blicken selbst die schlimmsten Feinde mit Befremden und Furcht auf ihn, denn sie können nicht begreifen, aus welchem Born dieser Ausländer seine Standhaftigkeit und Würde schöpft. Vor Gericht zählte der Hauptankläger Yoshikawa zwei Stunden lang seine „ungeheuerlichen Verbrechen gegen das Reich“ auf, doch konnte er nicht sagen, weshalb er sie beging, denn weder Ruhmsucht und Ehrgeiz noch Geld waren der Beweggrund. Was für Güter gibt es noch im Leben? Auch der Offizialverteidiger Asanuma, der leidenschaftslos für ihn sprach, hatte das nicht begriffen.
Inhalt
An unsere Leser
Prolog
KAMPFGEFÄHRTEN
Die Entscheidung. – Das Gespräch bei Bersin. – Die Stadt mit den drei Gesichtern. – Ein ausländischer Korrespondent. – Der Matrose von Tanker „Neptun“. – Der Auftrag. – Glieder einer Kette. – Die Explosion. Ljuba. – Der Verbindungsmann aus der Zentrale.
PARADOX DES KOMMISSARS BERSIN
Der Alte. – „R. S.“ – „Ramsay“ – Katja – Die Prüfung. – Bewährungsprobe eines Kundschafters. – Freunde und Feinde.
CHRYSANTHEMEN UND DSAIBATSU
In den Labyrinthen der „östlichen Hauptstadt“. – Begegnung mit einem Freund. – Gespräch mit dem Botschafter. –Sorge setzt auf den „grauen Oberstleutnant“. – Der Schlüssel zum Erfolg. – Kempeitai und Tokko. – Singender Fußboden. – Das Haus in der Nagasaka-cho-Straße. – Die Rückkehr.
KUNDSCHAFTER AM WERK
Putsch der „jungen Offiziere“. –Einzugsfeier am Moskwaufer. – Eine Verschwörung mit dem Ziel: Aggression. – „No pasaran!“ – Die Achse Berlin -Tokio. – Empfang in der deutschen Botschaft. – Kempeitai sucht die Spur. – Eine Panne. – Die Kraftprobe. – Das Rätsel von Chalchyn-gul.
KAMPF AM ABGRUND
Europa ohne Dächer. – Der Plan „Barbarossa“. – Berliner treffen sich zu einem Abend. – Ein Kurier nach Hongkong. – Stunden der Geschichte.
DIE LETZTE MELDUNG
Schwarze Tage. – Fähnchen auf der Landkarte. – Fünf Fotos. – Der Geburtstag.
DER SCHRITT IN DIE UNSTERBLICHKEIT
„Wir haben alles getan, was wir konnten...“ Verwirrung – Tag für Tag, Monat für Monat... – „Gleich strahlenden Sternen“ – 7. November 1944.
EPILOG
Nach Jahren. – Ihr Andenken ist uns teuer.
Über die Verfasser dieses Buches.
Originaltitel: ГОЛОС РАМЗАЯ
Verlag Progress Moskau
1. Auflage 1980 (Deutsche Übersetzung)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Wichtiger Hinweis
Seit dem 25. Mai 2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Mit der Abgabe eines Kommentars erklärt Ihr euch einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.
Beim Absenden eines Kommentars für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärt ihr euch ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.